Die meroitische Sprache ist die Sprache des meroitischen Staates, der zwischen 1000 v. Chr. und 750 v. Chr. in Nubien gegründet wurde und den altägyptischen Namen für Nubien, Kusch, übernahm. Erst einige Jahrhunderte nach der Gründung des Staates ist die meroitische Sprache schriftlich belegt, da die früheren Inschriften (ab ca. 800 v. Chr.) alle in ägyptischen Hieroglyphen und ägyptischer Sprache verfasst worden sind. Meroitische Namen, Wörter und Phrasen sind aber schon seit dem Neuen Reich belegt.[1]
Der Regierungssitz des kuschitischen Reiches lag ursprünglich in der Stadt Napata beim heutigen Karima. Um 300 v. Chr. wurde jedoch die Hauptstadt nach Meroe nördlich von Khartum verlegt. In dieser Zeit wurde die kulturelle Anlehnung an Ägypten mehr und mehr aufgegeben, was sich auch in der Entwicklung einer eigenen Schrift und dem Gebrauch der meroitischen Sprache in offiziellen Texten äußerte.
Die meroitische Sprache ist bisher noch nicht verständlich. Bisher ist es nur möglich, kurze formelhafte Texte des Opferformulars zu übersetzen. Es gibt einige Lehnwörter aus dem Ägyptischen. Oft wird vermutet, dass das Meroitische zum Nilosaharanischen gehört. Claude Rilly[1] nennt für 39 meroitische Wörter nilosaharanische Entsprechungen und zeigte, dass es besonders deutliche Beziehungen in Lexikon und Morphologie zum nördlichen Ostsudanischen gibt; damit steht das Meroitische wohl nahe bei den nubischen Sprachen.
Spätestens um 300 n. Chr. brach das Reich von Kusch zusammen, entweder aufgrund einer Umweltkatastrophe oder einer militärischen Niederlage gegen das Aksumitische Reich. Die Schrift und Sprache waren noch eine kurze Zeit in Gebrauch, wurden dann aber von anderen Sprachen zumindest im Schriftverkehr abgelöst. Die letzte meroitische Inschrift stammt von dem Lokalkönig Charamadoye, der kurz nach 400 n. Chr. regierte.
Wörterbuch der meroitischen Sprache
Bis zum Jahr 2000 kannte die Wissenschaft etwa 1.000 meroitische Texte, fast ausschließlich Grabinschriften mit begrenztem Wortschatz. Bei Grabungen im Rahmen der UNESCO-Kampagne zur Rettung der nubischen Altertümer (1960–1980) wurden umfangreiche Textsammlungen geborgen: etwa 700 allein in Qasr Ibrim, weitere am Berg Gebel Adda und in Batn el-Hajar. Dadurch erhöhte sich der Anteil nicht-funerärer Texte auf etwa 75% und erweiterte den Wortbestand des Meroitischen enorm. Es ist unwahrscheinlich, dass zusätzliche Texte in größerem Umfang hinzukommen werden, weil das Siedlungsgebiet der Meroiten durch das Aufstauen des Nils weitgehend überschwemmt ist.
Auf der Grundlage dieser Quellen erarbeitete Jochen Hallof am Institut für Altertumswissenschaften der Universität Würzburg das siebenbändige Analytische Wörterbuch des Meroitischen.[2][3] Damit liegt erstmals ein umfassendes Verzeichnis des Wort- und Lexembestandes vor. Es basiert auf der Analyse von 2.370 publizierten und unpublizierten Inschriften mit insgesamt 23.900 Wörtern, die 9.300 Lexemen zugeordnet werden können.[4]
Das Wörterbuch wird zweisprachig (deutsch und englisch) publiziert und ist etwa 1.800 Seiten stark. Ein Gutachter des durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft geförderten Projekts sprach von einem Quantensprung in der Meroitistik, der durch dieses Wörterbuch erfolgen wird.[3]
O Isis, o Osiris! Dies ist Yidotbelile. Er war Beloloke (e. Titel) des Amun. Gebt ihm ḫmlol![8]
Siehe auch
Meroitische Schrift
Reich von Kusch
Literatur
Francis Breyer: Einführung in die Meroitistik (= Einführungen und Quellentexte zur Ägyptologie. Band 8). LIT, Berlin 2014, ISBN 978-3-643-12805-8.
Claude Rilly: Les inscriptions d’offrandes funéraires: une première clé vers la comprehension du méroïtique. In: Revue d’Egyptologie. Nr. 54, 2003, S. 167–175.
Claude Rilly:La langue du royaume de Méroé. Un panorama de la plus ancienne culture écrite d’Afrique subsaharienne. Champion, Paris 2007, ISBN 978-2-7453-1582-3.
Claude Rilly:Le méroïtique et sa famille linguistique. Peeters, Louvain 2010, ISBN 978-90-429-2237-2.
Claude Rilly, Alex de Voogt:The Meroitic language and writing system. A linguistic and philological introduction. Cambridge University Press, Cambridge 2012, ISBN 978-1-107-00866-3.
Claude Rilly: Meroitic (2016). In: UCLA Encyclopedia of Egyptology.
Jean Leclant:Répertoire d’épigraphie méroîtique: corpus des inscriptions publiées. de Boccard, Paris 2000, ISBN 2-87754-113-4.
Derek A. Welsby: The Kingdom of Kush. British Museum Press, London 1996, ISBN 0-7141-0986-X, S. 189–195.
Fritz Hintze:Beiträge zur meroitischen Grammatik. Akademie-Verlag, Berlin 1979.
Inge Hofmann:Material für eine meroitische Grammatik. Afro-Pub / Institut für Afrikanistik, Wien 1981.
Karl-Heinz Priese: Das meroitische Sprachmaterial in den ägyptischen Inschriften des Reiches von Kusch. Berlin 1965 [maschinenschriftliche Dissertationsschrift].
Karl-Heinz Priese: Studien zur Topographie des „äthiopischen“ Niltales im Altertum und zur meroitischen Sprache. Berlin 1971 [maschinenschriftliche Habilitationsschrift (Dissertation B)].
Einzelnachweise
Claude Rilly: Le méroïtique et sa famille linguistique. Louvain 2010.
Jochen Hallof:Analytisches Wörterbuch des Meroitischen / Analytic Meroitic Dictionary. J. H. Röll, Dettelbach 2022, ISBN 978-3-89754-513-7.
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