Anne Weber (* 13. November 1964 in Offenbach am Main) ist eine deutsche Autorin und literarische Übersetzerin.
Leben
Anne Weber besuchte das Wolfgang-Ernst-Gymnasium in Büdingen und bestand dort 1983 das Abitur. Sie ist Tochter des Pädagogen Adalbert Rang[1] und von Charlotte Weber. Seit 1983 lebt sie in Paris. Dort studierte sie französische Literatur und Komparatistik an der Sorbonne. Von 1989 bis 1996 arbeitete sie in verschiedenen französischen Verlagen. Daneben übersetzte sie Texte deutscher Gegenwartsautoren und Sachbücher ins Französische. Ihre eigenen, seit 1998 veröffentlichten Werke, verfasste sie anfangs in französischer Sprache und übersetzte sie später ins Deutsche. Inzwischen schreibt Anne Weber ihre Texte wieder zuerst in deutscher Sprache, um sie danach auch ins Französische zu übertragen.
Bei Anne Weber könne man sicher sein, „dass sie mit jedem neuen Buch ein neues literarisches Experiment wagt“, urteilte Ijoma Mangold.[2] Mit ihrem Roman Tal der Herrlichkeiten (2012) sei ihr „das Experiment gelungen, das Jenseits erzählbar zu machen, ohne eine religiöse Verpflichtung einzugehen“.[3]
Ihr autobiografischer Lang-Essay Ahnen. Ein Zeitreisetagebuch, der Anfang 2015 zeitgleich in Frankreich und Deutschland erschien, ist eine Auseinandersetzung mit ihrem Urgroßvater Florens Christian Rang (1864–1924). Alexander Cammann schrieb zu diesem Buch: „Dass diese weitverzweigte Suche nach Herkunft gelingt, liegt an der Erzählerin Anne Weber. […] Tatsächlich folgen wir ihren Positionswechseln gebannt, ebenso ihrer Arbeit mit und an den Worten. Es ist große Kunst, wie Anne Weber es vermag, aus der Geschichte einer intellektuellen Randgestalt wie Florens Christian Rang, verwoben mit ihrem eigenen Schicksal als uneheliche Tochter, eine paradigmatische Erzählung über jene Suche nach Herkunft zu machen, die immer noch viele Deutsche umtreibt.“[4]
Anne Webers Roman Kirio stand auf der Shortlist (Belletristik) des Preises der Leipziger Buchmesse 2017.[5] 2020 gewann ihr Roman Annette, ein Heldinnenepos über Anne Beaumanoir den Deutschen Buchpreis.[6] 2021 hielt Weber im Deutschen Literaturarchiv Marbach die „Schillerrede“.[7]
Ihr Lebensgefährte Antoine Jaccottet, ein Sohn von Philippe Jaccottet, arbeitet beim Verlag Le Bruit de Temps und war vorher Lektor bei Gallimard.[4]
Zitate
„Der Übersetzer wird von jeder Unschärfe und jeder offenen Frage wie am Hosenbein festgehalten. Indem er die Mehrdeutig- und Eigenwilligkeiten, die Rhythmen, Klangvorlieben und Obsessionen des Autors auslotet, lernt er ihn langsam kennen; am Ende weiß er mehr von ihm oder ihr als dessen Ehefrau oder Ehemann. Wenn er nicht aufpasst, geht er langsam in ihn über: Die Autoren sind Kannibalen und fressen gerne ihre Übersetzer. Wie soll auch das Übersetzen gelingen, so lange man stur auf seiner Persönlichkeit beharrt? Der Übersetzer ist in mancher Hinsicht vergleichbar mit einem Schauspieler, insofern er ein fremdes Werk verkörpert, ihm einen neuen Sprachkörper verleiht.“
– Anne Weber, Dankesrede für den Johann-Heinrich-Voß-Preis, 2016[8]
Werke
Werke in deutscher Sprache
Ida erfindet das Schießpulver. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1999, ISBN 978-3-518-12108-5.
Im Anfang war … Suhrkamp, Frankfurt am Main 2000, ISBN 978-3-518-41174-2.
Erste Person. Suhrkamp, Frankfurt am Main 2002, ISBN 978-3-518-41353-1
Besuch bei Zerberus. Suhrkamp, Frankfurt am Main 2004, ISBN 978-3-518-41606-8.
Gold im Mund. Suhrkamp, Frankfurt am Main 2005, ISBN 978-3-518-41713-3.
Luft und Liebe. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2010, ISBN 978-3-10-091046-2.
August. Ein bürgerliches Puppentrauerspiel. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2011, ISBN 978-3-10-091061-5.
Tal der Herrlichkeiten. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2012, ISBN 978-3-10-091062-2.
Ahnen. Ein Zeitreisetagebuch. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2015, ISBN 978-3-10-002247-9.[9]
Kirio. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2017, ISBN 978-3-10-397269-6.
Wo in weiter Ferne etwas Unergründliches zu sehen ist. Rede an die Abiturienten des Jahrgangs 2017, St. Ingbert 2017, ISBN 978-3-95602-117-6.
Annette, ein Heldinnenepos. Matthes & Seitz, Berlin 2020, ISBN 978-3-95757-845-7.
Hörspiele
Regen. Regie: Christine Nagel. HR/Deutschlandradio Kultur. 2016, 51 min.
Werke in französischer Sprache
Ida invente la poudre. Le Seuil, Paris 1998, ISBN 978-2020338035.
Première personne. Le Seuil, Paris 2001, ISBN 978-2020486989.
Cerbère. Le Seuil, Paris 2003, ISBN 978-2020639651.
Cendres & métaux. Le Seuil, Paris 2006, ISBN 978-2020847445.
Chers oiseaux. Le Seuil, Paris 2006, ISBN 978-2020847452.
Tous mes vœux. Actes sud, Arles 2010, ISBN 978-2742788002.
Auguste – tragédie bourgeoise pour marionnettes. Le Bruit du temps, Paris 2010, ISBN 9782358730129.
Vallée des merveilles. Le Seuil, Paris 2012, ISBN 978-2021073812.
Vaterland, Le Seuil, Paris 2015, ISBN 978-2021218787.
Kirio, Le Seuil, Paris 2017, ISBN 2021348156.
Annette, une épopée, Le Seuil, Paris 2020, ISBN 2021450422.
Georges Perros: Klebebilder. Aus dem Französischen und mit Anmerkungen von Anne Weber. Mit einem Vorwort von Jean Roudaut. Matthes & Seitz, Berlin 2020.
Rede der Preisträgerin: Dankesrede zum Johann-Heinrich-Voß-Preis und zum Eugen-Helmlé-Übersetzerpreis, in Übersetzen, 1, 2017, ungekürzt (Print-Ausgabe in Auszügen)
Anne Weber erhält Helmlé-Übersetzerpreis. In: Saarbrücker Zeitung, 22. Juni 2016, S. B4. Die Preisrede Weber zu den Preisen von 2015/2016 siehe unter Weblinks.
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