Ernst Schoen (* 14. April 1894 in Charlottenburg; † 10. Dezember 1960 in West-Berlin) war ein deutscher Komponist, Schriftsteller, Übersetzer und Rundfunkpionier.
Schoen wuchs in einer bürgerlichen Berliner Familie auf. Früh erhielt er eine Klavierausbildung, u. a. bei Ferruccio Busoni, und bekam Unterricht in Komposition bei Edgar Varèse, der ihm die Grundlagen der Harmonielehre und der Schönbergschen Zwölftonmusik beinbrachte. Beeinflusst von Busonis Thesen zur Neuen Ästhetik der Tonkunst interessierte er sich stark für das Medium Rundfunk. Schoen wurde dann erster Programmassistent beim Südwestdeutschen Rundfunkdienst AG (SÜWRAG), der ersten Rundfunkanstalt in Frankfurt am Main, die 1924 ihren Betrieb aufnahm und von Hans Flesch geleitet wurde.[1] Schoen komponierte 1924 elektronische Musik für Hans Fleschs Hörspiel Zauberei auf dem Sender; 1929 wurde er dessen Nachfolger bei Radio Frankfurt.[2]
Seinem Jugendfreund Walter Benjamin, mit dem er in Briefwechsel stand, sicherte Schoen mit Auftragsarbeiten das Überleben. Bereits 1925, nachdem Benjamin mit seiner Habilitation gescheitert war, hatte Schoen ihm angeboten, für die Programmzeitung des Senders zu arbeiten, doch Benjamin hatte andere Pläne.[1][3] Später verschaffte er Benjamin die Möglichkeit, das Hörspiel Radau um Kasperl (1932) zu realisieren, zu dem Schoen die Musik schrieb. Des Weiteren förderte er im Frankfurter Sender die musikalisch-literarische Avantgarde, indem er mit Bertolt Brecht, Hanns Eisler und Anton von Webern neue Formen von Literatur- und Musikprogrammen erprobte.
Die Nationalsozialisten entließen ihn 1933, weil er „jüdische und sozialistische Kollegen“ protegiert hatte. Nach zweimaliger Schutzhaft emigrierte Schoen nach London, versuchte dort seinen Beruf bei der BBC fortzuführen und verarbeitete in Essays und Lyrik den Exil-Alltag. 1947 unternahm Ernst Schoen im Auftrag der BBC eine Reise durch Deutschland.[4] Nach seiner Rückkehr nach West-Berlin 1952[5] gelang es ihm nicht, beruflich wieder Fuß zu fassen.[6][7] Im Dezember 1960 starb Ernst Schoen im Martin-Luther-Krankenhaus in Berlin-Schmargendorf, unbemerkt von der Öffentlichkeit und vom Rundfunk.[8]
Über Ernst Schoen und seine Bedeutung für Benjamin schrieb Theodor W. Adorno 1966: „Die unbeschreibliche Vornehmheit und Sensibilität Schoens muß ihn bis ins Innerste betroffen haben […]“.[9]
Personendaten | |
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NAME | Schoen, Ernst |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Rundfunkpionier, Komponist, Autor und Übersetzer |
GEBURTSDATUM | 14. April 1894 |
GEBURTSORT | Charlottenburg |
STERBEDATUM | 10. Dezember 1960 |
STERBEORT | West-Berlin |