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Milo Dor (* 7. März 1923 als Milutin Doroslovac in Budapest; † 5. Dezember 2005 in Wien) war ein österreichischer Schriftsteller serbischer Herkunft, zudem Übersetzer, Mittler zwischen verschiedenen Literaturen und Anwalt österreichischer Autoren. Er verfasste zahlreiche sozialkritische Romane, ohne das Unterhaltsame zu verschmähen. Am bekanntesten wurde er mit seiner Trilogie Raikow-Saga, die 1979 auch in einem Band erschien, und knapp 10 Jahre später durch sein Eingreifen in die Waldheim-Affäre.


Leben


Der Sohn eines Chirurgen und einer Mutter, die einen Kosmetiksalon führte, wuchs im Banat und später in Belgrad auf. Er besuchte das Gymnasium. Bereits als Schüler war er Mitglied der Kommunistischen Jugend und versuchte sich als Lyriker in serbokroatischer Sprache. 1940 wurde er der Schule verwiesen, weil er einen Schulstreik organisiert hatte. 1941 legte er als Externer sein Abitur ab. Er war in der jugoslawischen Widerstandsbewegung gegen die deutsche Besatzung aktiv. Im März 1942 durch die Belgrader Spezialpolizei verhaftet, die der deutschen Gestapo unterstand, erlitt er Gefängnis- und Lageraufenthalte, dabei auch Folter. 1943 schoben ihn die Deutschen als Fremdarbeiter nach Wien ab. 1944 folgte eine erneute Verhaftung mit anschließender Schutzhaft.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs blieb Dor in Österreich. Er studierte bis 1949 Theaterwissenschaft und Romanistik an der Universität Wien und war gleichzeitig als deutsch schreibender Journalist tätig. Er war mit Hans Weigel sowie Reinhard Federmann befreundet, mit dem er zahlreiche Bücher gemeinsam schrieb.[A 1] Franz Theodor Csokor und Erich Kästner förderten ihn. Ab 1951 war er Mitglied der Gruppe 47.

Sein erster, dokumentarisch angelegter Roman Tote auf Urlaub von 1952 fand starke Beachtung. Allerdings sei ihm auch mit seinem dritten, autobiographisch geprägten Roman Die weiße Stadt von 1969 („Held“ ist ein ins schäbige Kleinbürgertum abgesunkener ehemaliger Revolutionär) nicht „der große Zeitroman“ gelungen, heißt es im Lexikon deutschsprachiger Schriftsteller.[A 2] Möglicherweise ging Dors Vielschreiben zu Lasten der Qualität. Da er sich vom Schreiben ernähren wollte, war er enorm produktiv, dabei auch als Hör- und Fernsehspielautor sowie Herausgeber und Übersetzer unermüdlich. Sein Roman Der letzte Sonntag. Bericht über das Attentat von Sarajewo von 1982 ist die Grundlage des Theaterstücks Die Schüsse von Sarajevo von seinem Sohn Milan Dor und Stephan Lack. Das Stück wurde am 3. April 2014 am Theater in der Josefstadt uraufgeführt.[1]

Flaschenpost gegen Nationalismus

Vorurteile hielt der vielsprachige Dor für das „Krebsgeschwür der Seele“. „Ich weiß nicht, ob Bücher zum Abbau der nationalen Schranken und somit zur Verständigung zwischen verschiedenen Völkern dienen können, mir stehen aber keine anderen Waffen zur Verfügung als Worte, die vielleicht eines Tages als Flaschenpost irgendwelche junge Leserinnen und Leser erreichen und sie zum Nachdenken ermuntern werden.“[2]


Persönliches


Wiener Zentralfriedhof, Ehrengrab von Milo Dor
Wiener Zentralfriedhof, Ehrengrab von Milo Dor

Dor lebte mit seiner zweiten Frau (Heirat 1955) bis zu deren Tod im Jahr 2002, dann allein, hauptsächlich bei Wien, aber auch in Rovinj auf der kroatischen Halbinsel Istrien. Sein Sohn ist der bekannte österreichische Filmemacher Milan Dor. Dor war ab 1961 Mitglied der Freimaurerloge Libertas, 1965 Gründungsmitglied der Loge Libertas Gemina, 1970 Gründungsmitglied der Loge Zu den 3 Lichtern, 2004 Gründungsmitglied der Loge Eos und Mitglied im Royal Arch.[3]

Milo Dor starb nach einem Herzinfarkt 2005 in einem Wiener Krankenhaus und wurde in einem Ehrengrab auf dem Wiener Zentralfriedhof (Gruppe 33 G, Nummer 36) beigesetzt. Sein Kollege Michael Scharang nahm in seiner Grabrede auf Dors Ader für Komik Rücksicht: „Es schnürt einem das Herz zusammen. Ein gemeinerer Gegensatz ist weder denkbar noch empfindbar als der zwischen der strahlenden Erscheinung Milo Dors und dem Umstand, daß dieser herrliche Mensch, der jeden Raum, den er betrat, allein durch seine Anwesenheit größer werden ließ, nun angewiesen ist auf die Enge eines Sarges.“[4]

Im Jahr 2014 wurde in Wien-Floridsdorf (21. Bezirk) der Milo-Dor-Weg nach ihm benannt.[5]


Auszeichnungen



Werke


Einige Bücher wurden ins Englische, Französische, Serbische, Niederländische, Dänische oder Schwedische übersetzt.


Herausgeberschaft



Übersetzungen



Literatur




Commons: Milo Dor – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Fußnoten



Anmerkungen


  1. Erläuterungen zu dieser Kooperation mit Federmann gibt Dor in seinem Buch Auf dem falschen Dampfer, siehe Auszug. (Nicht mehr online verfügbar.) In: Kritische Ausgabe 1/2003: Krieg. kritische-ausgabe.de, archiviert vom Original am 17. Februar 2006; abgerufen am 24. Februar 2018.
  2. Leipzig 1972
  3. Eine Auseinandersetzung mit Faschismus und Stalinismus
  4. 1994 von seinem Sohn verfilmt (s. Internationale Zone, abgerufen am 24. Februar 2018)
  5. Behandelt Dors vielsprachige Kindheit in der Wojwodina.
  6. Kurzbesprechung, erschienen in DER SPIEGEL 28/1959, abgerufen am 11. Juni 2011
  7. Aus der Vogelperspektive wird er der sozialen und ökologischen Zerstörungen inne, die der Mensch auf der Erde anrichtet
  8. Dor beklagt den nationalistischen Hader und den Zerfall des Bundes, scheint jedoch die NATO-Intervention zu billigen, siehe Thomas J. Schulz: "Immer auf dem falschen Dampfer" – Ein Interview mit dem österreichisch-ungarischen Schriftsteller Milo Dor. (Nicht mehr online verfügbar.) In: Zeitschrift für KulturAustausch 3/1998. ifa.de, 1998, archiviert vom Original am 5. September 2012; abgerufen am 24. Februar 2018.

Einzelnachweise


  1. Die Schüsse von Sarajevo. Auf josefstadt.org, abgerufen am 24. Februar 2018
  2. Thomas J. Schulz: "Immer auf dem falschen Dampfer" – Ein Interview mit dem österreichisch-ungarischen Schriftsteller Milo Dor. (Nicht mehr online verfügbar.) In: Zeitschrift für KulturAustausch 3/1998. ifa.de, archiviert vom Original am 5. September 2012; abgerufen am 24. Februar 2018.
  3. Günter K. Kodek: Die Kette der Herzen bleibt geschlossen. Mitglieder der österreichischen Freimaurer-Logen 1945 bis 1985. Löcker, Wien 2014, ISBN 978-3-85409-706-8, S. 41.
  4. Michael Scharang: Grabrede auf Milo Dor – gehalten in Wien am 19. 12. 2005. In: Literatur und Kritik, Salzburg, März 2006; online auf michael-scharang.at, abgerufen am 24. Februar 2018
  5. Milo-Dor-Weg im Wien Geschichte Wiki der Stadt Wien
  6. 10542/AB XXIV. GP - Anfragebeantwortung (elektr. übermittelte Version), S. 669 (PDF, ca. 6,59 MB). Am 23. April 2012 auf parlament.gv.at, abgerufen am 24. Februar 2018
  7. 10542/AB XXIV. GP - Anfragebeantwortung (elektr. übermittelte Version), S. 1530 (PDF, ca. 6,59 MB). Am 23. April 2012 auf parlament.gv.at, abgerufen am 24. Februar 2018
  8. Goldenes Ehrenzeichen für Milo Dor. Am 21. Jänner 2004 auf wien.gv.at, abgerufen am 24. Februar 2018
  9. Roman über Milo Dor. Auf perlentaucher.de, abgerufen am 24. Februar 2018
Personendaten
NAME Dor, Milo
ALTERNATIVNAMEN Doroslovac, Milutin (wirklicher Name); Alex Lutin (Pseudonym); Alexander Dormann (Pseudonym)
KURZBESCHREIBUNG österreichischer Schriftsteller
GEBURTSDATUM 7. März 1923
GEBURTSORT Budapest
STERBEDATUM 5. Dezember 2005
STERBEORT Wien

На других языках


- [de] Milo Dor

[en] Milo Dor

Milo Dor (7 March 1923 – December 2005) was a Serbian Austrian writer and translator. He described himself as "an Austrian, Viennese, and European of Serbian heritage."[1]

[ru] Дор, Мило

Ми́ло Дор (нем. Milo Dor), настоящее имя Милутин Дорословац (серб. Milutin Doroslovac; 7 марта 1923, Будапешт — 5 декабря 2005, Вена) — австрийский писатель и переводчик сербского происхождения.



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