Sami Michael (hebr. סמי מיכאל, geboren am 15. August 1926 in Bagdad) ist ein israelischer Autor.
Sami Michael wurde am 15. August 1926 als Salâh Menasche in der irakischen Hauptstadt Bagdad geboren. Er beendete die Sekundarstufe der Schamasch-Schule, einer der jüdischen Schulen Bagdads, und legte 1945 die staatliche irakische Abiturprüfung ab. Bereits mitten im Zweiten Weltkrieg, noch als Gymnasiast, gehörte Michael zu den Führern der verbotenen kommunistischen Bewegung des Irak. Er nahm das Studium an der dortigen amerikanischen Universität auf, eines Ablegers der Amerikanischen Universität Beirut, und begann für irakische Zeitungen zu schreiben. 1948 wurde gegen ihn Haftbefehl erlassen. Dank eines vom Vater organisierten Schleusers konnte er in den Iran fliehen. Dort war er gezwungen, einen neuen Namen anzunehmen. Michael besitzt bis heute auch die irakische Staatsbürgerschaft, da er sie im Unterschied zu seinen 1951 offiziell nach Israel ausgewanderten Eltern nie aufgeben musste.
Michael hielt sich ein Jahr im Iran auf und schloss sich dort der marxistisch-leninistischen Tudeh-Partei an. 1949 emigrierte er nach Israel, u. a. aus Angst, der Iran könnte ihn an den Irak ausliefern. Den Passagieren des Flugzeuges war Paris als Reiseziel genannt worden, tatsächlich aber landete das Flugzeug in Haifa. Michael hat dies in seiner Geschichte Haifa - mein erster Tag in Israel verarbeitet, in der er schildert, wie er sich bereits in diese Stadt verliebte, als er sie aus der Luft sah. Michael ließ sich zunächst in Jaffa nieder und zog nach Haifa, als ihm die Mitarbeit an der Redaktion der arabischen kommunistischen Zeitung Al-Ittihad angeboten wurde. Verantwortlich war hierfür der arabische Schriftsteller Emil Habibi, der von zwei Beiträgen, die Michael an die Zeitung geschickt hatte, beeindruckt war. Michael wohnte im Wâdi-Nisnâs-Viertel und war der einzige jüdische Mitarbeiter, der Artikel und Kurzgeschichten für Al-Ittihad und das Monatsblatt Al-Dschadid verfasste. Unter dem Namen Samir Mard hatte er eine ständige Kolumne. 1955 verließ Michael die kommunistische Partei nach den Enthüllungen des 20. Parteitages der KPdSU und wegen der antisemitischen Politik der Sowjetunion.
1974 veröffentlichte er seinen ersten Roman, Gleiche und Gleichere, in dem er das Leben der Einwanderer der 1950er Jahre und die schwierigen Lebensbedingungen in den Auffanglagern thematisierte. Der Titel des Buches spielt auf die ungleiche Behandlung der orientalischen Einwanderer im Vergleich zu den bereit sim Land ansässigen mitteleuropäischen Juden an; zwar sind in der israelischen Demokratie alle Bürger gleichberechtigt, und doch gebe es solche, die gleicher, d. h. bessergestellt seien. Die Wendung wurde zu einem geflügelten Wort unter denen, die aus den islamischen Ländern eingewandert waren und im Israel der 1970er Jahre um Anerkennung und soziale Gerechtigkeit kämpften. Michaels zweiter Roman, Schutz (1977), wurde ein Bestseller. In seinen Werken schlagen sich zahlreiche in Kindheit und Jugend gemachten Erfahrungen nieder.
Michael lehnte die Mitgliedschaft in der regierenden Mapai-Partei ab und suchte sich einen Broterwerb, für den es keiner Zugehörigkeit zu einer politischen Partei bedurfte. Er arbeitete ein Vierteljahrhundert im hydrologischen Dienst des Landwirtschaftsministeriums; parallel dazu studierte er Wasserwirtschaft und anschließend Psychologie und arabische Literatur an der Universität Haifa. Die Schwierigkeiten, in Israel eine Arbeitsstelle zu finden, schildert er in seinem autobiographisch geprägten Roman Wasser küsst Wasser (begonnen 1981, erschienen 2001).
Sein 1987 erschienener Roman Eine Trompete im Wadi hatte auch als Theaterstück Erfolg. Es ist einer der drei Romane des Autors, die sich mit dem hauptsächlich von Arabern bewohnten Wadi-Nisnas-Stadtviertel von Haifa beschäftigen. Er schildert die Liebesgeschichte zwischen einer jungen Araberin und einem jüdischen Einwanderer aus Russland.
1992 erhielt Michael für sein Jugendbuch Sandsturm unter Palmen den Hans Christian Andersen Preis. 2008 erhielt er den Otto-Brenner-Preis.
2009 wurde Michael von der Universität Haifa die Ehrendoktorwürde für sein Lebenswerk verliehen, das, so die Begründung, die Vielfarbigkeit der israelischen Gesellschaft unter Einbezug des Einzelnen und seiner Freiheit widerspiegele. Drei weitere Hochschulen Israels ernannten ihn zum Ehrendoktor.
Über seine Schwester Nadia ist Sami Michael der Schwager des in Syrien wegen Spionage für den israelischen Geheimdienst Mossad hingerichteten Eli Cohen. In erster Ehe war er mit Malka Michael verheiratet, der Gründerin und langjährigen Leiterin des Romema-Gymnasiums in Haifa. Der Ehe entstammen eine Tochter (Diqla) und ein Sohn (Amir), beide sind ebenfalls als Lehrer tätig. In mehreren Interviews bekannte sich Michael zum Atheismus.
Sami Michael schrieb zunächst auf Arabisch, seiner Muttersprache. Er wurde 2008 zum Ehrenmitglied der Arabischen Sprachakademie Israels ernannt. Es kostete ihn fünfzehn Jahre, bis Hebräisch zur Sprache seines literarischen Ausdrucks wurde. Diesen Übergang betrachtet er bis heute als Wunder. Als sein Roman Viktoria in Kairo erschien, hieß es, dies sei ein auf Hebräisch geschriebener arabischer Roman – was Michael als Kompliment auffasste. Den Übergang vom Arabischen zum Hebräischen vollzog er mit dem Abschluss seines Universitätsstudiums.
Sami Michael übersetzte die Werke des ägyptischen Literaturnobelpreisträgers Nagib Mahfuz ins Hebräische. Beide Autoren verband eine freundschaftliche Beziehung.
Michael arbeitet täglich zu festgelegten Zeiten an seinen Romanen und schreibt mit der Hand, „aus dem Bauch heraus“, ohne die Struktur seiner Werke zu planen. Einen Rechner benutzt er nicht.
Michaels Texte beschäftigen sich zumeist mit Identitätsfragen und sozialen, ethnischen und politischen Beziehungen. Dabei versucht er Stereotype und Vorurteile aufzubrechen. Michael hat als erster jüdisch-israelischer Autor Araber zu Hauptfiguren hebräischer Romane gemacht. Er hat sich nie vom zionistischen Establishment vereinnahmen lassen.
Sein 1974 erschienener Roman Gleiche und Gleichere brach eine Reihe von Tabus und galt alsn Skandal. Thema des Buches ist die Integration aus dem Irak nach Israel eingewanderter Juden. Seit den frühen 1950er Jahren forderte Michael eine friedliche Koexistenz zwischen Juden und Arabern. Bis heute bezeichnet er sich in seinem Engagement als „Ein-Mann-Partei“. Den Kommunismus bewertet er als „schöne Illusion“: „Ich habe mich dem Kommunismus als Jude angeschlossen und ihn als Jude verlassen“ – eine Aussage, die den Umstand widerspiegelt, dass er als Jude im Irak im Kommunismus die Möglichkeit sah, dem Status des Bürgers zweiter Klasse zu entkommen, so wie es sich auch viele dem Kommunismus zugewandte arabische Bürger Israels in den 1950er und 1960er Jahren erhofften.
2001 wurde Michael zum Vorsitzenden des Verbandes für Bürgerrechte gewählt.
Im Rahmen seiner politischen Tätigkeit wurde Michael als einer der ersten israelischen Schriftsteller zu Vorträgen nach Kairo eingeladen. Während der ersten Intifada engagierte er sich in der Protestbewegung Schalom Achschaw und demonstrierte gegen Straßensperren der israelischen Armee in der Gegend von Hebron. Als einer der ersten Israelis rief er zur Gründung eines arabisch-palästinensischen Staates auf. Ende der 1980er Jahre ernannte ihn das Oberste Gericht Israels zu seinem Sachverständigen für Erziehungsfragen. Ab 1998 engagierte sich Sami Michael zusammen mit andern irakischstämmigen Israelis im Rahmen humanitärer Hilfen für sein Geburtsland. Nach dem Fall des irakischen Diktators, Saddam Hussein, wurde er eingeladen, an der neuen irakischen Verfassung mitzuarbeiten, und versuchte einen Paragraphen zum Schutz von Minderheiten jeder Art in diese einzubringen. Im März 2016 traf er in Ramallah mit dem Palästinenserpräsidenten Mahmud Abbas zusammen.[1]
Personendaten | |
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NAME | Michael, Sami |
KURZBESCHREIBUNG | israelischer Autor |
GEBURTSDATUM | 15. August 1926 |
GEBURTSORT | Bagdad |