Alfred Neumann (* 15. Oktober 1895 in Lautenburg (heute Lidzbark); † 3. Oktober 1952 in Lugano) war ein deutscher Autor historischer und zeitgeschichtlicher Romane.
Gedenktafel für die deutschen und österreichischen Flüchtlinge in Sanary-sur-Mer, unter ihnen Alfred NeumannDer Teufel. Auch im Exil-Verlag Allert de Lange in Amsterdam erschien eine Auflage (1935)
Leben
Alfred Neumann war Sohn eines jüdischen Holzindustriellen und verbrachte seine Jugend in Berlin, Rostock und der französischsprachigen Schweiz.
Ab 1913 studierte er Kunstgeschichte und promovierte nach dem Ersten Weltkrieg. In München wirkte er zunächst als Verlagslektor, von 1918 bis 1920 als Dramaturg der Kammerspiele und freier Schriftsteller.
Alfred Neumann wurde nach der Machtergreifung wegen seiner jüdischen Abstammung auf die Liste verbotener Autoren während der Zeit des Nationalsozialismus gesetzt. Neumann emigrierte 1933, lebte bis 1938 in Fiesole bei Florenz, dann in Nizza und ab 1941 in Los Angeles, wo er US-Staatsbürger wurde. 1949 kehrte er nach Europa zurück und ließ sich in Florenz nieder. Er starb 1952 im Alter von 56 Jahren in Lugano. Neumanns künstlerischen Nachlass überantwortete seine Witwe Katharina Neumann der Stadt München.
Bis zu seinem Lebensende pflegte er eine Freundschaft mit dem Schweizer Schriftsteller Gottlieb Heinrich Heer.
Künstlerisches Schaffen
Seine stark dialogisierten Romane sind aus dem Konflikt zwischen tragischem Weltgefühl und optimistischem Lebensgefühl hervorgegangen.
Die frühe Novelle Lehrer Taussig ist noch dem Expressionismus verpflichtet, aber bald reizte es ihn, stilistisch die bildliche Raumempfindung des Barock ins Sprachkünstlerische umzusetzen. Das historische Thema, dem er sich vorwiegend zuwandte, war ihm stets nur Anlass, die Tiefen der menschlichen Seele auszuloten.
Der Schelmenroman Narrenspiegel handelt von dem abenteuerlichen Leben des ewig bankrotten Liegnitzer Herzogs Heinrich, der einmal im Hugenottenheer kommandierte und fast König von Polen geworden wäre.
Spieler und Gegenspieler in seinen Romanen des Risorgimento, Rebellen und Guerra, sind typisch in ihrem Benehmen, wenn sie wie Schachspieler ihre nächsten politischen Züge ohne Gehässigkeit planen.
Die vor dem geschichtlichen Hintergrund der Ermordung des Zaren PaulI. spielende Erzählung Der Patriot wurde erfolgreich mit Emil Jannings verfilmt (Der Patriot, 1928).
Während seiner Zeit in Kalifornien schrieb er den Roman Der Pakt über den amerikanischen Oberst William Walker, der im 19. Jahrhundert zum Präsidenten Nicaraguas gewählt wurde und den Staat dann in eine Diktatur umwandelte.
Auszeichnungen und Ehrungen
1926 Kleist-Preis (gemeinsam mit Alexander Lernet-Holenia) für Der Teufel
Werke
Gesammelte Werke. 2 Bde., Neuer Verlag Stockholm 1945
Romane
Der Teufel, 1926 Roman um Ludwig XI. und Olivier le Daim
Der Held, 1930 Roman um einen politischen Mord (an Walther Rathenau)
Narrenspiegel 1932 Roman um den abenteuerlichen Liegnitzer Herzog Heinrich
Romantrilogie um Napoléon III., 1952 unter dem Titel Das Kind von Paris:
Neuer Cäsar 1934
Kaiserreich 1936
Die Volksfreunde 1940
Gitterwerk des Lebens 1943, Teilabdruck von Der Pakt[1]
Es waren ihrer sechs, Stockholm: Neuer Verl., 1944, Berlin: Verlag Das Kulturelle Gedächtnis, 2018, ISBN 978-3-946990-17-8, Roman um den Widerstand der Geschwister Scholl[2]
Die Brüder 1924
Die Goldquelle 1938, Neuaufl. 1948, 1957
Der Pakt 1949, Roman um den amerikanischen Abenteurer William Walker[3]
Erzählungen
Lehrer Taussig, 1924
König Haber, 1926, zum Drama Haus Danieli umgestaltet
Der Patriot 1925
Der Konnetabel, 1927
Marthe Munk, in Neue Deutsche Erzähler, Schlüter & Co., 1928, (1933)
Kleine Helden, Erzählungen, 1934
Dramen
Der Patriot, 1926, Drama in 5 Akten
Die Königsmaske, 1928, um LudwigXVII.,
Frauenschuh, 1929, um Lola Montez
Haus Danieli, 1930, eigene Dramatisierung der Novelle König Haber von 1926
Abel, 1948
Gedichte
Sais, Ein Rätselbuch, 1934
Tunkal, Neue Rätsel-Dichtungen, 1935
Delphi, Neue Rätsel-Dichtungen, 1936
Rhodus, Neue Rätsel-Dichtungen, 1937
Weitere Werke
Die Lieder vom Lächeln und der Not, Gedichte, 1918
Die Heiligen, Legende, 1919
Alt- und neufranzösische Lyrik in Nachdichtungen, 1922
Tagebücher. 15. Oktober 1939 - 15. Februar 1940. In: Katalog: Exil am Mittelmeer, 2005
Flucht aus Frankreich. Aus einem Tagebuch. 10. Januar 1941. In: Egon Schwarz, Matthias Wegner (Hrsg.): Verbannung. Aufzeichnungen deutscher Schriftsteller im Exil. Wegner, Hamburg 1964, S.96f.
Herausgebertätigkeit, Übersetzer, Bearbeiter
Alfred de Musset: Werke. Müller, München 1925 (5 Bde.; Übersetzung).
Alphonse de Lamartine: Girondisten und Jakobiner. Recht-Verlag, München 1923 (Übersetzung)
Aus fremden Landen. Nachdichtungen französischer, englischer und italienischer Lyrik. Saturn-Verlag, Wien 1924 (Bearbeitung).
Armand Godoy: Hosianna zum Sistrum. Musik in Versen. Saturn-Verlag, Wien 1937 (Übersetzung und Bearbeitung).
Armand Godoy: Marcel. Dramatisches Gedicht. Saturn-Verlag, Wien 1936 (Übersetzung und Bearbeitung).
Armand Godoy: Rom. Saturn-Verlag, Wien 1937 (Übersetzung und Bearbeitung).
Lew Nikolajewitsch Tolstoi: Krieg und Frieden. Nach dem Roman für die Bühne nacherzählt und bearbeitet. Reinbek, Hamburg 1955 (zusammen mit Erwin Piscator und Guntram Prüfer).
Filmografie
Vorlage
1928: Der Patriot (The Patriot); Regie: Ernst Lubitsch
1938: Le Patriote
1938: Rasputin (La tragédie impériale)
1944: None Shall Escape – Oscar-Nominierung für Drehbuch
1943: Konflikt (Conflict); mit Humphrey Bogart
1972: Der Held (TV)
Drehbuch
1946: Flucht von der Teufelsinsel (The Return of Monte Christo) (Co-Autor)
1947: Matto regiert (Co-Autor)
1951: K – Das Haus des Schweigens / Jahre des Schweigens (Co-Autor, Verfilmung von Viele heißen Kain)
Literatur
Renate Heuer:Neumann, Alfred. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band19, Duncker & Humblot, Berlin 1999, ISBN 3-428-00200-8, S.137f.(Digitalisat).
Franz Lennartz: Deutsche Schriftsteller des 20. Jahrhunderts im Spiegel der Kritik. Band 2: Habe – Novak. Alfred Kröner Verlag, Stuttgart 1984, ISBN 3-520-82101-X, Seite 1278–1281.
Herbert Wiesner: Lexikon der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur. Nymphenburger Verlagshandlung, München 1987, ISBN 3-485-03544-0 (basiert auf Hermann Kunisch’ „Handbuch der deutschen Gegenwartsliteratur“).
Robert Volz: Reichshandbuch der deutschen Gesellschaft. Das Handbuch der Persönlichkeiten in Wort und Bild. Band 2: L–Z. Deutscher Wirtschaftsverlag, Berlin 1931, DNB 453960294.
Rezension: Ferdinand Kahn: Alfred Neumann liest. In Jewish Club of 1933. In: Aufbau, 10. Jahrgang, Nummer 19, 9. Mai 1947, S. 24, archive.org.
Interview: Walter H. Perl: Gespräch mit Alfred Neumann. In: Aufbau, 12. Jahrgang, Nummer 33, 16. August 1946, S. 20–21; archive.org – Rezension: Ferdinand Kahn: Alfred Neumann liest. In Jewish Club of 1933. In: Aufbau, 13. Jahrgang, Nummer 19, 9. Mai 1947, S. 24; archive.org.
Siehe auch: William Walker: Der Pakt. Teilabdruck von 1943: Gitterwerk des Lebens, siehe oben.
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