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Rolf Italiaander (* 20. Februar 1913 in Leipzig; † 3. September 1991 in Hamburg) war ein deutscher Schriftsteller, Übersetzer, Kunstsammler, Forschungsreisender, Ethnograf sowie Aktivist der Homosexuellenemazipation.

Rolf Italiaander (rechts) 1983 im Gespräch mit George Mosse
Rolf Italiaander (rechts) 1983 im Gespräch mit George Mosse

Leben


Rolf Italiaander wurde als Niederländer in Leipzig geboren. Bereits in jungen Jahren entwickelte er Interesse für Literatur und Luftfahrt. 1928, mit 15 Jahren, erlernte er das Segelfliegen und beschrieb seine Erlebnisse in einem ersten Jugendbuch (So lernte ich Segelfliegen, 1931). Als 19-jähriger Student machte er eine Radtour durch Nordafrika, wodurch er früh mit Bevölkerung und Kultur Afrikas in Kontakt kam. Seine lebenslange Liebe zu Afrika war geboren und Basis für zahlreiche Forschungsreisen, unter anderem zu Albert Schweitzer. Während mehrerer Vortragsreisen durch Deutschland berichtete er von seinen Expeditionen.

Im Dritten Reich entstanden – teils auf Anraten des Fliegergenerals Ernst Udet, um ihm und seiner Familie Schwierigkeiten mit dem Regime zu ersparen – Werke über die Fliegerei wie Manfred Freiherr von Richthofen, der beste Jagdflieger des großen Krieges (1938) und die alliierten Lufthelden des Ersten Weltkriegs (Asse, 1939) u. a. Sie wurden vom Regime teilweise verboten und eingestampft. Bücher wie Der junge Nettelbeck (1938) und Götz von Berlichingen wurden nach dem Krieg als nationalistisch typisiert, entsprachen aber nicht den Normen des Nationalsozialismus. Befragungen durch Ministerien und Gestapo folgten. Italiaanders freundschaftliche Beziehungen zu Gegnern des Regimes (Albrecht Haushofer, Ulrich von Hassell, Carl Friedrich Goerdeler u. a.) haben dazu beigetragen.[1] Die Okkupation der Niederlande hatte neue Bedrohungen, Verhaftung und Deportation von Familienmitgliedern zur Folge.

Nach dem Krieg ließ sich Italiaander in Hamburg nieder, wo er mit Hans Henny Jahnn und anderen die Freie Akademie der Künste in Hamburg gründete. Mehr als zwanzig Jahre ihr Generalsekretär musste er 1968 von diesem Amt zurücktreten, nachdem ihn der Journalist Horst-Dieter Ebert beschuldigt hatte, ein „Hiwi des Faschismus“ gewesen zu sein.[2] Er publizierte 1948 zusammen mit Ludwig Benninghoff: Und ließ eine Taube fliegen. Ein Almanach für Kunst und Dichtung, initiierte 1950 das Erste Hamburger Lesetheater und gründete 1954 den Verband deutschsprachiger Übersetzer literarischer und wissenschaftlicher Werke, zu dessen Ehrenpräsidenten er 1962 ernannt wurde. Sein großes Interesse an Afrika zeigt sich auch in seinem Engagement für die Wiederentdeckung und Rehabilitierung des Hamburger Afrikaforschers Heinrich Barth, der in Deutschland fast ganz in Vergessenheit geraten war.

Grabstein von Rolf Italiaander und Hans Ludwig Spegg
Grabstein von Rolf Italiaander und Hans Ludwig Spegg

Die Expertise des Schriftstellers, Völkerkundlers, Kunstsammlers, Museumsgründers und Dozenten an Hochschulen vieler Länder wurde auch von deutschen Regierungen geschätzt, was 1984 mit der Verleihung des Bundesverdienstkreuzes 1. Klasse sichtbar wurde. Man sah Italiaander als einen „Abenteurer des Geistes wider alle Konventionen“ (Hanns Theodor Flemming); er selbst sah sich als „Polyhistor im Zeitalter der Spezialisten“.

Die Überschrift seiner Todesanzeige entsprach Italiaanders Ideal: „Seid umschlungen, Millionen! Diesen Kuss der ganzen Welt.“ Rolf Italiaander wurde auf dem Friedhof Ohlsdorf beigesetzt.[3]


Aktivist der Homosexuellenemanzipation


Aus Anlass der Frankfurter Homosexuellenprozesse verfasste Italiaander 1951 das Theaterstück Das Recht auf sich selbst, das am 2. April 1952 in den Kammerspielen Hamburg seine Uraufführung erlebte – das erste Mal, dass nach dem Zweiten Weltkrieg Homosexualität auf einer deutschen Bühne thematisiert wurde.[4][5][6]

Italiaander veröffentlichte regelmäßig Texte, Photographien und Zeichnungen in den homophilen Zeitschriften Der Kreis und Club 68 und plädierte 1968 mit der von ihm herausgegebenen Essaysammlung „Weder Krankheit noch Verbrechen – Plädoyer für eine Minderheit“ für die Abschaffung des § 175, der Homosexualität kriminalisierte.[7]


Museum Rade


Museum Rade in Reinbek (bis 2017)
Museum Rade in Reinbek (bis 2017)

Um seiner Kunstsammlung einen dauernden Platz zu geben, gründete Rolf Italiaander 1970 das Museum Rade im Naturpark Oberalster in einem alten Bauernhaus am Rande Hamburgs, das er zusammen mit seinem langjährigen Partner Hans Ludwig Spegg erworben hatte. Hier entstanden auch die zur Tradition gewordenen Kindertage zur Förderung künstlerischer Begabung mit Begleitung renommierter Künstler.

1987 wurde das Museum in eine Gründerzeitvilla am Reinbeker Mühlenteich verlagert, der alte Name blieb dabei jedoch erhalten. Es wird seit Italiaanders Tod von der Stiftung Sammlung Rolf Italiaander / Hans Spegg verwaltet. Seit Sommer 2017 ist das Museum dauerhaft geschlossen, die Sammlung wurde Ende 2018 ins Schloss Reinbek verlegt.[8][9]

Zur Erinnerung an mit Leipzig verbundene Künstler aus verschiedenen Bereichen werden Straßen nach ihnen benannt. Gemäß dem Beschluss vom 16. April 1997 der Stadtverwaltung wurde 1997 eine Leipziger Straße nach Rolf Italiaander benannt.


Auszeichnungen



Werke



Politische und ethnografische Schriften



Kinder- und Jugendbücher



Werke seine Sammlung betreffend



Weiteres



Literatur




Commons: Rolf Italiaander – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise


  1. Hamburger Bibliographien. Bd. 20: Rolf Italiaander. Hg. Freie Akademie der Künste in Hamburg. Hans Christians, Hamburg 1977, enthält eine Liste verbotener Manuskripte und eine Zeittafel.
  2. Dieter E. Zimmer Bis auf weiteres beurlaubt. In: Die Zeit, 1. November 1968.
  3. Das Grab von Rolf Italiaander
  4. Elmar Kraushaar: Unzucht vor Gericht. In: Elmar Kraushaar (Hrsg.): Hundert Jahre schwul. Eine Revue. Berlin 1997. ISBN 3 87134 307 2, S. 64.
  5. Dieter Schiefelbein: Wiederbeginn der juristischen Verfolgung homosexueller Männer in der Bundesrepublik Deutschland. Die Homosexuellen-Prozesse in Frankfurt am Main 1950/51. In: Zeitschrift für Sexualforschung 5/1 (1992), S. 59–73.
  6. Daniel Speier: Die Frankfurter Homosexuellenprozesse zu Beginn der Ära Adenauer – eine chronologische Darstellung. In: Mitteilungen der Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft 61/62 (2018), S. 47–72.
  7. 2mecs.de: Rolf Italiaander (1913–1991) – 2mecs, Zugriff am 17. Mai 2020
  8. Christian Thiesen: Museum Rade erwägt Umzug ins Reinbeker Schloss. 23. August 2018, abgerufen am 9. Juni 2020 (deutsch).
  9. JFMedien: ROLF ITALIAANDER. In: Sammlung Italiaander. Abgerufen am 9. Juni 2020 (deutsch).
Personendaten
NAME Italiaander, Rolf
KURZBESCHREIBUNG deutscher Schriftsteller und Kunstsammler
GEBURTSDATUM 20. Februar 1913
GEBURTSORT Leipzig
STERBEDATUM 3. September 1991
STERBEORT Hamburg



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