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Bruno della Chiesa (* 7. Juli 1962) ist ein Linguist italienischer, französischer und deutscher Herkunft, der sich selbst als „engagierten Kosmopoliten“ bezeichnet.[1] Er lehrt an der Harvard University und wird als einer der Hauptgründer der Neurodidaktik (educational neuroscience)[2][3][4] betrachtet. Zudem ist er dafür bekannt, die Ausdrücke „Neuromythos“ (2002)[5] und „Neuro-Piraten“ (2013) geprägt zu haben, und hat die Theorien zum „Motivationsvortex“ (2007)[6] und zu den „Tesserakten im Gehirn“ (2008)[7] aufgestellt. Er hat außerdem das internationale Science Fiction Festival Utopiales gegründet.


Bildungsweg


In den 1980er Jahren setzte er nach einem Grundstudium der Linguistik sowie der deutschen Literatur und Philosophie in Nancy (Frankreich) und Bonn seinen Bildungsweg mit einem Aufbaustudium in Sprachdidaktik bei Robert Galisson an der Universität Sorbonne Nouvelle Paris III fort, wo er mit Soziolinguistik vertraut wurde und mit Louis Porcher im Bereich der Kulturanthropologie und der Bildungssoziologie arbeitete. Stark beeindruckt von den Arbeiten Pierre Bourdieus, Tzvetan Todorovs und Noam Chomskys, mit dem er später beruflich zusammenkam und Freundschaft schloss,[8] entwickelte er ein Interesse für Sprachphilosophie, wobei Bertrand Russell und Ludwig Wittgenstein ihn besonders beeinflussten.


Arbeitsleben



Zwischen „kultureller Diplomatie“, Lehre und Forschung


Zwischen 1985 und 1999 arbeitete Bruno della Chiesa auf mehreren Kontinenten für das französische Außenministerium. In Kairo (Ägypten) (1985–1987) lehrte er französische Literatur und Philosophie; in Mexiko (1987–1990) entwickelte er als Koordinator der Französischabteilung der Universität Guadalajara Grundausbildungs- und Weiterbildungsprogramme für Französischdozenten der sieben Universitäten im Westen des Landes; in Österreich (1990–1994) leitete er das Französische Kulturinstitut in Graz; Ende 1994 kehrte er auf Einladung des damaligen Präsidenten des französischen Senats, René Monory, nach Frankreich zurück, um die internationalen Beziehungen des Départements Vienne zu leiten.


OECD


Anfang 1999 nahm er eine Stelle als Projektmanager im Zentrum für Forschung und Innovation im Bildungswesen (Centre for Educational Research and Innovation, CERI) der OECD an. Sein Projekt „Lernwissenschaften und Gehirnforschung“ (1999–2008), das unter Anreiz von Jarl Bengtsson gegründet wurde, hat über 300 Experten aus 26 Ländern zusammengebracht[9] und zur Entstehung von Initiativen geführt, die einen transdisziplinären Ansatz der Neurodidaktik entwickeln, zunächst in Nordamerika, Asien und Europa und schließlich weltweit.[10] Während dieser Zeit begann er, mit Kurt W. Fischer und Howard Gardner an der Harvard-Universität zusammenzuarbeiten. Von 2007 bis 2012 entwickelte er – zwischen Cambridge (Massachusetts, USA), Ulm und Paris (Frankreich) – ein umstrittenes Projekt zu Sprachen und Kulturen im Zeitalter der Globalisierung, ohne jedoch die Neurowissenschaften aufzugeben. Zahlreiche tiefgreifende Meinungsverschiedenheiten philosophischer Natur bezüglich der Ziele und Ausrichtungen dieses Projektes, sowie bezüglich interner Politik und Strukturen führten 2012 zu seinem Ausscheiden aus der Organisation.


Harvard


2007 folgte Bruno della Chiesa einem Ruf an die Harvard University Graduate School of Education, wo er seit 2008 jährlich den Kurs “Learning in a Globalizing World: Language Acquisition, Cultural Awareness, and Cognitive Justice” innerhalb der Programme International Education Policy und Mind, Brain and Education lehrt und zudem jedes Jahr Seminare zu unterschiedlichen Themen hält. Sein Interesse an „Neuroethik“ (besonders im Sinne von „Entwicklung von ethischen Urteilen und Entscheidungen im Gehirn“) führte dazu, dass er 2009 Editor des Abschnitts „Addressing Educational Neuroscience and Ethics: Implications for Societies“ („AENEIS“) des Journals Mind, Brain and Education sowie Mitglied der International Mind, Brain, and Education Society (IMBES) wurde.

Alarmiert von dem sich ausbreitenden Missbrauch der Neurowissenschaften im Bildungsbereich, der unterschiedliche anfechtbare (oder sogar betrügerische) Formen annahm, prangert Bruno della Chiesa ab 2012 regelmäßig die fragwürdigen Machenschaften derjenigen an, die er je nachdem als „Neuro-Scharlatane“, „Neuro-Zeloten“, „Neuro-Piraten“ oder auch „Neuro-Dealer“ bezeichnet.

Da sich der Fokus seiner Forschung inzwischen jedoch mehr und mehr den Herausforderungen und den Chancen widmet, die die Globalisierung zeitgenössischen Gesellschaften und den Bildungssystemen stellt, die sie hervorbringen (vgl. seine transdisziplinäre Theorie der „Tesserakte im Gehirn“, die er 2008 vorgestellt hat und seitdem stets weiterentwickelt), ist er Director for Global Education der Initiative „Research Schools International“, die von Harvard-Professoren geleitet wird. Innerhalb dieses Systems von Projekten, das an der Harvard-Universität entstanden ist, arbeitet er derzeit auf allen Kontinenten mit einem speziellen Fokus auf dem besonderen und in vielen Aspekten beispielhaften Fall von Singapur. Im Rahmen seiner Forschung hat er während der letzten 15 Jahre über hundert Vorträge in vier Sprachen auf Konferenzen in 40 Ländern gehalten.


Science Fiction


Bruno della Chiesa ist seit seiner Kindheit von Science-Fiction-Literatur begeistert, deren Werke mit philosophischem Gehalt er auch heute noch regelmäßig liest (Philip K. Dick, Ursula K. Le Guin, Christopher Priest …). Anfang der 1990er Jahre lehrte er Europäische Science-Fiction-Literatur an der Universität Graz (Österreich). Ende 1995 begann er ein internationales Science-Fiction-Festival zu entwickeln, das drei Jahre später zu „Utopia“ am Futuroscope in Poitiers (Frankreich) wurde. 2000 zog das Festival nach Nantes um und wurde 2001 in „Utopiales“ umbenannt, als Bruno della Chiesa die künstlerische Leitung an Patrick Gyger übergab. Im Rahmen dieser jährlichen Veranstaltung gab er zwischen 2000 und 2006 unter dem Titel „Utopiæ“ sieben Sammelbände mit 70 Kurzgeschichten von Science-Fiction-Schriftstellern aus 40 Ländern[11] und übersetzte aus 20 Sprachen heraus. Er hat zudem etwa 50 Literaturkritiken in der Zeitschrift Galaxies[12] veröffentlicht, von denen die meisten online bei NooSFere[13] zugänglich sind.


Ausgewählte Bibliografie



Veröffentlichte Bücher als Herausgeber, Koordinator und Autor



Artikel



Online-Materialien





Einzelnachweise


  1. Utopiae. L’Atalante, Nantes 2000, S. 188
  2. J. Illes und B. J. Sahakian (Hrsg.): Oxford Handbook of Neuroethics. Oxford University Press, New York 2011, S. XXIV
  3. T. Tokuhama-Espinosa: Mind, Brain, and Education Science: A Comprehensive Guide to the New Brain-Based Teaching. WW Norton & Co., 2011
  4. Vgl. Usable Knowledge (Harvard Graduate School of Education, Cambridge MA, March 2009): Beginning in the brain: Pioneering the field of educational neuroscience
  5. Vgl. Bruno della Chiesa u. a. (Hrsg.): Understanding the Brain – Towards a New Learning Science. OECD, Paris 2002
  6. Bruno della Chiesa: Wer fremde Sprachen nicht kennt… in Die Bedeutung der Sprache – Bildungspolitische Konsequenzen und Maßnahmen. Berliner Wissenschaftsverlag, Berlin 2010, S. 9–29. Vgl. auch: Bruno della Chiesa: Learning languages in a globalising world. In: Bruno della Chiesa, J. Scott und C. Hinton (Hrsg.): Languages in a Global World. Learning for Better Cultural Understanding. OECD, Paris 2012, S. 37–51.
  7. Bruno della Chiesa: Wanted: Tesseract – One Hypothesis on Languages, Cultures, and Ethics for Mind, Brain, and Education. In: Mind, Brain and Education. Band 4, Nr. 3, September 2010, Blackwell Publishing, New York 2010, S. 135–148. Vgl. auch: Bruno della Chiesa: „Expansion of our own being“: Language learning, cultural belonging and global awareness. In: Bruno della Chiesa, J. Scott und C. Hinton (Hrsg.): Languages in a Global World. Learning for Better Cultural Understanding. OECD, Paris 2012, S. 437–461.
  8. Über Soziologie und Linguistik hinaus zeigt seine Arbeit eine philosophische und politische Nähe zu Bourdieu und mehr noch zu Chomsky, besonders mit Hinsicht auf seine Kritik der Massenmedien.
  9. Bruno della Chiesa u. a. (Hrsg.): Understanding the Brain – the Birth of a Learning Science. OECD, Paris 2007
  10. s. o.
  11. Utopiae – bdfi.net
  12. Galaxies – Science-fiction – Revue Galaxies-SF
  13. Bruno DELLA CHIESA – Bibliographie Livres – Biographie – nooSFere
Personendaten
NAME Chiesa, Bruno della
KURZBESCHREIBUNG italienisch-französisch und deutscher Linguist
GEBURTSDATUM 7. Juli 1962



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