John von Düffel (* 20. Oktober 1966 in Göttingen) ist ein deutscher Dramaturg und Schriftsteller.
Leben
John von Düffel ist der älteste Sohn des Universitätsdozenten, Anglisten, Literaturwissenschaftlers, Gymnasiallehrers und Übersetzers Peter von Düffel und der Philosophin Gudrun von Düffel. Er wohnt und arbeitet in Potsdam. Im Laufe seiner Jugend lebte von Düffel längere Zeit mit seinen Eltern im Ausland: in den 1960er Jahren in Derry (Nordirland), in den 1970er Jahren in South Dakota. 1985 legte er sein Abitur an einem Oldenburger Gymnasium ab und studierte anschließend Philosophie, Germanistik und Volkswirtschaftslehre an den Universitäten in Stirling (Schottland) und Freiburg im Breisgau. 1989 wurde er mit einer Arbeit zur Erkenntnistheorie promoviert. Anschließend arbeitete er als Filmjournalist und Theaterkritiker.
Parallel zu seiner schriftstellerischen Arbeit war er Dramaturg an mehreren deutschen Bühnen: von 1993 bis 1995 am Theater der Altmark in Stendal, von 1995 bis 1996 am Staatstheater Oldenburg, von 1996 bis 1998 am Theater Basel, von 1998 bis 2000 am Schauspielhaus Bonn und von 2000 bis 2009 am Thalia-Theater in Hamburg. Für das Thalia erarbeitete er u.a. die erste Bühnenfassung des Romans Buddenbrooks von Thomas Mann (Premiere: 3. Dezember 2005). Derzeit ist er Dramaturg des Deutschen Theaters in Berlin.
2004 drehte Jörg Adolph mit John von Düffel den Dokumentarfilm Houwelandt – Ein Roman entsteht, der 2005 auf 3sat ausgestrahlt wurde.[1]
2006 war von Düffel Angehöriger der Jury, die den Deutschen Buchpreis vergibt. 2007 stand er der Jury des Mara-Cassens-Preises des Literaturhauses Hamburg vor. 2008 war er Inhaber der Poetikprofessur an der Universität Bamberg.
Für das Musical Der Schuh des Manitu (nach dem gleichnamigen Film von Michael „Bully“ Herbig), das am 7. Dezember 2008 im Berliner Theater des Westens erstmals zu sehen war, verfasste von Düffel den Bühnentext.[2] Im Februar 2009 wurde seine Theater-Adaption von Thomas Manns Romantetralogie Joseph und seine Brüder am Düsseldorfer Schauspielhaus uraufgeführt.[3] Am 31. Juli 2009 feierte sein Stück Das Leben des Siegfried, eine komödiantische Version der Nibelungensage, bei den Nibelungenfestspielen in Worms, für die er seit 2002 als Dramaturg tätig ist, Premiere.[4] 2013 erstellte von Düffel die deutsche Fassung des Londoner Erfolgsstücks Gefährten (War Horse).
Zusammen mit dem Autor Stephan Kimmig schrieb von Düffel am 25. Juni 2011 wegen der angekündigten Kürzungen im Kulturbereich einen offenen Brief an die holländische Regierung mit dem Titel Europa würde entscheidende Theaterleute missen, der von zahlreichen Kulturschaffenden unterzeichnet wurde.[5]
Im Jahr 2020 übernahm von Düffel als „Writer in residence“ die Heinrich-Heine-Gastdozentur an der Leuphania Universität Lüneburg[6]
Intentionalität als Absichtlichkeit. Erkenntnistheoretische Untersuchungen im Rahmen eines einheitlichen Grundverständnisses von Subjektivität, Stuttgart [u.a.]: Kohlhammer 1991 (Münchener philosophische Studien, N.F., 6) (Dissertation)
Theaterstücke
Oi, Theaterstück, Gifkendorf 1995
Solingen, Theaterstück, Gifkendorf 1995
Missing Müller, Theaterstück, Gifkendorf 1997
Die Unbekannte mit dem Fön, Theaterstück, Gifkendorf 1997
Shakespeare, Mörder, Pulp & Fiktion, Theater Basel 1997, Shakespeares Mörderszene aus Richard III weitergesponnen im Licht von Quentin Tarantinos Pulp fiction, Merlin Verlag 2010
Born in the RAF, Theaterstück, Gifkendorf 1999
Rinderwahnsinn, Theaterstück, Gifkendorf 1999
Balkonszenen, Theaterstück, Bonn 2000
Sieben Sonette nach William Shakespeare, 2000, Stuttgart 2008, Grenzlandtheater Aachen 2015
Schuh des Manitu, Musical 2008
Ich, Heinz Erhardt, Pforzheim/Oldenburg 2009
Das Leben des Siegfried, 2009
Traumjobs, 2009
Alle sechzehn Jahre im Sommer, Theaterstück, Uraufführung, Koblenz 2012/2013
Weltkrieg für alle. Eine kurze Geschichte des Friedens, UA am 18. Mai 2014, Hessisches Staatstheater Wiesbaden
Der Schimmelreiter (nach Theodor Storm), UA am 15. Januar 2008, Thalia Theater, Hamburg
Herz der Finsternis (nach Joseph Conrad), UA am 17. September 2009, Deutsches Theater, Berlin
König Shakespeare oder Alles ist wahr, UA am 20. März 2010, Salzburger Landestheater
Anna Karenina (nach Lew Nikolajewitsch Tolstoi), UA am 15. April 2012, Salzburger Landestheater
Orest (nach Sophokles, Aischylos, Euripides), UA am 14. September 2013, Bayerisches Staatsschauspiel
Kirschgarten – Die Rückkehr (nach Anton Pawlowitsch Tschechow), UA am 7. Februar 2014, Hans Otto Theater Potsdam, R: Tobias Wellemeyer
Die Bakchen (Pussy Roit) (nach Euripides), UA am 16. April 2015, Theater Ulm, ebook Rowohlt 2016
Römische Trilogie, basierend auf William Shakespeares Coriolan, Julius Caesar und Antonius und Cleopatra, UA am 22. Oktober 2016, Staatstheater Nürnberg
König Lear (nach Shakespeare), UA am 9. September 2017, Theater Koblenz
It Can’t Happen Here. Nach einem Roman von Sinclair Lewis, Fassung: Christopher Rüping und John von Düffel, Dramaturgie: John von Düffel, Deutsches Theater Berlin, Kammerspiele, 20. September 2017[8]
Rom, basierend auf William Shakespeares Coriolan, Julius Caesar und Antonius und Cleopatra, Bearbeitung John von Düffel; Fassung Karin Henkel, John von Düffel, UA am 16. März 2018, Deutsches Theater Berlin
Wolf unter Wölfen, Libretto nach dem gleichnamigen Roman von Hans Fallada zur Oper von Søren Nils Eichberg, UA am 23. November 2019, Theater Koblenz
Zeit des Verschwindens, Roman, Köln 2000, Taschenbuch dtv, 2002, 3. Auflage 2008
Ego, Roman, Köln 2001
Wasser und andere Welten, Essays, Köln 2002
Houwelandt, Roman, Köln 2004
Hotel Angst, Novelle, Köln 2006
Neuauflage, illustriert von Isabel Kreitz, DuMont Buchverlag, Köln 2010 ISBN 978-3-8321-9581-6, Taschenbuch dtv, 2. Auflage 2016
Beste Jahre, Roman, Köln 2007, Taschenbuch dtv, 2010
Wovon ich schreibe, Poetik, DuMont Verlag Köln 2009 (Transkription und Überarbeitung von vier frei gehaltenen Vorträgen im Rahmen der Poetikprofessur an der Universität Bamberg 2008) ISBN 978-3-8321-8088-1
Goethe ruft an, Roman, DuMont Buchverlag, Köln 2011, ISBN 978-3-8321-8568-8
Wassererzählungen, Erzählungen, DuMont Buchverlag, Köln 2014, ISBN 978-3-8321-9744-5 (elf Geschichten)
KL. Gespräch über die Unsterblichkeit, DuMont Buchverlag, Köln 2015, ISBN 978-3-8321-9784-1, auch: Taschenbuch dtv, 2017
Klassenbuch. Roman, DuMont Buchverlag, Köln 2017, ISBN 978-3-8321-9834-3[9]
Der brennende See, Roman, DuMont Verlag, Köln 2020, ISBN 978-3-8321-8122-2[10]
Die Wütenden und die Schuldigen, Roman, DuMont Buchverlag, Köln 2021, ISBN 978-3-8321-8163-5.[11]
Essayistik (Auswahl)
Wie Dramen entstehen von John von Düffel und Klaus Siblewski. Luchterhand Verlag München, 2012. ISBN 978-3-630-87364-0
Geschichten vom Sterben | Petra Anwar mitJohn von Düffel | Piper Verlag München, 2013. ISBN 978-3-492-05577-2 (Eine Palliativmedizinerin erzählt 12 Geschichten vom Sterben)
Wasser lesen lernen, Plädoyer fürs Schwimmen, FAZ Stil, 13. August 2017 faz.net
Übersetzungen
Richard Brinsley Sheridan: Die Lästerschule (engl.: The School for Scandal), Berlin 1995
Herman Melville: Bartleby, Gifkendorf 1998 (zusammen mit Peter von Düffel)
Thurston Clarke: Die Insel, Hamburg 2003 (zusammen mit Peter von Düffel), Taschenbuch Piper Verlag, München 2014
Alan Bennett: Was, Was oder die Krankheit von König Georg III (Originaltitel: The Madness of George III), Reinbek bei Hamburg (zusammen mit Peter von Düffel)
Jason Hall: 10,11,12 Third Floor, Hamburg 2011 (zusammen mit Peter von Düffel)
Herausgeberschaft
Charles Sprawson: Ich nehme dich auf meinen Rücken, vermähle dich dem Ozean, Hamburg 2002
Hörspiel (Auswahl)
Hüben wie Drüben. Regie: Gottfried von Einem. Sprecher: Marie Gode, Evy Gotthardt, Peter Franke, Heinz Schubert. Radio Bremen. 1992.
Kleine Phantasie mit Folgen. Regie: Gottfried von Einem. Sprecher: Ellen Schulz, Konstantin Graudus. Radio Bremen. 1996.
Die Unbekannte mit dem Fön. Regie: Gottfried von Einem. Sprecher: Martin Reinke, Werner Wölbern, Christiane Leuchtmann, Matthias Matschke. Mitteldeutscher Rundfunk. 2001.
Schrei der Gänse. Sprecher: Marion Breckwoldt, Fritz Fenne, Radio-Tatort. Radio Bremen. 2008.
Die Unsichtbare. Radio-Tatort. Radio Bremen. 2009.
Das fünfte Gebot. Radio-Tatort. Radio Bremen. 2010.
Wer sich umdreht oder lacht … Radio-Tatort. Radio Bremen. 2011.
Ein klarer Fall. Radio-Tatort. Radio Bremen. 2012.
Geisterstunde. Radio-Tatort. Radio Bremen. 2013.
Die Katze des Libanesen – Regie: Christiane Ohaus, Radio-Tatort, Radio Bremen. 2014.
Die Toten ruhen – Regie: Christiane Ohaus, Radio-Tatort, Radio Bremen. 2015.
Warwer Sand Radio-Tatort. Radio Bremen. 2016.
Personenschaden , Radio-Tatort, Radio Bremen 2017[12]
Autoren schreiben mit Schülern - Acht Experimente, Autorenprojekt „Ich bin so jung und die Welt ist so alt“, Projekt der Kulturstiftung des Bundes in Kooperation mit dem PEN-Zentrum Deutschland anlässlich des Büchnerjahres 2013, www.kulturstiftung-bund.de/autorenprojekt (Youtube-Statement)
William Shakespeare: Macbeth, Gespräch mit Ulrike Draesner und John von Düffel, Literaturhaus Stuttgart am 17. Januar 2017[14]
Preise
1998: Ernst-Willner-Preis beim Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb
1998: Aspekte-Literaturpreis
1999: Mara-Cassens-Preis
1999: Förderpreis des Landes Nordrhein-Westfalen für Literatur
2005: Preis Das neue Buch des Verbands deutscher Schriftsteller Niedersachsen/Bremen
2006: Nicolas-Born-Preis des Landes Niedersachsen
Literatur
Stefanie Ablass: Ökonomisierung des Körpers: Interdependenzen von ökonomischer und physischer Sphäre im Wirtschaftsroman. In: Evi Zemanek, Susanne Krones (Hrsg.): Literatur der Jahrtausendwende. Themen, Schreibverfahren und Buchmarkt um 2000. Transcript, Bielefeld 2008, S. 163–177.
David-Christopher Assmann: Rausch und Arbeit, harte Arbeit. John von Düffels Authentifizierungsgeste. In: Seminar. A Journal of Germanic Studies, 47(2011), Nr. 3, S. 365–378.
Iuditha Balint: Innenraum und Oberfläche. Inkorporierte Ökonomie in Werken von John von Düffel, Ernst-Wilhelm Händler, Ewald Palmetshofer und Elfriede Jelinek. In: Cornelia Logemann u.a. (Hrsg.): Körper-Ästhetiken. Allegorische Verkörperungen als ästhetisches Prinzip. transcript, Bielefeld 2013, S. 93–107.
Maria Behre, Volkan Goll, Tobias Leng: Ethik & Philosophie in der Literatur: John von Düffel: Klassenbuch. In: Ethik & Unterricht, 2018, Heft 1: Netzwerke, S. 51 und Material S. 4 f.
Stephanie Catani, Friedhelm Marx (Hrsg.): Familien Erzählen. Das literarische Werk John von Düffels (= Poiesis 6). Wallstein, Göttingen 2010.
Anne Fleig: Nabelschau – Fitness als Selbstmanagement in John von Düffels Romansatire EGO. In: Paula-Irene Villa (Hrsg.): schön normal. Manipulationen am Körper als Technologien des Selbst. Transcript, Bielefeld 2008, S. 85–98.
Walburga Freund-Spork: …der schwarze Strom meiner Kindertage floß in der Unterschiedslosigkeit von Wirklichkeit, Erinnerung und Traum. John von Düffels „Vom Wasser“ (1998), in: Freund, Wieland und Freund, Winfried (Hrsg.): Der deutsche Roman der Gegenwart (= UTB 2251). Fink, München 2001, S. 207–213.
Rüdiger Sareika (Hrsg.): Buddenbrooks, Houwelandt & Co. Zur Psychopathologie der Familie am Beispiel des Werks von Thomas Mann und John von Düffel (= Tagungsprotokolle – Institut für Kirche und Gesellschaft). Institut für Kirche und Gesellschaft, Iserlohn 2007.
Achim Stricker: ,Wir kehren immer zum Wasser zurück.' – Erinnern, Wiederholen und Verdrängen in John von Düffels Romanen Ego und Vom Wasser. In: Robert André, Christoph Deupmann (Hrsg.): Paradoxien der Wiederholung (= Neues Forum für allgemeine und vergleichende Literaturwissenschaft 17). Universitätsverlag Winter, Heidelberg 2003, S. 137–156.
Martina Wagner-Egelhaaf: Auf der Intensivstation. Oder: Die Autormaschine. Zu John von Düffels Missing Müller (Müllermaschine) (1997). In: Martin Hellmold u.a. (Hrsg.): Was ist ein Künstler? Das Subjekt der modernen Kunst. Fink, München 2003, S. 195–211.
Video Diskussion im ZDF Nachtjournal über die Frage: Wie schreibt man einen Roman? Mit Julia Franck, Hanns-Josef Ortheil, Moritz Rinke, John von Düffel (16. März 2009)in der ZDFmediathek,abgerufen am 30.Januar 2014.(offline)
3Sat (lin) (Mementodes Originals vom 27. September 2007 im Internet Archive)Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.3sat.de, vom 16. September 2005
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