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Wolfgang Beutin (* 2. April 1934 in Bremen) ist ein deutscher Schriftsteller, Literatur- und Sprachwissenschaftler.

Wolfgang Beutin (2014)
Wolfgang Beutin (2014)

Leben


Paul-Wolfgang Ludwig Beutin wurde als ältester Sohn des Bankangestellten Paul und der Kontoristin Charlotte Beutin geboren. Sein Onkel war der Sozial- und Wirtschaftshistoriker Ludwig Beutin. Beutin wuchs in Bremen, Güstrow, Berlin und Breslau auf und wurde nachhaltig von den Erlebnissen des Zweiten Weltkriegs geprägt, die er in seinen Romanen verarbeitete, etwa in Das Jahr in Güstrow verarbeitete.[1] Wilhelm Raabe, Wilhelm Busch und Fritz Reuter waren Autoren, die ihm u. a. von seinem Großvater nahegebracht wurden.[2] In der Nachkriegszeit jobbte er in diversen Aushilfsjobs, zum Beispiel als Blumenbote.

Beutin ging u. a. in Bremen zur Oberschule und legte 1953 das Abitur ab. Es folgten Studien der Germanistik und Geschichtswissenschaft an den Universitäten Hamburg und Saarbrücken. 1963 wurde er mit der Dissertation Königtum und Adel in den historischen Romanen von Willibald Alexis zum Dr. phil. promoviert.[1] Von 1963 bis 1968 war er wissenschaftlicher Assistent bei Ulrich Pretzel,[3] von 1971 bis 1999 Dozent im Germanischen Seminar (heute Institut für Germanistik) der Universität Hamburg. 1973 hatte er eine Gastprofessur in Göttingen inne, von 1990 bis 2006 eine Gastdozentur für das Gebiet Sprachkritik an der Universität Lüneburg. 1996 habilitierte er sich an der Universität Bremen mit einer Untersuchung über „Sexualität und Obszönität“ und lehrt dort seitdem als Privatdozent.[1]

Bereits im Jahr 1960 hatte Beutin gemeinsam mit Theodor W. Adorno, Georg Borchardt und Klaus Paulmann in einem Beitrag Juden unerwünscht gegen den Verband Deutscher Tonkünstler und Musiklehrer (VDTM) Stellung bezogen, weil dieser den 100. Geburtstag des Komponisten Gustav Mahler sowie den 150. Geburtstag von Felix Mendelssohn Bartholdy unterschlagen hatte.[4] In seiner Studienzeit war Beutin besonders vom Aktivisten und Schriftsteller Kurt Hiller beeinflusst. Unter anderem arbeitete Kurt Hiller an Beutins hektographierter Zeitschrift LYNX mit.[5]

Neben seiner wissenschaftlichen und literarischen Tätigkeit war und ist Beutin vielseitig engagiert, so zum Beispiel in der Friedensbewegung, in Gewerkschaften (ver.di, GEW) und in literarischen Gesellschaften wie Fritz Reuter Gesellschaft, Forum Vormärz Forschung, Kurt-Hiller-Gesellschaft, Oswald-von-Wolkenstein-Gesellschaft, Kurt-Tucholsky-Gesellschaft.

Beutin ist seit 1978 in zweiter Ehe mit der Wissenschaftspublizistin, Kommunalpolitikerin und ver.di-Gewerkschafterin Heidi Beutin verheiratet. Sein Sohn Olaf aus erster Ehe arbeitet als Architekt, sein Sohn Lorenz Gösta Beutin aus zweiter Ehe seit 2017 als Historiker und Politiker.[1]


Wissenschaftliche Schwerpunkte


Beutins Schwerpunkte in Lehre und Forschung sind die Literaturgeschichte der frühen Neuzeit und des 18., 19. und 20. Jahrhunderts, Frauenmystik, psychoanalytische Literaturwissenschaft und erotische Literatur[6].[7] Er ist Autor zahlreicher Monographien und Aufsätze sowie Beiträger zu Anthologien wie Das Christentum im Urteil seiner Gegner (1969/71) von Karlheinz Deschner, oder zu Standardwerken wie Deutsche Literaturgeschichte. Von den Anfängen bis zur Gegenwart, die in zahlreiche Sprachen übersetzt wurde.

Dem Lyriker und Literaturwissenschaftler Hans Wolffheim (1904–1973) widmete Beutin gemeinsam mit Wolffheims Tochter Franziska einen Sammelband sowie eine Ausstellung und Vortragsreihe an der Universität Hamburg 2012/2013.[8][9] Im Jahr 2018 erschien der gemeinsam mit seiner Frau Heidi verfasste Band Fanfaren einer neuen Freiheit. Deutsche Intellektuelle und die Novemberrevolution.[10] „Das Buch liest sich wie ein ‚Who is who‘ der Intellektuellen in der Revolution und der frühen Weimarer Republik. Eine wahre Fundgrube“, urteilte der Kritiker Werner Abel.[11] Seine berufliche Laufbahn begleiteten seit den 1970er Jahren bis 1999 diverse arbeitsgerichtliche Auseinandersetzungen im Zuge der Berufsverbote in der Bundesrepublik Deutschland, die 1999 mit einem Vergleich und Schadensersatzzahlung seitens der Universität Hamburg endeten.[1] Beutin verarbeitete den Fall literarisch in seinem Buch Das Hamburger Totengericht[12] (2011). Der Vorwurf lautete „Parawissenschaftlichkeit“, weil er marxistische Literaturtheorie mit psychoanalytischer Textuntersuchung verband.[13][3]


Wirken als Schriftsteller


Romane, Essays, Aphorismen sowie Hör- und Fernsehspiele gehören zu Beutins belletristischen Werken. Seine Romane behandeln meist historische Themen, etwa zur Bremer Räterepublik und Johann Knief.[14] In mehreren Romanen, begonnen mit Das Jahr in Güstrow[15] (1985) verarbeitet er autobiographische Erlebnisse und Familiengeschichte – die Geschichte der Familie Beelzow[16]. Die Geschichte des Geistlichen Leonhard Roth, der sich als ehemaliger Häftling des KZ Dachau um die Errichtung der Gedenkstätte verdient machte, widmete er sich u. a. im Hörspiel Ein guter Engel wird abgesägt (1964) und 1978 in seinem Roman Unwahns Papiere. Zum 50. Todestag des Paters Roth referierte Beutin in Dachau über die publizistische und wissenschaftliche Verarbeitung des Falls.[17]


Auszeichnungen


1956 und 1957 wurde Beutin mit dem Kurt-Tucholsky-Preis ausgezeichnet.[18]


Rezeption


Der Literaturkritiker Hans Wollschläger schrieb 1999 anlässlich seines Ausscheidens aus der Lehrtätigkeit an der Universität Hamburg:

„An (Deinem Lebenswerk) zu rühmen ist die, musikalisch verstanden, präzise Satztechnik Deines Stils, die der Präzision der Gedanken die konforme Abbildung ermöglicht, zu rühmen aber nicht weniger ein Zug, den ich der Charakteristik der Klarheit an die Seite stellen möchte: die Menschenfreundlichkeit, mit der sich Dein Wissen übermittelt und in der, wer Dich kennt, Dich selber lebendig sprechen sieht. (…) Du hast, als Lehrer, das Lesen beigebracht, die richtige Lektüre der Worte und der Taten; die Welt selbst ist durch Deine Arbeiten lesbarer geworden.“[19]


Veröffentlichungen (Auswahl)



Wissenschaft



Monographien


Herausgeberschaften


Aufsätze und Beiträge


Belletristik (Auswahl)



Romane, Erzählungen, Sammlungen


Herausgeberschaften und Anthologien




Einzelnachweise


  1. Wolfgang Beutin - Munzinger Biographie. Abgerufen am 1. April 2020.
  2. Rolf Blase: Germanist,Historiker, Belletristiker | shz.de. Abgerufen am 1. April 2020.
  3. Wolfgang Beutin: Von der Einführung des ‚Pansexualismus‘ und des Klassenkampfs ins Sanktuarium. Oder: In welchem Lichte der Altgermanistik in Hamburg eine angebahnte Neuorientierung erschien, in: Wolfram Mauser, Carl Pietzcker: Literatur und Psychoanalyse. Erinnerungen als Bausteine einer Wissenschaftsgeschichte, Würzburg 2008, S. 107–131, hier S. 108.
  4. Adorno, Beutin, Borchardt, Paulmann: Juden unerwünscht? In: Zeit Online. 29. Januar 1960, abgerufen am 17. Mai 2020.
  5. Kurt Hiller Wolfgang Beutin. Abgerufen am 1. April 2020.
  6. Ulrike Schwalm: Aphrodite reizt den Germanisten. 17. März 2006, abgerufen am 1. April 2020 (deutsch).
  7. Universität Bremen: Fachbereich 10. Abgerufen am 1. April 2020.
  8. Rolf Blase: Germanist,Historiker, Belletristiker | shz.de. Abgerufen am 1. April 2020.
  9. Universität Hamburg: PDF-Dokument zur Wolffheim-Ausstellung. (PDF) Abgerufen am 1. April 2020.
  10. Harald Klix: Ehepaar schreibt ein Buch zum deutschen Umsturz. 27. November 2018, abgerufen am 1. April 2020 (deutsch).
  11. Werner Abel: Der Riss ging durch Familien (neues deutschland). Abgerufen am 1. April 2020.
  12. Totengericht Wolfgang Beutin. Abgerufen am 1. April 2020.
  13. Alexander Bahar: Interview mit Wolfgang Beutin in der Tageszeitung Junge Welt. (PDF) In: https://www.jungewelt.de/. Junge Welt, 9. Juni 2012, abgerufen am 1. April 2020.
  14. Ulrike Schwalm: Wolfgang Beutin schreibt über Liebe und Revolution. 5. März 2004, abgerufen am 1. April 2020 (deutsch).
  15. Das Jahr in Güstrow. Abgerufen am 1. April 2020.
  16. Rolf Blase: Germanist,Historiker, Belletristiker | shz.de. Abgerufen am 1. April 2020.
  17. Pater Leonhard Roth in der Literatur. 14. Oktober 2010, abgerufen am 1. April 2020.
  18. Wolfgang Beutin - Biografie WHO'S WHO. Abgerufen am 1. April 2020.
  19. Hans Wollschläger: Einige Randbemerkungen für Wolfgang Beutin zur Resignation, in: Wolfgang Beutin: Die Revolution tritt in die Literatur. Beiträge zur Literatur- und Ideengeschichte von Thomas Müntzer bis Primo Levi, Frankfurt a. M. u. a. 1999 (Bremer Beiträge zur Literatur und Ideengeschichte, Bd. 28), S. 11–24, hier S. 19.
Personendaten
NAME Beutin, Wolfgang
KURZBESCHREIBUNG deutscher Schriftsteller und Literaturwissenschaftler
GEBURTSDATUM 2. April 1934
GEBURTSORT Bremen



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