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Luise Adelgunde Victorie Gottsched, geb. Kulmus (* 11. April 1713 in Danzig; † 26. Juni 1762 in Leipzig), war eine deutsche Schriftstellerin im frühen Zeitalter der Aufklärung. Als Mitarbeiterin ihres Mannes Johann Christoph Gottsched und zunehmend eigenständig schrieb sie Zeitungsartikel und übersetzte bzw. bearbeitete zeitgenössische literarische und wissenschaftliche Werke. Luise F. Pusch nennt sie „eine der bedeutendsten deutschsprachigen Schriftstellerinnen des 18. Jahrhunderts.“[1]

Luise Adelgunde Victorie Gottsched, Ölbild vonElias Gottlob Haußmann (um 1750)
Luise Adelgunde Victorie Gottsched, Ölbild von
Elias Gottlob Haußmann (um 1750)

Leben und Leistungen


Luise Adelgunde Victorie Kulmus wurde am 11. April 1713 in Danzig als Tochter des Arztes Johann Georg Kulmus und seiner Ehefrau Katharina Dorothea, geb. Schwenk, geboren. Ihr Onkel war der Anatom Johann Adam Kulmus (1689–1745). Das sprachlich und musisch sehr begabte Kind erhielt frühzeitig Unterricht in Französisch, Englisch und Griechisch sowie im Klavier- und Lautenspiel. Luise komponierte kleine Stücke und schrieb Gedichte. Im Alter von 16 Jahren lernte sie Johann Christoph Gottsched kennen, heiratete ihn sechs Jahre später nach dem Tod ihrer Eltern und zog mit ihm nach Leipzig, nachdem er dort eine Stelle als ordentlicher Professor für Logik und Metaphysik erhalten hatte.

In Leipzig förderte ihr Mann ihre weitere Ausbildung. Sie hörte seine Vorlesungen über Philosophie, Rhetorik, Poetik, Stilistik und nahm Anteil an seinen großen Projekten: die verbindliche deutsche Hochsprache und die Bühnenreform nach französischem Muster. Sie lernte in kurzer Zeit Latein und erhielt von einem Bach-Schüler Musikunterricht. Als seine Sekretärin und Assistentin arbeitete sie ihrem Mann zu und übernahm zunehmend größere Aufgaben. Gottsched hatte zu dieser Zeit, zusammen mit Wolff, als Repräsentant der Aufklärung großen Einfluss auf die wissenschaftliche und literarische Szene, war Herausgeber verschiedener Zeitschriften und gut vernetzt im Druckerei- und Verlagswesen. Die „Gottschedin“ bzw. „die geschickte Freundin“, wie sie in den Vorbemerkungen ihres Gatten zu ihren Veröffentlichungen genannt wurde, stand anfangs in seinem Schatten, konnte sich durch die Publikationen aber auch profilieren und es wurde immer mehr offenbar, welchen Anteil sie an den Arbeiten ihres Ehemanns hatte: Sie führte die Korrespondenz, baute die Bibliothek auf, schrieb Schriftstücke ab und beteiligte sich an Übersetzungen von Büchern und Zeitschriften aus verschiedenen europäischen Sprachen. Zu seinen Werken wie Sprachkunst, Kritische Historie der deutschen Sprache oder die sechs Bände der Deutschen Schaubühne führte sie eigenständige Voruntersuchungen durch oder schrieb Beiträge dazu.[2] Von den 635 Artikeln zu dem umfangreichen vierteiligen Werk Herrn Peter Baylens ... Historisches und Critisches Wörterbuch, nach der neuesten Auflage von 1740 ins Deutsche übersetzt, das im Zeitraum von 1741 bis 1744 erschien, stammen 330 von ihr.

Aber erst durch eigene Veröffentlichung von Dramen und Übersetzungen wissenschaftlicher Werke wurde sie zu einer angesehenen Person des literarischen Lebens und fand in der Zeit der Empfindsamkeit, als Gottscheds Autorität nachließ, mehr öffentliche Beachtung mit Widmungen,[3] Ehrungen und Auszeichnungen als ihr Mann. Diese Resonanz beruht vor allem auf einer Reihe von zu ihrer Lebenszeit viel gespielten und z. T. zunächst anonym veröffentlichten Komödien (sog. „sächsische Typenkomödie“) und Tragödien (z. B. Panthea). Ihr bekanntestes Stück, Die Pietisterey im Fischbein-Rocke, ist eine antipietistische Satire im Sinne der Aufklärung nach einer französischen Vorlage von Guillaume-Hyacinthe Bougeant.[4] Die fachwissenschaftlich interessierten Leser würdigten ihre enzyklopädischen Publikationen, z. B. ihre Übersetzung der 10-bändigen Geschichte der königlichen Akademie der schönen Wissenschaften zu Paris mit Abhandlungen zu den freien Künsten, gelehrten Sprachen zu historischen Themen. Wenn man die literarische und wissenschaftliche Breite ihres Werkes betrachtet, erscheint das Lob der Kaiserin Maria Theresia 1747 bei einer Audienz in Wien, sie sei die gelehrteste Frau Deutschlands, zwar im Superlativ aus der Situation heraus erklärbar, aber in der Formulierung „eine der gelehrtesten…“ sicherlich zutreffend. Die meiste Zeit verbrachte die Gottschedin, die sich zunehmend von ihrem Mann emanzipierte und im Gegensatz zu ihm die Änderung des Zeitgeschmacks akzeptierte und Autoren der Empfindsamkeit wie Milton, Haller, Gellert und Klopstock positiv bewertete, am Schreibtisch oder in der Universitätsbibliothek in Leipzig, nur unterbrochen von wenigen Reisen z. B. nach Wien (1749), einer Tour, auf der sie von ihren Bewunderern gefeiert wurde, über Erfurt, Gotha und Kassel nach Hannover, über Braunschweig, Halberstadt, Dresden zurück nach Leipzig (1753), einem Besuch bei ihrer Freundin Dorothea Henriette von Runckel in Görlitz (1754).

Das Grundproblem der Schriftstellerin war die geteilte Loyalität zwischen der Dogmatik des Gatten und eigenen Beurteilungen. Der eitle Gottsched forderte ihre uneingeschränkte Unterstützung im Kampf gegen die empfindsamen Dichter. Diese konnte sie ihm aber nur der Öffentlichkeit gegenüber geben. Intern stimmte sie seinen Kritikern zu, dass man wahre Dichtung nicht nach seinem Regelsystem schaffen könne. Gottscheds einseitige Vernunftorientierung und sein pädagogischer Impetus, den er starrsinnig vertrat, seine Ablehnung wilder, nicht regelgerechter Literatur, z. B. Shakespeares, störten sie zunehmend. Trotzdem verfasste sie einen satirischen offenen Brief an Lessing, weil dieser immer wieder ihren Mann verspottete. Eine späte Erfüllung fand sie in ihrer dreijährigen Arbeit an der Geschichte der lyrischen Dichtkunst der Deutschen, doch zur Zeit des Siebenjährigen Krieges und der Besetzung Leipzigs durch preußische Truppen fand sie wegen des finanziellen Risikos eines so speziellen Werkes keinen Verleger. Seit 1760 litt sie an einem Nervenfieber. Ihrer Freundin Dorothea deutete sie in den von dieser posthum veröffentlichten Briefen an, die tiefere Ursache ihrer Krankheit sei ihre ununterbrochene Arbeit, der Schmerz über ihre unglückliche Ehe und die Demütigungen durch die Affären ihres Mannes. Am 26. Juni 1762 starb sie nach mehreren Schlaganfällen und teilweiser Lähmung in Leipzig.


Werke



Lyrik



Dramen



Briefe



Übersetzungen bzw. Bearbeitungen literarischer Werke



Übersetzungen bzw. Bearbeitungen wissenschaftlicher Werke und eigene Zeitschriftenbeitrage



Neuere Ausgaben



Literatur



Varia


Der Deutsche Übersetzerfonds vergibt das Luise-Adelgunde-Victorie-Gottsched-Stipendium in Höhe von 3000 €. Es ist gedacht als Bildungsurlaub für professionelle Literaturübersetzer.



Commons: Luise Adelgunde Victorie Gottsched – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise


  1. Siehe Weblink Fembio
  2. Zur Geschichte der Universität Leipzig: Frauen und Universität im Jahrhundert der Aufklärung (Memento des Originals vom 26. September 2007 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.uni-leipzig.de.
  3. z. B. widmete Benjamin Ephraim von Krüger ihr, seiner hochgeschätzten Gönnerin, sein Trauerspiel Vitichab und Dankwart, die Allemannischen Brüder (Dyck Leipzig 1746).
  4. Vulliod, A. (1912): la femme docteur. Mme. Gottsched et son modèle français bougeant ou jansénisme et piétisme. Lyon: Rey
Personendaten
NAME Gottsched, Luise Adelgunde Victorie
ALTERNATIVNAMEN Gottschedin
KURZBESCHREIBUNG deutsche Schriftstellerin
GEBURTSDATUM 11. April 1713
GEBURTSORT Danzig
STERBEDATUM 26. Juni 1762
STERBEORT Leipzig

На других языках


- [de] Luise Adelgunde Victorie Gottsched

[en] Luise Gottsched

Luise Adelgunde Victorie Gottsched (born Kulmus, 11 April 1713 – 26 June 1762) was a German poet, playwright, essayist, and translator,[1] and is often considered one of the founders of modern German theatrical comedy.[2]

[fr] Luise Gottsched

Luise Adelgunde Victoria Gottsched, née Kulmus le 11 avril 1713 à Dantzig et décédée le 26 juin 1762 à Leipzig, est une femme de lettres prussienne.

[ru] Готтшед, Луиза

Луиза Готтшед (нем. Luise Adelgunde Victorie Gottsched, 11 апреля 1713 — 26 июня 1762) — немецкая поэтесса, драматург, эссеистка и переводчица. Часто упоминается как одна из основателей современного немецкого театра комедии[4][5].



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