Karl Bernhard Seidenstücker (* 23. März 1876 in Gerbstedt; † 29. Oktober 1936 in Leipzig) war ein Pionier des Buddhismus in Deutschland, Indologe, Autor und Übersetzer. Mit dem auf seine Initiative 1903 gegründeten „Buddhistischen Missionsverein für Deutschland“ schuf er die ersten organisatorischen Strukturen für die Entwicklung des Buddhismus im deutschen Sprachraum.
Karl Bernhard Seidenstücker wurde als Sohn des Oberpfarrers Karl Seidenstücker in Gerbstedt geboren. Nach dem Abitur in den Franckesche Stiftungen in Halle studierte er Naturwissenschaften, Philosophie, Medizin und Philologie in Göttingen, Leipzig und Halle.[1]
Durch sein Studium angeregt, begann sich Seidenstücker intensiv mit der Indologie und der Verbreitung des Buddhismus zu beschäftigen und übersetzte auch Bücher, die den Buddhismus zum Inhalt hatten, aus dem Englischen. Ab 1908 war er mit Martha Dönig verheiratet, ihnen wurden ein Sohn und zwei Töchter geboren. 1913 wurde Seidenstücker mit einer Dissertation über Das Udana, eine kanonische Schrift des Pali-Buddhismus an der Universität Leipzig promoviert.
Unter dem Pseudonym Bruno Freydank übte er Kritik am Christentum. Obwohl Seidenstücker auch Kritik an Fehlentwicklungen des Buddhismus in Asien äußerte, erklärte er den Buddhismus zur „Religion der Zukunft“.
1903, etwa zeitgleich mit dem Eintritt des ersten deutschen Mönchs (Bhikkhu Nyânatiloka) in den buddhistischen Orden, war Seidenstücker maßgeblich an der Gründung der ersten deutschen buddhistischen Vereinigung, dem „Buddhistischen Missionsverein“, beteiligt.[2] Seidenstücker brachte in Zusammenarbeit mit theosophischen Kreisen einige buddhistische Zeitschriften (Der Buddhist, Buddhistische Welt) heraus, wurde aber bald zu einem scharfen Kritiker der Theosophen. Als Vortragender zum Thema Buddhismus war Seidenstücker vor allem in Leipzig, Berlin und Halle vielgefragt.
Unter wechselnden Namen, wie „Buddhistische Gesellschaft“ und „Mahabodhi Gesellschaft“, versuchte Seidenstücker, insbesondere in den Jahren 1906 und 1907, eine buddhistische Organisation zu schaffen, die in alle Teile Deutschlands ausstrahlen sollte. 1909 gründete er gemeinsam mit Walter Markgraf die Deutsche Pali-Gesellschaft (DPG). Diese sollte sich, entsprechend dem britischen Vorbild der Pali Text Society, der Erforschung des Buddhismus und der Herausgabe buddhistischer Texte widmen, wurde jedoch bereits 1913, nachdem Seidenstücker seinen Rückzug angekündigt hatte, wieder aufgelöst. 1921 gründete er mit Georg Grimm die „Altbuddhistische Gemeinde“ in Utting am Ammersee.
Mitte der 1920er Jahre vollzog Karl Seidenstücker, der in einem protestantischen Pfarrhaus aufgewachsen und zwei Jahrzehnte lang bekennender Buddhist war, eine zweite Konversion. Er wandte sich dem katholischen Glauben zu, den er bis zu seinem Tod 1936 praktizierte.[3] Aus diesem Grund widmete damals niemand aus der buddhistischen Gemeinschaft in Deutschland ihrem „Gründervater“ einen Nachruf.
Personendaten | |
---|---|
NAME | Seidenstücker, Karl |
ALTERNATIVNAMEN | Girimananda (Pseudonym); Bruno Freydank (Pseudonym) |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Buddhist, Autor und Übersetzer |
GEBURTSDATUM | 23. März 1876 |
GEBURTSORT | Gerbstedt, Sachsen-Anhalt |
STERBEDATUM | 29. Oktober 1936 |
STERBEORT | Leipzig |