lingvo.wikisort.org - Forscher

Search / Calendar

Johann Michael Moscherosch, Pseudonym Philander (* 7. März 1601 in Willstätt; † 4. April 1669 in Worms), war ein deutscher Staatsmann, Satiriker und Pädagoge in der Zeit des Barock.


Leben


Moscherosch wuchs im hanau-lichtenbergischen Willstätt auf dem Hof seiner Eltern auf. Im Alter von 11 Jahren kam er auf das Gymnasium in Straßburg und studierte sodann Rechtswissenschaften, Philosophie und Literatur an der dortigen Universität. Seinen Tagebuchaufzeichnungen verdanken wir den einzigen Augenzeugenbericht über die Theateraufführungen Caspar Brülows. Im September 1623 verteidigte Moscherosch unter dem Vorsitz von Matthias Bernegger seine Dissertation In C. Suetonii Tranquilli XII. Caesares diatribe XV. Nach der Promotion zum Magister am 8. April 1624 immatrikulierte er sich an der Universität Genf. Nach Abschluss seiner Studien unternahm Moscherosch zunächst Bildungsreisen nach Frankreich und durch die Schweiz und arbeitete dann als Hauslehrer. Von 1631 bis 1634 war Moscherosch einer der Amtmänner des lutherischen Zweiges der Grafen von Kriechingen in Kriechingen und als solcher in dem zu dieser Zeit zur Hälfte kriechingischen Saarwellingen eingesetzt. 1636 stellte ihn der pommersche Herzog von Croy-Arschot als Amtmann seines Anteils an der nicht weit von Criechingen liegenden „sechsherrigen“ Herrschaft Finstingen ein. Diese Stelle, an der Moscherosch auf engem Raum die Rechte seines Landesherrn gegenüber den Amtmännern der anderen fünf Landesherren, den Grafen von Croy-Havre und den vier Linien der Wild- und Rheingrafen, zu behaupten hatte, hielt er von 1635 bis 1642. 1643 war er in Benfeld einige Monate bis zu dessen Tod Sekretär von Friedrich Richard Mockhel, dem schwedischen Residenten in Elsass. Anschließend arbeitete er bis 1645 für den Benfelder Kommandanten Oberst Friedrich Moser von Filseck († 1671). Nach diesen Tätigkeiten im lothringischen Grenzraum flüchtete Moscherosch vor den Wirren des Dreißigjährigen Krieges nach Straßburg, wo er von 1645 bis 1655 Polizeichef und Steuerbeamter war. Ab 1656 arbeitete er als Rechtsberater des Grafen Friedrich Casimir von Hanau. Wegen finanzieller Misswirtschaft erreichten die Verwandten des Grafen, insbesondere die Vormünder seiner Neffen und Nachfolger, Herzog Christian II. von Pfalz-Zweibrücken-Birkenfeld und Pfalzgräfin Anna Magdalena von Pfalz-Zweibrücken-Birkenfeld, seitens des Kaisers eine Zwangsverwaltung der Grafschaft und sicherten sich ein Recht auf Mitregierung. Die Berater des Grafen, darunter Johann Michael Moscherosch, wurden entlassen. Nachdem er auch in den Diensten des Mainzer Kurfürsten Johann Philipp von Schönborn gestanden hatte, wechselte er 1664 an den hessen-kasselschen Hof.

Moscheroschs Lebenszeit umfasst den gesamten Dreißigjährigen Krieg (1618–1648), dessen Grausamkeiten und Auswüchse sich auch in seinem Werk ausführlich widerspiegeln.

Gedenktafel in Fénétrange
Gedenktafel in Fénétrange

Familie


Johann Michael Moscherosch war das älteste von 11 Kindern des Landwirts Michael Moscherosch (1578–1636) und dessen Ehefrau Veronika Beck. Ein jüngerer Bruder Quirinus Moscherosch wurde lutherischer Pfarrer. Moscherosch heiratete am 9. September 1628 die Kaufmannstochter Esther Ackermann (* 1602 in Frankenthal), die in den Wirren des Dreißigjährigen Krieges im Dezember 1632 ums Leben kam. Am 20. August 1633 heiratete Moscherosch in zweiter Ehe die Beamtentochter Maria Barbara Paniel, die knapp zwanzigjährig am 6. November 1634 in Lützelstein an der Pest starb. Am 4. Oktober 1636 ehelichte er in dritter Ehe Anna Maria Kilburger (* 1615 in Finstingen, † 1694 in Frankfurt am Main), eine Tochter des Amtsschreibers zu Finstingen, Johannes Kilburg. Aus diesen drei Ehen stammten insgesamt vierzehn Kinder, von denen aber viele das Kindesalter nicht überlebten. Ein Sohn, Johann Balthasar Moscherosch, wurde Romanist und Hofbibliothekar in Darmstadt. Moscherosch starb am 4. April 1669 in Worms am "hitzigen Fieber". Er war auf dem Weg zu seinem in Frankfurt am Main wohnenden Sohn Ernst Bogislav (1637–1702), Lehrer an einem Frankfurter Gymnasium.


Werk


Teil 2 seiner Gesichte (1650) mit dem separaten Titelblatt für den „Ala mode Kherauß“
Teil 2 seiner Gesichte (1650) mit dem separaten Titelblatt für den „Ala mode Kherauß“

Moscherosch veröffentlichte Aufsätze, Gedichte und Erzählungen in lateinischer und deutscher Sprache unter dem Pseudonym Philander von Sittewald. Die Straßburger Aufrichtige Tannengesellschaft, gegründet 1633 von Jesaias Rompler und Johannes Freinsheim, zählte neben Johann Matthias Schneuber auch Moscherosch zu ihren namhaftesten Mitgliedern.

1645 wurde er von Fürst Ludwig I. von Anhalt-Köthen in die Fruchtbringende Gesellschaft aufgenommen. Als Gesellschaftsname wurde ihm der Träumende und als Motto hohe Sachen verliehen. Als Emblem ist ihm Nachtschatten zugedacht worden (Solanum nigrum L.). Im Köthener Gesellschaftsbuch findet man Moscheroschs Eintrag unter der Nr. 436. Dort ist auch das Reimgesetz verzeichnet, mit welchem er sich für die Aufnahme bedankt:

Nachtschatten pfleget sanft den schlaf zu flößen ein,
Und Zeiget träume drauf, daher ich mir erwehlet
Den Nahmen mit dem Kraut: Jch wil befließen sein
Als ich vorhin auch war, als ich die träum’ erzehlet
Zu träumen mehr und mehr, bey nacht und tagesschein
Und Zwar mit ofnem aug’: Es sol sein unverhehlet
Was vor geschickligkeit wird träumen meinem fleiß’
Auf das der Träumend’ ich viel Hohe Sachen heiß.

Moscheroschs bekanntestes Werk ist Wunderliche und Wahrhafftige Gesichte Philanders von Sittewald, eine Sammlung von vierzehn ab 1640 veröffentlichten satirischen Erzählungen, eine Bearbeitung des spanischen Buchs Sueños von Francisco de Quevedo y Villegas. „Sittewald“ ist ein grobes Anagramm von Moscheroschs Geburtsort Willstätt. Eine der Erzählungen, Soldatenleben, wurde 1996 neu herausgegeben (siehe Neuere Ausgaben von Moscherosch-Werken).

Des Knaben Wunderhorn von Clemens Brentano und Achim von Arnim enthält ein Lied von Moscherosch: Die löbliche Gesellschaft Mosel-Saar.

In vielen deutsch- und französischsprachigen Ausgaben der Baedeker-Reiseführer vor dem Zweiten Weltkrieg war eine Sentenz Moscheroschs zum Reisen abgedruckt, die mit Philander von Sittewald. 1650 unterschrieben ist.[1]

Günter Grass lässt Moscherosch in seiner Erzählung Das Treffen in Telgte aus dem Jahr 1979 auftreten.


Werke (Auswahl)



Neuere Ausgaben



Literatur



Quellen




Wikisource: Johann Michael Moscherosch – Quellen und Volltexte

Einzelnachweise


  1. Die Sentenz in den deutsch- und französischsprachigen Baedekern lautet: „Wer reisen will, Der schweig fein still, Geh steten Schritt, Nehm nicht viel mit, Tret an am frühen Morgen, Und lasse heim die Sorgen.“; vgl. z. B. Karl Baedeker: Handbuch für Reisende in Deutschland und dem Oesterreichischen Kaiserstaat. Verlag Karl Baedeker, Coblenz 1853, S. II.
Personendaten
NAME Moscherosch, Johann Michael
ALTERNATIVNAMEN Philander (Pseudonym)
KURZBESCHREIBUNG deutscher Staatsmann, Satiriker und Pädagoge in der Zeit des Barock
GEBURTSDATUM 7. März 1601
GEBURTSORT Willstätt
STERBEDATUM 4. April 1669
STERBEORT Worms

На других языках


- [de] Johann Michael Moscherosch

[en] Johann Michael Moscherosch

Johann Michael Moscherosch (7 March 1601 – 4 April 1669), German statesman, satirist, and educator, was born at Willstätt, on the Upper Rhine near Strassburg.

[fr] Johann Michael Moscherosch

Johann Michael Moscherosch, écrivant sous le pseudonyme de Philander, né le 7 mars 1601 à Willstätt et mort le 4 avril 1669 à Worms, est un homme d'État allemand, aussi poète, auteur satiriste[1] et pédagogue.

[ru] Мошерош, Иоганн Михаэль

Иоганн Михаэль Мо́шерош (Johann Michael Moscherosch, 7 марта 1601, Вильштет — 4 апреля 1669, Вормс) — немецкий сатирик.



Текст в блоке "Читать" взят с сайта "Википедия" и доступен по лицензии Creative Commons Attribution-ShareAlike; в отдельных случаях могут действовать дополнительные условия.

Другой контент может иметь иную лицензию. Перед использованием материалов сайта WikiSort.org внимательно изучите правила лицензирования конкретных элементов наполнения сайта.

2019-2025
WikiSort.org - проект по пересортировке и дополнению контента Википедии