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Franz Louis August Rosenzweig (geboren am 25. Dezember 1886 in Kassel; gestorben am 10. Dezember 1929 in Frankfurt am Main[1]) war ein deutscher Historiker und jüdischer Philosoph.

Gedenktafel für Franz Rosenzweig an dessen ehemaligem Wohnhaus im Frankfurter Westend
Gedenktafel für Franz Rosenzweig an dessen ehemaligem Wohnhaus im Frankfurter Westend

Leben


Gedenktafel an seinem Wohnhaus in Freiburg im Breisgau
Gedenktafel an seinem Wohnhaus in Freiburg im Breisgau

Rosenzweig wuchs als einziges Kind des jüdischen Fabrikanten und Kasseler Stadtrats Georg Rosenzweig und dessen jüdischer Ehefrau Adele, geb. Alsberg, in wohlhabenden Verhältnissen auf. Seine Familie gehörte dem emanzipierten, liberalen Judentum an. Durch seinen Großonkel Adam Rosenzweig, der mit der Familie lebte, kam er auch mit traditionellem jüdischen Leben in Kontakt und wünschte sich mit 11 Jahren Hebräisch-Unterricht.[2]

1905 begann er in Göttingen, München und Freiburg im Breisgau Medizin zu studieren. 1907 wechselte er das Fach und studierte Geschichte und Philosophie in Freiburg und Berlin. Sein wichtigster philosophischer Mentor war sein dreieinhalb Jahre älterer Vetter Hans Ehrenberg, der seit 1910 als Privatdozent für Philosophie an der Universität Heidelberg lehrte. 1912 wurde Franz Rosenzweig von dem Historiker Friedrich Meinecke in Freiburg zum Dr. phil. promoviert. Seine Dissertation, die er in den folgenden Jahren zu einer möglichen Habilitationsschrift ausbaute, die allerdings erst nach dem Ersten Weltkrieg zweibändig unter dem Titel Hegel und der Staat (1920) erschien, ist die erste umfassende kritische Analyse der politischen Philosophie Hegels. 1917 veröffentlichte Rosenzweig erstmals das von ihm entdeckte Das älteste Systemprogramm des deutschen Idealismus, ein vierseitiges Manuskript in Hegels Handschrift, das Rosenzweig als einen Entwurf von Schelling identifizierte. Er löste damit einen Urheberstreit zwischen den Hegel-, Schelling- und Hölderlin-Forschern aus, der bis heute anhält.

Am 7. Juli 1913 fand bei seinem christlichen Vetter, dem Biologen Rudolf Ehrenberg, in Leipzig ein denkwürdiges „Nachtgespräch“ zwischen Franz Rosenzweig und dem zum evangelischen Glauben konvertierten Privatdozenten der Rechtsgeschichte Eugen Rosenstock-Huessy statt, durch das Rosenzweig dermaßen aus seiner religionsphilosophischen Distanziertheit gerüttelt wurde, dass er eine Konversion zum Christentum in Erwägung zog. Nach einer Zeit der Besinnung fasste Rosenzweig jedoch den Entschluss – wie er Rudolf Ehrenberg am 31. Oktober 1913 schrieb –: „Ich bleibe also Jude.“ Ihm war klar geworden, dass er ein entschieden existentiell-religiöses Leben, das seine Freunde als Christen führten, auch als Jude praktizieren könne. Es folgten Monate intensiver jüdischer Studien beim greisen Philosophen Hermann Cohen in der Hochschule für die Wissenschaft des Judentums in Berlin.

Im Ersten Weltkrieg im Jahre 1917
Im Ersten Weltkrieg im Jahre 1917

Zu Beginn des Ersten Weltkriegs meldete sich Rosenzweig freiwillig, zunächst für den Sanitätsdienst, später kam er zur Artillerie an die Balkanfront, wo er bis zum Zusammenbruch der deutschen und österreichisch-ungarischen Monarchien eingesetzt blieb. Von der Front aus führte er 1916 einen dramatischen jüdisch-christlichen Dialog in Feldpostbriefen mit Eugen Rosenstock-Huessy, der an der Westfront eingesetzt war – ein Streitgespräch, das seine Aussagekraft bis heute nicht verloren hat. Ab Sommer 1917 trat die junge Frau des Freundes, Margrit (Gritli) Rosenstock-Huessy, vermittelnd in diesen Briefwechsel ein. Anfang 1918 entbrannte eine große Liebe zwischen beiden, in die aber auch Eugen Rosenstock-Huessy einbezogen blieb. Täglich wechselten Franz und Gritli von nun ab Briefe. In dieser Zeit entstand von Ende August 1918 bis Mitte Februar 1919 – während der letzten Kriegsmonate, des Zusammenbruchs der Front und der Revolutionsmonate – Rosenzweigs glaubensphilosophisches Hauptwerk Der Stern der Erlösung (erschienen 1921).

Während des Krieges lernte Rosenzweig 1917 in Üsküb den Feldrabbiner Paul Lazarus kennen, mit dem sich eine Freundschaft entwickelte mit einem lebhaften Austausch über Literatur und das jüdische Bildungsproblem.[3]

Das Angebot einer Habilitation mit seinem früheren Werk Hegel und der Staat lehnte Rosenzweig 1920 ab, da er sich nun ausschließlich dem Dienst einer jüdischen Bildungsarbeit im christlichen Europa widmen wollte. Nachdem er 1920 die jüdische Religionslehrerin Edith Hahn geheiratet hatte, nahm er die Berufung an, das Freie Jüdische Lehrhaus in Frankfurt am Main aufzubauen. Aufgabe dieser Bildungseinrichtung war es, Wege zu weisen, wie jüdisches Leben in der Moderne gelingen könne. Zu den dort Vortragenden zählten neben Rosenzweig der Religionsphilosoph Martin Buber, der Chemiker und Philosoph Eduard Strauss, Ernst Simon, Siegfried Kracauer und Erich Fromm.

Im selben Jahr 1922, in dem sein Sohn Rafael geboren wurde, erkrankte Franz Rosenzweig an einer Amyotrophen Lateralsklerose, die rasch zu einer totalen Bewegungs- und Sprechlähmung führte und die den baldigen Tod bedeutete. Trotz dieser Krankheit konnte er jedoch noch die Übersetzung der Hymnen und Gedichte des Jehuda ha-Levi (1075–1141) sowie die philosophische Abhandlung Das neue Denken (1925) beenden, wobei er zunächst noch eine Spezialschreibmaschine verwendete, später aber nur noch seiner Frau mit den Augenlidern diktieren konnte. Gemeinsam mit Martin Buber arbeitete er in diesen Krankheitsjahren an der „Verdeutschung der Schrift“, deren erster Teil Die fünf Bücher der Weisung noch zu seinen Lebzeiten 1925 erscheinen konnte. Buber hat dann die weitere Verdeutschungsarbeit allein zu Ende gebracht.

Noch im Mai 1929 schrieb Rosenzweig seinen erst posthum publizierten und dann umstritten diskutierten Aufsatz Vertauschte Fronten zur Davoser Disputation zwischen Ernst Cassirer und Martin Heidegger, in dem er den letzteren mit dem Gründer der Marburger Schule, Hermann Cohen verglich – ausdrücklich mit dem Hinweis auf dessen Religion der Vernunft aus den Quellen des Judentums.[4]

Kurz vor seinem 43. Geburtstag erlag Rosenzweig am 10. Dezember 1929 in Frankfurt am Main seiner Krankheit. Sein Grab befindet sich auf dem Neuen Jüdischen Friedhof an der Eckenheimer Landstraße.


Werke



Einzelschriften



Gesammelte Schriften



Briefeditionen



Ehrungen und Nachwirkung


Grab von Franz Rosenzweig auf dem Neuen Jüdischen Friedhof an der Eckenheimer Landstraße.
Grab von Franz Rosenzweig auf dem Neuen Jüdischen Friedhof an der Eckenheimer Landstraße.

Siehe auch



Literatur


Buchreihe



Werke

Übersichtsdarstellungen

Speziellere Darstellungen

Institutionen und Sonstiges


Einzelnachweise


  1. Sterbeurkunde. (Nicht mehr online verfügbar.) Ehemals im Original; abgerufen am 20. Januar 2018.@1@2Vorlage:Toter Link/dfg-viewer.de (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven)
  2. Nahum Norbert Glatzer (Hrsg.): Franz Rosenzweig. His life and thought. Schocken Books, New York 1962, S. XXXVI–XXXVIII.
  3. Franz Rosenzweig: „… und auf Rabbiner immer neugierig bin“, Kalonymos 17 (2014), Heft 2, S. 6–7
  4. Vertauschte Fronten
  5. Franz Rosenzweig Haus. SMARTments student, abgerufen am 12. Juli 2021.
  6. Gründung des Buber-Rosenzweig-Instituts. Abgerufen am 21. Dezember 2021.
Personendaten
NAME Rosenzweig, Franz
ALTERNATIVNAMEN Rosenzweig, Franz Louis August (vollständiger Name)
KURZBESCHREIBUNG deutscher Historiker und Philosoph
GEBURTSDATUM 25. Dezember 1886
GEBURTSORT Kassel
STERBEDATUM 10. Dezember 1929
STERBEORT Frankfurt am Main

На других языках


- [de] Franz Rosenzweig

[en] Franz Rosenzweig

Franz Rosenzweig (/ˈroʊzən.zwaɪɡ/, German: [ˈʁoːzn̩tsvaɪ̯k]; 25 December 1886 – 10 December 1929) was a German theologian, philosopher, and translator.

[ru] Розенцвейг, Франц

Франц Розенцвейг (нем. Franz Rosenzweig; 25 декабря 1886, Кассель — 10 декабря 1929, Франкфурт-на-Майне) — немецко-еврейский философ.



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