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Ahmad von Denffer (* 10. Mai 1949 in Mönchengladbach) ist ein deutscher Publizist, Übersetzer und muslimischer Religionsfunktionär. Er stammt aus einer deutsch-baltischen Familie.

Ahmad von Denffer (2009)
Ahmad von Denffer (2009)

Leben


Von 1972 bis 1978 studierte er Islamwissenschaft und Völkerkunde an der Universität Mainz. Von 1978 bis 1984 war er wissenschaftlicher Mitarbeiter der Islamic Foundation in Leicester (England), die der islamistischen pakistanischen Jamaat-e-Islami und den Lehren von Maududi nahesteht. Sie wurde von Khurram Murad geleitet, mit dem von Denffer später gemeinsame Bücher verfasste. 1984 wurde er Referent für deutschsprachige Angelegenheiten des Islamischen Zentrums München, dessen Leiter damals Mahdi Akef war, ein späterer oberster Führer der Muslimbruderschaft.[1] Von Denffer ist Herausgeber der Zeitschrift „Al-Islam“.

1984 wurde er Gründungsmitglied der „International Islamic Charitable Foundation“ in Kuwait.[2] 1986 bis 1988 und von 1993 bis 2011 war er Vorsitzender von „muslime helfen e.V.“, seit 1995 Treuhänder von „Muslim Aid International“ in London. Von Denffer veröffentlichte 1989 eine Übersetzung von Al-Qaradawis Buch „Erlaubtes und Verbotenes im Islam“[3] und 1996 eine deutschsprachige Koranübersetzung[4] sowie zahlreiche weitere Bücher. Am 4. Juni 2005 wurde er in den Schura-Rat des Islamischen Zentrums München gewählt.


Kritik


Von Denffer sieht Differenzen zwischen islamischem Recht und der jeweiligen weltlich-lokalen Rechtsordnung und versucht nach Möglichkeit, die deutsche Rechtsordnung in eine islamgemäße umzuwandeln. So kritisierte er den Zentralrat der Muslime in Deutschland (ZMD), in dem er selbst das Islamische Zentrum München vertritt, für die 2002 veröffentlichte „Islamische Charta“ wegen ihres „eindeutigen Opportunismus“. Davon, dass Muslime in der Diaspora grundsätzlich verpflichtet seien, sich an die lokale Rechtsordnung zu halten, könne „keine Rede sein“:

„Natürlich anerkennt jeder Mensch, der in Deutschland lebt, die Tatsache als Realität an, dass er hier in einer säkularen Demokratie lebt. Aber das bedeutet doch nicht, wie der ZMD es hier behauptet, dass damit diese Tatsache und Realität als begrüßenswert oder gar erstrebenswert anerkannt wird. Im Gegenteil ist diese Einsicht für die Muslime ein Ansporn, sich nach besten Kräften dafür einzusetzen, diese Gesellschaft in eine islamgemäße umzuwandeln.“[5]

Ebenso stellte er in einem Beitrag für die Islamische Gemeinschaft in Deutschland zur Frage der Vereinbarkeit des deutschen Rechts mit der Scharia „auf verschiedenen Gebieten eine Unvereinbarkeit“ fest, „die kaum aufzulösen“ sei, vor allem im „Bereich Rolle der Frau“.[6]

Von Denffer meint, er könne sich eine islamische Parallelgesellschaft – die er jedoch lieber als Subkultur bezeichnen wolle – sehr gut vorstellen und führt als praktisches Beispiel und Orientierung Kanada an, wo es Initiativen für die Einführung des islamischen Ehe- und Scheidungsrechts per Mediationsverfahren gab. „Wenn die Mehrheit der Menschen in dieser Gesellschaft sich dazu [lies: zur Scharia] entschließen, dann sollte man das akzeptieren und ihnen die Möglichkeit geben, ihre Gesellschaft entsprechend [den Grundsätzen des islamischen Rechts] zu gestalten“.[7]

Von Denffer hält die Freiheit der Religionsausübung in den islamischen Ländern, im Gegensatz zu Deutschland, für uneingeschränkt.[8] Auf al-Qaradawis Charakterisierung palästinensischer „Märtyrer-Operationen“ als „eine der höchst lobenswerten Formen des Gottesdienstes“ kommentierte er, „dass sich jeder Mensch diesbezüglich seine eigene Meinung bilden müsse“.[9]

Durch solche Auffassungen ist von Denffer den süddeutschen Verfassungsschutzbehörden kritisch aufgefallen. Die Trennung von Staat und Religion, die Religionsfreiheit und der Gleichheitsgrundsatz werde von ihm in Frage gestellt. Von Denffer werden außerdem seine Kontakte zu Unterorganisationen der Muslimbrüderschaft zur Last gelegt.[10]


Werke





Einzelnachweise


  1. Ian Johnson: The Beachhead: How a Mosque for Ex-Nazis Became Center of Radical Islam. In: The Wall Street Journal, 12. Juli 2005.
  2. Webseite der „International Islamic Charitable Foundation“ in Kuwait (Memento vom 6. August 2004 im Internet Archive)
  3. Yūsuf al-Qaraḍāwī: Erlaubtes und Verbotenes im Islam. SKD-Bavaria-Verl., München 1989, ISBN 3-926575-12-3 (arabisch: Al-halal wa-l-haram fi-l-islam. Übersetzt von Ahmad von Denffer). englische Version: The Lawful and Prohibited in Islam (Memento vom 13. November 2011 im Internet Archive)
  4. Ahmad von Denffer (Übersetzer): Der Koran. 5. Auflage. Islamisches Zentrum, München 1998, ISBN 3-89263-786-5.
  5. Ahmad von Denffer: Kritische Anmerkungen zur „Islamischen Charta“. In: Al-Islam Nr. 2/2002.
  6. Ahmad von Denffer: Verbietet das deutsche Recht das Leben der Muslime nach der Scharia? (Memento vom 17. Dezember 2003 im Internet Archive) Artikel für die IGD.
  7. Platz für das islamische Recht (PDF; 57 kB), Interview des Magazins Die Gazette Nummer 2, Juni 2004 mit A. von Denffer
  8. Religionsfreiheit aus islamischer Sicht.
  9. A. v. Denffer in Al-Islam 1/2003
  10. Verfassungsschutz Baden-Württemberg: Informationsveranstaltung der „Muslimischen Hochschulgruppe“ Mannheim (Memento vom 14. Juni 2007 im Internet Archive)
Personendaten
NAME Denffer, Ahmad von
KURZBESCHREIBUNG deutscher Islamwissenschaftler
GEBURTSDATUM 10. Mai 1949
GEBURTSORT Mönchengladbach



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