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Erich Emanuel Kunze[1] (* 30. April 1905 in Ottmachau, Schlesien; † 22. März 1992 in Göttingen) war ein deutsch-finnischer Hochschullehrer, Literaturwissenschaftler und Übersetzer.[2]


Leben und Wirken


Kunzes Eltern waren der Lehrer Emmanuel Kunze und dessen Ehefrau Gerdrud geb. Zimmerman. Er studierte an den Universitäten München, Heidelberg und Breslau, wo er 1932 seine Promotion in Philosophie verteidigte und danach bis 1933 als Assistent tätig war. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurde seine handschriftlich vorgelegte Dissertation „Beiträge zur deutschen Literatur des Vormärz (1840–1850)“ beschlagnahmt, und er siedelte 1934 nach Finnland über, um einer drohenden Verhaftung zu entgehen. In Finnland erhielt Kunze 1934 eine Stelle als Lektor für Deutsche Sprache an der Universität Turku. Eine gekürzte und zensierte Fassung seiner Dissertation wurde 1938 in Breslau veröffentlicht.[3]

Kunze war von 1927 bis 1930 Mitglied der SPD und zwischen 1930 und 1932 Mitglied des linken Flügels der Partei, der SAP. Danach wechselte er die Parteimitgliedschaft und war von 1932 bis 1944 Mitglied der NSDAP,[4] offenbar weil es seiner Karriere diente.[5] Das Lektorat als Deutschlehrer in Turku hatte Kunze bis 1944 inne. Er war ein prominenter Vertreter der Auslandsdeutschen in Finnland und von 1941 bis 1944 ebenfalls Leiter des finnischen Büros (Mittelstelle Helsinki) der Deutschen Akademie. 1941 war er Sekretär und Vorsitzender des Deutschen Vereins Turku-Åbo (heute Deutscher Verein Turku). Nach dem Waffenstillstand von Moskau wurde er 1944 als deutscher Staatsbürger erst in das besetzte Dänemark abgeschoben, wo er unter Otto Höfler am Deutschen Wissenschaftlichen Institut arbeitete.[6] Nach Kriegsende 1945 wurde er nach Deutschland abgeschoben und dort interniert.

1946 heiratete er Edith Margot Ursula Bayer (geb. 1922) und war Leiter des dänischen Büros der Deutschen Akademie in Kopenhagen, bevor er 1947 nach Finnland zurückkehrte. 1948 lehnte das finnische Innenministerium Kunzes Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis ab und ordnete die Ausreise sowie ein 5 Jahre dauerndes Einreiseverbot an. Ihm wurde jedoch erlaubt, so lange im Land zu bleiben, bis sein Umzug arrangiert werden konnte. Durch eine Verlängerung dieser Frist konnte er schließlich dauerhaft in Finnland bleiben.[4] Von 1948 bis 1951 arbeitete er in Finnland als Dozent für deutsche Sprache an der Universität Turku. Von 1952 bis 1965 unterrichtete er zuerst als Dozent und ab 1961 als Professor für deutsche und vergleichende Literaturgeschichte an der Universität Helsinki. Einen Ruf an das Nordische Institut der Universität Greifswald 1956 nahm er nicht an,[7] aber von 1964 bis 1965 unterrichtete er ein Jahr lang an der Universität München, bevor er nach Helsinki zurückkehrte und Assistenzprofessor für Deutsch an der Handelshochschule Helsinki wurde.[3]

Während seiner Zeit in Turku knüpfte Kunze unter anderem enge Verbindungen zu Emil Öhmann und V. A. Koskenniemi. Nach seinem Umzug nach Helsinki erweiterte er seinen Bekanntenkreis, zu dem auch Viljo Tarkiainen gehörte, dessen Forschung er besonders schätzte.[3] 1971 ging Kunze in den Ruhestand und zog nach Göttingen, wobei er seine inzwischen erworbene finnische Staatsbürgerschaft und enge Beziehungen zu Finnland behielt. Als Forscher in vergleichender Literaturwissenschaft veröffentlichte Kunze mehr als 70 Werke, darunter eine Bibliographie deutscher Belletristik in finnischer Sprache. Er selbst übersetzte finnische Literatur und Volksdichtung ins Deutsche. Seine umfangreiche Übersetzungssammlung vermachte er später der Universität Hamburg.[3]


Werke (Auswahl)



Literatur



Einzelnachweise


  1. Kuolleita | Professori Erich Kunze Saksanopettajan sydän jäi lopullisesti Suomeen. 8. April 1992, abgerufen am 8. Januar 2022 (finnisch).
  2. Esko Häkli: Erich Kunze. National Biography of Finland, Studia Biographica 4. Suomalaisen Kirjalluuden Seura, Helsinki 2005, Teil 5, S. 509.
  3. Esko Häkli: Kunze, Erich (1905–1992). In: Kansallisbiografia-verkkojulkaisu. Suomalaisen Kirjallisuuden Seura, Helsinki 1997 (finnisch, kansallisbiografia.fi).
  4. Lars Westerlund: Itsetehostuksesta nöyryyteen. Suomensaksalaiset 1933–46. Finnisches Nationalarchiv, 2011, ISBN 978-951-53-3373-5, S. 165 (finnisch, arkisto.fi [PDF]).
  5. Lars Westerlund: Otto v. Zwehl. Deutscher Artillerieoffizier, Handelskammersyndikus, „Mischling“ und Finnlandfreund. Aue-Stiftung, 2016, ISBN 978-952-68042-4-8, S. 82.
  6. Malte Gasche: Der Germanische Wissenschaftseinsatz des Ahnenerbes der SS 1942–1945. Zwischen Vollendung der „völkischen Gemeinschaft“ und dem Streben nach „Erlösung“. In: Studien zur Archäologie Europas. Nr. 20. Bonn 2014, S. 149.
  7. Marco Nase: Academics and Politics Northern European Area Studies at Greifswald University, 1917–1991. Huddinge 2016, ISBN 978-91-87843-48-8, S. 214.
Personendaten
NAME Kunze, Erich
ALTERNATIVNAMEN Kunze, Erich Emanuel
KURZBESCHREIBUNG deutsch-finnischer Hochschullehrer, Literaturwissenschaftler und Übersetzer
GEBURTSDATUM 30. April 1905
GEBURTSORT Ottmachau, Schlesien
STERBEDATUM 22. März 1992
STERBEORT Göttingen



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