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Helmut Johannes Vollmer (* 11. September 1941 in Hamburg) ist ein deutscher Professor i. R. für Angewandte Linguistik und Fachdidaktik des Englischen. Er ist primär durch seine Beiträge zur empirischen Erforschung des Fremdsprachenlehrens und -lernens, zur Evaluierung von Fachunterricht und von Schülerleistung sowie zur Entwicklung des Bilingualen Unterrichts in Deutschland bekannt. Er lehrte zuletzt (bis zu seiner Pensionierung im Jahre 2006) am Fachbereich 7: Sprach- und Literaturwissenschaft der Universität Osnabrück.

Helmut Johannes Vollmer (2020)
Helmut Johannes Vollmer (2020)

Leben, wissenschaftlicher Werdegang und Arbeitsschwerpunkte


Vollmer wuchs in Hamburg in der „Steenkampsiedlung“ auf, einer Gartenstadtsiedlung im Hamburger Westen, wo er nach seiner Entpflichtung als Hochschullehrer wieder lebt. Nach dem Abitur (1961) am Ernst-Schlee-Gymnasium (Neusprachliches Gymnasium) in Hamburg studierte er von 1961 bis 1969 Anglistik, Geschichte und Soziologie an den Universitäten Hamburg (1961–63, u. a. bei Rudolf Haas und Fritz Fischer), Tübingen (1964–1965, u. a. bei Walter Schulz und Gerhard Schulze) und Freie Universität Berlin (1966–1969, u. a. bei Thomas Nipperdey, Ilse Hecht, Richard Gerber, Hans-Joachim Lieber und Dietrich Goldschmidt). In dieser Zeit war er – als Voraussetzung für ein Begabtenstipendium durch das Evangelische Studienwerk Villigst – 1963–1964 sechs Monate im Rahmen eines Werksemesters als Hilfsarbeiter in der Industrie tätig. 1967–1968 lehrte er an der von ihm mitbegründeten „Kritischen Universität“ in Berlin als studentischer Dozent und AG-Leiter. Nach dem Examen (1969) zum Magister Artium (M.A.) an der Freien Universität Berlin war er Mitarbeiter in einem Forschungsprojekt (Schulleistungsstudie Englisch) am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung in Berlin.[1] Zeitgleich (1969–1971) absolvierte er ein befristetes Zweitstudium in Psychologie (insbes. zu Forschungsmethoden) und Linguistik.

Von 1973 bis zu seiner Pensionierung im Jahre 2006 lehrte Vollmer in verschiedenen akademischen Funktionen an den Universitäten Bremen, Osnabrück, Webster College (St. Louis, USA), Leipzig und wieder Osnabrück. In dieser Zeit arbeitete er vor allem an Untersuchungen zur Pragmalinguistik (Sprechhandlungen), zur Erforschung von Fremdsprachentests sowie zum Bilingualen Lehren und Lernen. Neben dieser Tätigkeit als Hochschullehrer unterrichtete er 1973–1974 (an einer Gesamtschule in Bremen) sowie 1995 (an einem Gymnasium in Osnabrück) als bilingualer Lehrer in den Fächern Englisch, Geschichte und Politik/Gemeinschaftskunde. 1994 habilitierte er sich in Anglistik (Angewandte Sprachwissenschaft und Sprachlehr- und -lernforschung) im Fachbereich Sprach- und Literaturwissenschaft der Universität Osnabrück zum Thema „Lernersprachenanalyse“ (Gutachter: Werner Hüllen, Wolfgang Zydatiß).

1971 heiratete Vollmer in erster Ehe Edith Langer (zwei Kinder), 1991 in zweiter Ehe die Buchautorin[2] Micheline Sauriol, Frankokanadierin aus Montréal.


Forschungsprojekte, Mitgliedschaften, Expertisen


Vollmer gehörte von Anfang an (seit 1981) zum Kreis deutscher Fremdsprachendidaktiker in der „Frühjahrskonferenz zur Erforschung des Fremdsprachenunterrichts“, wo er nachdrücklich für eine empirische Forschungsorientierung in den Fremdsprachendidaktiken eintrat. 1989 war er Mitbegründer der Deutschen Gesellschaft für Fremdsprachenforschung (DGFF, 1993–1995 Zweiter Vorsitzender), 1990 Mitbegründer der „Zeitschrift für Fremdsprachenforschung“ (ZFF), wo er bis heute als Mitglied im Editorial Board fungiert.[3] In diesem Zusammenhang erarbeitete er zusammen mit Johannes-Peter Timm eine systematische Konzeption der Fremdsprachenforschung als Oberbegriff für die Disziplinen der Fremdsprachendidaktik, Sprachlehrforschung und Zweitsprachenerwerbsforschung.[4]

1999 war Vollmer Mitbegründer der Gesellschaft für Fachdidaktik (GFD) als Dachorganisation aller Fachdidaktiken in Deutschland (Stellv. Vorsitzender und seit 2015 Ehrenmitglied), 2017 Mitbegründer der internationalen englischsprachigen Online-Zeitschrift „Research in Subject-Matter Teaching and Learning“ (RISTAL), seitdem auch Mitherausgeber[5] In der GFD ist er Mitglied der Arbeitsgruppe „Allgemeine Fachdidaktik“, die eine engere Kooperation aller Fachdidaktiken anstrebt und eine eigenständige Theorie der Fachdidaktik(en) entwickelt hat.[6] In diesem Zusammenhang arbeitete er die Geschichte der Englischdidaktik auf, skizzierte ihre theoretischen wie pragmatischen Ansätze, analysierte ihr Forschungsrepertoire, ihre bisherigen Forschungsleistungen sowie die Forschungsperspektiven, auch im Blick auf fachübergreifende und Fächer verbindende Projekte.[7] Gleichzeitig setzte er sich fachübergreifend mit dem Verhältnis von Allgemeiner Didaktik, Fachdidaktik und Allgemeiner Fachdidaktik theoretisch auseinander.[8]

Von 2000 bis 2006 war Vollmer Leiter der Forschungsstelle „Bilingualismus und Mehrsprachigkeit“ im Fachbereich Sprach- und Literaturwissenschaft der Universität Osnabrück, wobei er am Aufbau eines bilingualen Zusatzzertifikats „Bilingualität/Bilingualer Unterricht (Englisch)“ mitwirkte. In den Jahren 2000–2003 koordinierte er als Sprecher die Vorbereitungen zur kollektiven Antragstellung von DFG-Projekten aus den Fremdsprachendidaktiken. Von 2003 bis 2005 leitete er ein eigenes DFG-Projekt „Fachlernen und (Fremd-)Sprachlichkeit bei bilingualen und monolingualen Lernern: Aufgabenbasierte Kognition, Kommunikation, Kooperation“.[9]

In seiner Eigenschaft als Angewandter Linguist und Fremdsprachendidaktiker wurde Vollmer 2004 von der Kultusministerkonferenz in die Kommission zur Ausarbeitung von nationalen Bildungsstandards Englisch/Französisch für den Mittleren Schulabschluss sowie danach für das Fortgeschrittene Fremdsprachenlernen auf der Sekundarstufe II bis zum Abitur berufen. Seit 2006 ist er außerdem als Wissenschaftlicher Experte und Autor tätig, u. a. für den Europarat in Strasbourg (2006–2016) im Rahmen des Projekts „Languages of Schooling/Plurilingual and Intercultural Education“[10]; für die Akkreditierungs-Agentur ACQUIN in Bayreuth (2010–2020), für das Europäische Fremdsprachenzentrum (ECML) in Graz (2015–2019) sowie für die Pädagogische Hochschule St. Gallen/Schweiz (2015–2018). Seit seiner Pensionierung ist Vollmer auch Gastmitglied an der Universität Hamburg im Rahmen eines Forschungsprojekts zur Wahrnehmung von Mehrsprachigkeit.[11] Darüber hinaus ist er aktives Mitglied der Gesellschaft für Angewandte Linguistik (GAL) und der Gesellschaft für Kanadastudien (GKS) sowie seit 2015 Kuratoriumsmitglied der Deutsch-Französischen Gesellschaft CLUNY e. V., Hamburg.[12] 2019 führte ihn eine ausgedehnte Vortragsreise nach Asien (Singapur, Shanghai/Wuhu, Hongkong).[13]


Schriften (Auswahl)



Wichtige Aufsätze


(insgesamt fast 200 Aufsätze und Beiträge in Sammelwerken)


Literatur



Einzelnachweise und Anmerkungen


  1. Hieraus entstand Vollmers Dissertation: Spracherwerb und Sprachbeherrschung: Untersuchungen zur Struktur von Fremdsprachenfähigkeit. Universität Osnabrück 1980; überarb. und veröff. bei Gunter Narr, Tübingen 1982. Tübinger Beiträge zur Linguistik, TBL Bd. 187.
  2. https://www.michelinesauriol.com
  3. Vgl. Deutsche Gesellschaft für Fremdsprachenforschung, die Webseite der DGFF unter https://www.dgff.de/ sowie Helmut Sauer: „Zur Geschichte der DGFF“, online unter https://web.archive.org/web/20090124112824/http://www.dgff.de/fileadmin/user_upload/dokumente/Sauer.pdf.
  4. Vgl. Willis J. Edmondson, Juliane House: Einführung in die Sprachlehrforschung. A. Francke, Tübingen, Basel. 4., überarb. Aufl. 2011, S. 15. - Vgl. Johannes-Peter Timm, Helmut J. Vollmer: Fremdsprachenforschung: Zur Konzeption und Perspektive eines Wissenschaftsbereichs. In: Zeitschrift für Fremdsprachenforschung, Jg. 4 (1993), Heft 1, S. 1–47.
  5. Vgl. https://www.ristal.org/about-us/editorial-board/
  6. Vgl. hierzu vor allem: mit Horst Bayrhuber, Ulf Abraham, Volker Frederking, Werner Jank & Martin Rothgangel: Auf dem Wege zu einer Allgemeinen Fachdidaktik. Waxmann, Münster 2017. – (Hg.) mit Martin Rothgangel, Ulf Abraham, Horst Bayrhuber, Volker Frederking & Werner Jank: Lernen im Fach und über das Fach hinaus. Bestandsaufnahmen und Forschungsperspektiven aus 17 Fachdidaktiken im Vergleich. Waxmann, Münster 2020.
  7. Zuerst erschienen 2017, in Überarbeitung 2020 mit Karin Vogt: Englischdidaktik – Bestandsaufnahme und Forschungsperspektiven. In: M. Rothgangel, U. Abraham, H. Bayrhuber, V. Frederking, W. Jank & H. J. Vollmer (Hg.): Lernen im Fach und über das Fach hinaus. Bestandsaufnahmen und Forschungsperspektiven aus 17 Fachdidaktiken im Vergleich. (Allgemeine Fachdidaktik, Band 2). Waxmann, Münster 2020, S. 103–131.).
  8. z. B.: mit Martin Rothgangel: Towards a Theory of Subject-Matter Didactics. Research in Subject-Matter Teaching and Learning (RISTAL), Volume 3/2020.
  9. Hieraus entstanden: Fachlichkeit und Sprachlichkeit: Zwischenbilanz eines DFG-Projekts. Zeitschrift für Fremdsprachenforschung 17(2), 2006, S. 201–244. – Constructing Tasks for Content and Language Integrated Learning and Assessment. In: J. Eckerth & S. Siekmann (Hg.): Task-Based Language Learning and Teaching. Theoretical, Methodological and Pedagogical Perspectives. Lang, Frankfurt/New York 2008, S. 227–290 (Duisburg Papers on Research in Language and Culture). – Diskursfunktionen und fachliche Diskurskompetenz bei bilingualen und monolingualen Geographielernern. In: S.-A. Ditze & Ana Halbach (Hg.): Bilingualer Sachfachunterricht (CLIL) im Kontext von Sprache, Kultur und Multiliteralität. Lang, Frankfurt/M. 2009, S. 165–185.
  10. Vgl.: Jean-Claude Beacco, Mike Fleming, François Goullier & Eike Thuermann: The Language Dimension in All Subjects. A Handbook for curriculum development and teacher training. Council of Europe, Strasbourg 2016; als Download unter: https://www.coe.int/en/web/language-policy/a-handbook-for-curriculum-development-and-teacher-training.-the-language-dimension-in-all-subjects.
  11. Vgl. https://www.ew.uni-hamburg.de/einrichtungen/ew4/didaktik-romanische-sprachen/projekte/wahrnehmungmehrsprachigkeit.html.
  12. Vgl. https://cluny.de/about/kuratorium/
  13. Quellen: insbes. Webseite H. J. Vollmer unter http://www.home.uni-osnabrueck.de/hvollmer/ sowie Personenartikel in Wilfried Kürschner (Hg.): Linguisten-Handbuch. Narr, Tübingen 1994, S. 982–983; Wer ist wer? Das deutsche Who’s Who. 51. Auflage. Schmidt-Römhild, Lübeck 2013, S. 1143; Kürschners Deutscher Gelehrten-Kalender Online. Personen, Publikationen, Kontakte. 32. Aufl. De Gruyter, Berlin 2020; Thomas Finkenstedt & Rita Stoll (Hg.): Dritter Spiegel der Anglisten: Biographische und bibliographische Angaben von 546 Professoren, Dozenten, Habilitanden. Teil 3: Buchstaben S bis Z (Augsburger I & I – Schriften, Bd. 57). Universität Augsburg, Augsburg 1990, S. 151–155; Johannes-Peter Timm (Hg.): Fremdsprachenlernen und Fremdsprachenforschung. Kompetenzen, Standards, Lernformen, Evaluation. Festschrift für Helmut Johannes Vollmer. Narr, Tübingen 2006, S. 17–31: „Fremdsprachenlernen und Fremdsprachenforschung – Aspekte eines Forscherlebens“ sowie S. 465–467: „Helmut Johannes Vollmer: Zur Person“.


Personendaten
NAME Vollmer, Helmut Johannes
KURZBESCHREIBUNG deutscher Sprachwissenschaftler (Angewandte Linguistik) und Fremdsprachendidaktiker (englisch)
GEBURTSDATUM 11. September 1941
GEBURTSORT Hamburg



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