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Die meroitische Sprache ist die Sprache des meroitischen Staates, der zwischen 1000 v. Chr. und 750 v. Chr. in Nubien gegründet wurde und den altägyptischen Namen für Nubien, Kusch, übernahm. Erst einige Jahrhunderte nach der Gründung des Staates ist die meroitische Sprache schriftlich belegt, da die früheren Inschriften (ab ca. 800 v. Chr.) alle in ägyptischen Hieroglyphen und ägyptischer Sprache verfasst worden sind. Meroitische Namen, Wörter und Phrasen sind aber schon seit dem Neuen Reich belegt.[1]

Meroitisch
Zeitraum bis 400 n. Chr.

Ehemals gesprochen in

Kusch
Linguistische
Klassifikation

Nilosaharanisch? Afroasiatisch?

  • Meroitische Sprache
Sprachcodes
ISO 639-1

ISO 639-2

ISO 639-3

xmr

Stele mit meroitischer Inschrift von der Insel Sai (REM 1273)
Stele mit meroitischer Inschrift von der Insel Sai (REM 1273)

Der Regierungssitz des kuschitischen Reiches lag ursprünglich in der Stadt Napata beim heutigen Karima. Um 300 v. Chr. wurde jedoch die Hauptstadt nach Meroe nördlich von Khartum verlegt. In dieser Zeit wurde die kulturelle Anlehnung an Ägypten mehr und mehr aufgegeben, was sich auch in der Entwicklung einer eigenen Schrift und dem Gebrauch der meroitischen Sprache in offiziellen Texten äußerte.

Die meroitische Sprache ist bisher noch nicht verständlich. Bisher ist es nur möglich, kurze formelhafte Texte des Opferformulars zu übersetzen. Es gibt einige Lehnwörter aus dem Ägyptischen. Oft wird vermutet, dass das Meroitische zum Nilosaharanischen gehört. Claude Rilly[1] nennt für 39 meroitische Wörter nilosaharanische Entsprechungen und zeigte, dass es besonders deutliche Beziehungen in Lexikon und Morphologie zum nördlichen Ostsudanischen gibt; damit steht das Meroitische wohl nahe bei den nubischen Sprachen.

Spätestens um 300 n. Chr. brach das Reich von Kusch zusammen, entweder aufgrund einer Umweltkatastrophe oder einer militärischen Niederlage gegen das Aksumitische Reich. Die Schrift und Sprache waren noch eine kurze Zeit in Gebrauch, wurden dann aber von anderen Sprachen zumindest im Schriftverkehr abgelöst. Die letzte meroitische Inschrift stammt von dem Lokalkönig Charamadoye, der kurz nach 400 n. Chr. regierte.


Wörterbuch der meroitischen Sprache


Bis zum Jahr 2000 kannte die Wissenschaft etwa 1.000 meroitische Texte, fast ausschließlich Grabinschriften mit begrenztem Wortschatz. Bei Grabungen im Rahmen der UNESCO-Kampagne zur Rettung der nubischen Altertümer (1960–1980) wurden umfangreiche Textsammlungen geborgen: etwa 700 allein in Qasr Ibrim, weitere am Berg Gebel Adda und in Batn el-Hajar. Dadurch erhöhte sich der Anteil nicht-funerärer Texte auf etwa 75 % und erweiterte den Wortbestand des Meroitischen enorm. Es ist unwahrscheinlich, dass zusätzliche Texte in größerem Umfang hinzukommen werden, weil das Siedlungsgebiet der Meroiten durch das Aufstauen des Nils weitgehend überschwemmt ist. Auf der Grundlage dieser Quellen erarbeitete Jochen Hallof am Institut für Altertumswissenschaften der Universität Würzburg das siebenbändige Analytische Wörterbuch des Meroitischen.[2][3] Damit liegt erstmals ein umfassendes Verzeichnis des Wort- und Lexembestandes vor. Es basiert auf der Analyse von 2.370 publizierten und unpublizierten Inschriften mit insgesamt 23.900 Wörtern, die 9.300 Lexemen zugeordnet werden können.[4] Das Wörterbuch wird zweisprachig (deutsch und englisch) publiziert und ist etwa 1.800 Seiten stark. Ein Gutachter des durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft geförderten Projekts sprach von einem Quantensprung in der Meroitistik, der durch dieses Wörterbuch erfolgen wird.[3]


Beispiele bekannter meroitischer Wörter


[5]

Meroitisch Umschrift Deutsch Kommentar
𐦠𐦦𐦡𐦱 abese Gazelle
𐦠𐦦𐦣𐦫𐦡 abore Elephant
𐦠𐦦𐦫 abr Mann
𐦠𐦨𐦩𐦢 Amni Amun
𐦠𐦴 at Brot
𐦠𐦶 ato Wasser
𐦲𐦷𐦢 kdi Frau
𐦲𐦷𐦲𐦡 kdke Kandake/Königin
𐦨𐦡𐦷𐦡𐦥𐦢 Medewi Meroe
𐦨𐦲 mk Gott, Göttin
𐦨𐦬𐦣 mlo gut
𐦪𐦵 nete Vater[6]
𐦩𐦧𐦵 Npte Napata
𐦧𐦡𐦬𐦨𐦣𐦯 pelmos General; Gouverneur Lehnwort aus dem Ägyptischen (mr-mšˁ)
𐦧𐦡𐦱𐦶 peseto Gouverneur Lehnwort aus dem Ägyptischen (z3-nswt)
𐦳𐦡𐦯 Qes Kusch bezeichnet die Region Nubien
𐦳𐦣𐦫𐦡 qore König
𐦴𐦷𐦭𐦡 tadaḫe Mutter[6]
𐦥𐦬𐦡 wle Hund

Unsichere Vokabeln


Meroitisch Umschrift Deutsch Kommentar
𐦠𐦷𐦦 adb Land, Provinz

Textbeispiel


Opferstele aus Karanog[7] Meroitisch 𐦥𐦣𐦯𐦢 𐦯𐦣𐦫𐦡𐦤𐦢: 𐦤𐦢𐦷𐦣𐦴𐦦𐦡𐦬𐦢𐦬𐦡𐦳𐦣𐦥𐦢: 𐦦𐦡𐦬𐦣𐦬𐦣𐦲𐦡: 𐦠𐦨𐦩𐦢𐦶𐦥𐦢: 𐦭𐦨𐦬𐦣𐦬: 𐦮𐦣𐦬𐦲𐦡𐦵
Umschrift woši šoreyi: Yidotbelileqowi: beloloke: Amnitowi: ḫmlol: ẖolkete
Übersetzung O Isis, o Osiris! Dies ist Yidotbelile. Er war Beloloke (e. Titel) des Amun. Gebt ihm ḫmlol![8]

Siehe auch



Literatur



Einzelnachweise


  1. Claude Rilly: Le méroïtique et sa famille linguistique. Louvain 2010.
  2. Jochen Hallof: Analytisches Wörterbuch des Meroitischen / Analytic Meroitic Dictionary. J. H. Röll, Dettelbach 2022, ISBN 978-3-89754-513-7.
  3. Pressemitteilung der Universität Würzburg. 26. April 2022, abgerufen am 27. April 2022.
  4. Prduktbeschreibung des Verlags. Abgerufen am 27. April 2022.
  5. Claude Rilly, Alex de Voogt: The Meroitic language and writing system (2012), Glossary S. 183–186; Kirsty Rowan: Meroitic – a phonological investigation (2006), mit originalschriftlichen Beispielen.
  6. Carsten Peust: Das meroitische Wort für „Vater“. In: Göttinger Miszellen 174 (2000), S. 87–92.
  7. Francis Llewellyn Griffith: Karanòg: the Meroitic inscriptions of Shablûl and Karanòg. Philadelphia 1911, Pl. 10 (REM 0246).
  8. Inge Hofmann: Meroitisch. In: Bernd Heine, Thilo C. Schadeberg, Ekkehard Wolff (Hrsg.): Die Sprachen Afrikas. Buske, Hamburg 1981, ISBN 3-87118-496-9, S. 302.

На других языках


- [de] Meroitische Sprache

[en] Meroitic language

The Meroitic language (/mɛroʊˈɪtɪk/) was spoken in Meroë (in present-day Sudan) during the Meroitic period (attested from 300 BCE) and became extinct about 400 CE. It was written in two forms of the Meroitic alphabet: Meroitic Cursive, which was written with a stylus and was used for general record-keeping; and Meroitic Hieroglyphic, which was carved in stone or used for royal or religious documents. It is poorly understood, owing to the scarcity of bilingual texts.

[es] Idioma meroítico

El idioma meroítico se hablaba en Meroe durante el periodo meroítico del Reino de Kush (sobre 300 a. C.-400), y ahora es una lengua muerta. Se escribía en el alfabeto meroítico. No se entiende muy bien aún debido a la escasez de textos bilingües; las pocas palabras cuyos significados se han confirmado son inadecuadas para determinar su afiliación genética; algunos lingüistas han sugerido que puede ser una lengua afroasiática o nilo-sahariana, mientras que otros la consideran una lengua aislada. Se escribía en dos tipos de escritura, la demótica (escrita con una aguja y empleada para el mantenimiento de registros, y la hieroglífica, que se empleaba en documentos religiosos y reales).

[fr] Méroïtique

Le méroïtique est une langue qui fut parlée dans le royaume de Koush — dans le nord de l'actuel Soudan — depuis la fin du IIIe siècle avant notre ère jusqu'au Ve siècle ; elle fut également écrite à partir du IIe siècle avant notre ère. Ce fut la langue des pharaons koushites de la XXVe dynastie. L'alphabet méroïtique possède deux écritures distinctes : l'une en hiéroglyphes égyptiens, l'autre cursive. Bien que les signes aient été déchiffrés en 1911, la langue reste en grande partie incompréhensible. Depuis le XIXe siècle, plusieurs milliers de textes méroïtiques ont été découverts sur des sites de Nubie égyptienne et du Nord-Soudan.

[ru] Мероитский язык

Мерои́тский язы́к — исчезнувший язык древнего государства Мероэ, распространённый в долине Нила между Асуаном и Хартумом на территории современного Египта и Судана в VIII в. до н. э. — IV в. н. э. Для его записи существовало особое мероитское письмо (алфавит из 23 знаков), созданное по образцу египетских односогласных знаков из древнеегипетских иероглифов.



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