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Wilhelm von Moerbeke (Willem van Moerbeke; * um 1215 in Moerbeke/Geraardsbergen, Brabant; † 1286 in Korinth) war ein flämischer Geistlicher und Übersetzer antiker Schriften aus dem Griechischen ins Lateinische.

Der Anfang von Aristoteles’ Schrift De anima in der lateinischen Übersetzung Wilhelms von Moerbeke. Handschrift Rom, Biblioteca Apostolica Vaticana, Vaticanus Palatinus lat. 1033, fol. 113r (Anfang des 14. Jahrhunderts)
Der Anfang von Aristoteles’ Schrift De anima in der lateinischen Übersetzung Wilhelms von Moerbeke. Handschrift Rom, Biblioteca Apostolica Vaticana, Vaticanus Palatinus lat. 1033, fol. 113r (Anfang des 14. Jahrhunderts)
Eine Seite einer spätmittelalterlichen Abschrift des Kommentars des Proklos zu Platons Dialog Parmenides in der lateinischen Übersetzung Wilhelms von Moerbeke mit eigenhändigen Randbemerkungen des Nikolaus von Kues, Mitte des 15. Jahrhunderts, Bernkastel-Kues, Bibliothek des Sankt-Nikolaus-Hospitals, Codex 186, fol. 125r
Eine Seite einer spätmittelalterlichen Abschrift des Kommentars des Proklos zu Platons Dialog Parmenides in der lateinischen Übersetzung Wilhelms von Moerbeke mit eigenhändigen Randbemerkungen des Nikolaus von Kues, Mitte des 15. Jahrhunderts, Bernkastel-Kues, Bibliothek des Sankt-Nikolaus-Hospitals, Codex 186, fol. 125r

Wilhelm trat zunächst in den Dominikanerorden ein und wirkte zwischen 1267 und 1277 als Missionar im byzantinischen Raum. Ab 1268 lebte er in Viterbo, 1274 war er beim Konzil von Lyon anwesend. Vom 9. April 1278 bis zu seinem Tod war er Erzbischof von Korinth, einem Außenposten der lateinischen Kirche in der Argolis im orthodoxen Griechenland.

Wilhelm war Gesprächs- und Korrespondenzpartner vieler Gelehrter seiner Zeit, unter anderem seines Ordensbruders, des Philosophen Thomas von Aquin, des Naturforschers Witelo und des Astronomen Heinrich von Mecheln. Letzterer widmete ihm seine Abhandlung über das Astrolabium, wie auch Witelo ihm seine Schrift über die Optik widmete. Wilhelm war ein außergewöhnlich produktiver Übersetzer von philosophischen, medizinischen und astronomischen Texten. Die Qualität seiner Übersetzungen gilt als gut.

Wilhelm übersetzte im Auftrag Thomas’ von Aquin[1] die Schriften des Aristoteles vollständig aus dem Griechischen oder revidierte bereits bestehende Übersetzungen. Damit machte er sie den lateinischsprachigen Gelehrten West- und Mitteleuropas zugänglich, was der darauffolgenden dortigen Aristoteles-Rezeption zugutekam. Zudem übertrug er auch Kommentare (etwa von Ammonios Hermeiou, Alexander von Aphrodisias und Johannes Philoponos)[2] zu Aristoteles ins Lateinische. Grund für Wilhelms Übersetzertätigkeit waren die zweifelhafte Qualität und die Lückenhaftigkeit der seinerzeit verfügbaren Texte des Aristoteles. In Mittel- und Westeuropa beherrschten nur wenige Personen Altgriechisch, zudem beruhten die meisten lateinischen Übersetzungen auf arabische Ausgaben, die zuweilen über das Syrische vermittelt wurden und daher weniger originalgetreu waren. Dies änderte sich grundlegend mit den Übersetzungen Wilhelms, der auf griechische Originaltexte zurückgreifen konnte.

Medizinische Texte, die er übersetzte, sind Galens De alimentiis und das Hippokratische Werk De prognosticationibus aegritudinum secundum motum lunae.[3]

Auch mathematische Abhandlungen des Archimedes, des Heron von Alexandria sowie die Institutio theologica des Proklos übertrug er in die lateinische Sprache. Letztere entwickelten sich zu einer der wichtigsten Quellen bei der Wiederbelebung neuplatonischer Gedanken im Spätmittelalter. Später bemängelte ein Humanist, Wilhelms Übersetzungen seien nicht „elegant“, rühmte jedoch ihre Zuverlässigkeit. Manche der griechischen Quellen Wilhelms gingen später verloren; ohne seine Arbeit wären diese Schriften heute nicht mehr zugänglich. In der älteren Forschung wurde ein Anstoß der Übersetzungsarbeit durch Thomas von Aquin unterstellt, was aber nicht belegbar ist.


Ausgaben



Siehe auch



Literatur





Einzelnachweise


  1. Gotthard Strohmaier: Avicenna. Beck, München 1999, ISBN 3-406-41946-1, S. 147.
  2. Klaus Bergdolt: Scholastische Medizin und Naturwissenschaft an der päpstlichen Kurie im ausgehenden 13. Jahrhundert. In: Würzburger medizinhistorische Mitteilungen 7, 1989, S. 155–168; hier: S. 157 f.
  3. Klaus Bergdolt (1989), S. 158
Personendaten
NAME Wilhelm von Moerbeke
ALTERNATIVNAMEN Willem von Moerbeke; Willem van Moerbeke
KURZBESCHREIBUNG flämischer Ordenspriester und Übersetzer antiker Schriften
GEBURTSDATUM um 1215
GEBURTSORT Moerbeke/Geraardsbergen
STERBEDATUM 1286
STERBEORT Korint

На других языках


- [de] Wilhelm von Moerbeke

[ru] Вильем из Мёрбеке

Ви́льем из Мёрбеке (Willem van Moerbeke, Wilhelmus de Moerbeke, 1215[1], Мёр­бе­ке[d], Брабант, Священная Римская империя[2][3] — не позднее 20 октября 1286[2], Коринф, Ахейское княжество[2]) — фландрийский монах-доминиканец, богослов, большой знаток греческого языка, переводчик на латинский язык, впоследствии — архиепископ Коринфа. Приятель Фомы Аквинского, по его просьбе перевёл ряд трудов Аристотеля, — это были первые переводы трудов Аристотеля с оригинала, а не с арабского перевода. Перевёл также математические труды Герона Александрийского и Архимеда и «Первоосновы теологии» Прокла, произведения Плутарха и др.



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