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Die mongolischen Sprachen bilden eine in Asien und Europa vor allem in der Mongolei, in China und Russland, vereinzelt auch in Afghanistan verbreitete Sprachfamilie von etwa 15 relativ nah verwandten Sprachen mit rund 7,5 Mio. Sprechern. Sie unterscheiden sich nicht so sehr im Wortschatz, dafür stärker in der Morphologie (Formenbildung) und Syntax.

Mongolisch

Gesprochen in

Mongolei, Russland (Kalmückien, Burjatien), VR China (Innere Mongolei), Afghanistan (Herat)
Sprecher ca. 6 Millionen
Linguistische
Klassifikation
  • umstritten (möglicherweise paläosibirische oder altaischer Herkunft)
Offizieller Status
Amtssprache in Mongolei Mongolei
Innere Mongolei (China)
Kalmückien, Burjatien (Russland)
Sprachcodes
ISO 639-1

mn

ISO 639-2

mon

ISO 639-5

xgn

Nur in der Inneren Mongolei in China ist die traditionelle mongolische Schrift Standard,[1] die mongolischen Schriftsprachen in anderen Ländern werden im kyrillischen Alphabet geschrieben.

Verbreitungsgebiete der Mongolischen Sprachen
Verbreitungsgebiete der Mongolischen Sprachen
Sprachen der Welt
Sprachen der Welt

Mongolisch als Untergruppe der altaischen Sprachen


Die mongolischen Sprachen werden oft in einen genetischen Zusammenhang mit den tungusischen und turkischen Sprachen gestellt und mit diesen als „altaische Sprachfamilie“ zusammengefasst.[2] Die zweifelsohne vorhandenen typologischen und lexikalischen Übereinstimmungen zwischen mongolischen, tungusischen und turkischen Sprachen lassen sich jedoch auch durch eine gegenseitige Beeinflussung infolge von Sprachkontakten anstatt durch genetische Verwandtschaft erklären. Dazu ausführlich der Artikel Altaische Sprachen.


Die bedeutenden Sprachen


Folgende mongolische Sprachen haben mindestens 100.000 muttersprachliche Sprecher:

SpracheSprecherzahlverbreitet in folgenden Ländern
Mongolisch5 bis 6 Mio.Mongolei (davon 2,5 bis 3 Mio. Chalcha-Dialekt),
China (Innere Mongolei)
Burjatisch450.000Russland, Mongolei, China
Oiratisch350.000Mongolei, China
Santa (Dongxiang)250.000China
Kalmückisch (Kalmyk)180.000Russland
Mangghuer150.000China
Dagurisch (Daur, Dahuren)100.000China
Ordos (Urdus)100.000China

Klassifikation


Die genetische Einheit der mongolischen Sprachen ist völlig unstrittig, allerdings wird die innere Struktur dieser Sprachfamilie – vor allem auch wegen der relativ großen Ähnlichkeit der meisten Sprachen, die zu Abgrenzungsproblemen führt – durchaus rege diskutiert. Die traditionelle Klassifikation in einen west- und ostmongolischen Hauptzweig, sowie in eine Restkategorie sogenannter Randsprachen war ausschließlich areal statt genetisch motiviert, wobei die aktuelle, aber nicht die historische Verteilung der Sprachen zugrundegelegt wurde.

Die vorliegende stärker genetisch orientierte Klassifikation basiert vor allem auf V. Rybatzki, Intra-Mongolic Taxonomy. In: J. Janhunen (Hrsg.): The Mongolic Languages (2003). Zur Klassifikation wurde der Umfang der lexikalischen Gemeinsamkeiten der einzelnen Sprachen herangezogen.


Geographische Verbreitung nach Staaten


Die mongolischen Sprachen sind in der Mongolei, China, Russland und Afghanistan verbreitet. Die folgende Tabelle zeigt die Verbreitung der Sprachen mit den aktuellen Sprecherzahlen in den einzelnen Ländern.

Mongolische Sprachen – Verteilung nach Staaten

SpracheSprecherzahlverbreitet in folgenden Ländern
DAGUR  
Dagur100.000China (Innere Mongolei, Xinjiang)
BURJAT  
Burjatisch450.000Russland 320.000, China 65.000, Mongolei 65.000
Chamnigan3.000Russland (Transbaikal-Gebiet) bilingual mongolisch-tungusisch
CHALCHA-OIRAT  
Mongolisch5 bis 6 Mio.Mongolei 2,5 Mio. (hauptsächlich Chalcha), China (Innere Mongolei) 3 bis 3,5 Mio.
Ordos (Urdus)100.000China (Innere Mongolei)
Oiratisch350.000Mongolei 200.000, China 150.000
Kalmückisch150.000Russland (AR Kalmykien)
SHIRA-YUGUR  
Shira Yugur3.000China (Gansu)
MONGUOR-SANTA  
Mongghuol (Monguor)100.000China (Qinghai)
Mangghuer30.000China (Qinghai)
Bonan (Paoan)600.000China (Qinghai, Gansu)
Kangjia400China (Qinghai) erst in den 1990er entdeckt
Santa (Dongxiang)600.000China (Gansu)
MOGHOL  
Mogholi200Afghanistan (bei Herat)

Lexikalischer Vergleich


Dass die mongolischen Sprachen eng miteinander verwandt sind, zeigen die folgenden Wortgleichungen aus dem Grundwortschatz der wichtigsten modernen mongolischen Sprachen. Zusätzlich ist die protomongolische oder altmongolische Form, die Form des literarischen Mongolisch (seit dem 12. Jahrhundert in uighurischer Vertikalschrift überliefert, im 17. Jahrhundert fixiert) und die mittelmongolische Form (13. bis 16. Jahrhundert) aufgeführt.

Bedeutung Proto-
Mongol.
Literar.
Mongol.
Mittel-
Mongol.
Chalcha Burjat Kalmyk Ordos Baoan Monguor Dagur Yugur
Vater*abuabuabuaavabaawəabeabeaba.aba
Mutter*ebejebeiebej(evij, eej)ebıewə...ewe.
Sohn/Enkel*ačiačiačiašaačəači.ači..
Bruder*akaaqaaqa(ax)axaaxəaxa.agaakaaga
Frauenbrust*kökönkökünkokanxöxxüxenkökngöxökugokugo.hgön
Blut*čisučisučisuncusšuhancusndjusučisoŋcəsučosčusun
Kopf*tolugaitoluγai.tolgojtolgojtolγatologo.tolGui.toloγui
Auge*nidünnidünnidunnüdnüdenüdnnüdünnedoŋnudunidenudun
Hand/Arm*garγarqargargarγarGarxarGar.Gar
Wasser*usuusunusunusuhanusnusunse.osoqusun
Fels*kadaqadaqadaxadxadaxadəxada.GadaxadaGada
See (der)*naγurnaγurna'urnuurnurnurnur.nurnaur.
3*gurbanγurbanxurbanguravgurbangurwngurwagoraŋguranguarbangurwan
4*dörbendörbendorbendörövdürbendörwndörwoderoŋderandurubdörwen
5*tabuntabuntabuntav(an)tabantawntawuntavoŋtawentawan.

Quelle: S. Starostin, Altaic Etymological Database, Internet 2005. (Teilweise in Buchform erhältlich: S. Starostin (et al.), Etymological Dictionary of the Altaic Languages, Part 1 (A-K), Brill, Leiden 2003.)


Sprachperioden und Schriftsysteme


Man teilt die mongolische Sprache historisch in folgende Perioden ein:

Altmongolisch – Mongolisch vor dem 13. Jahrhundert
Das Altmongolische steht noch nahe am Proto-Mongolischen, dem Konstrukt einer Protosprache, aus der alle mongolischen Sprachen hervorgegangen sind. Es enthält bereits manche Lehnwörter aus anderen Sprachen wie Kitan, den frühen Rouran-Sprachen und aus dem Chinesischen der Tang-Dynastie.[3][4] Am Ende der altmongolischen Periode wurde die vertikale uighurische Schrift von den Mongolen übernommen.
Mittelmongolisch – Mongolisch vom 13. bis zum Beginn des 17. Jahrhunderts
Mittelmongolisch ist in Texten in chinesischer Transkription erhalten (wichtigster Text ist „Die geheime Geschichte der Mongolen“, ca. 1240), aber auch in der tibetischen Phags-Pa-Schrift und zweisprachigen Glossaren. Ältestes erhaltenes Schriftzeugnis von etwa 1225 ist jedoch der Stein des Yisüngge, eines Neffen Dschingis Khans. Am Ende dieser Periode erfolgte die Konversion der Mongolen zum (tibetischen) Buddhismus (17. Jahrhundert). Deswegen wurden viele Übersetzungen aus dem Tibetischen oder dem Sanskrit veröffentlicht und buddhistische Termini ins Mongolische übernommen oder übersetzt. In der mittelmongolischen Zeit beginnt die Differenzierung der mongolischen Dialekte, die sich später zu den heutigen mongolischen Sprachen entwickelten.
Modernes Mongolisch – Mongolisch seit dem 17. Jahrhundert sowie
Klassisches Mongolisch – Klassische Schriftsprache seit dem 17. Jahrhundert
Im 17. Jahrhundert erfolgte der Übergang zur modernen gesprochenen Sprache, aber auch die Fixierung der klassischen Schriftsprache, die auf alt- und mittelmongolische Stufen zurückgeht. Die gesprochenen Formen des Mongolischen haben sich von der Schriftsprache sehr weit entfernt.

Die mongolischen Sprachstufen kann man u. a. an der Veränderung des altmongolischen anlautenden /p-/ deutlich machen. Es wurde mittelmongolisch zu /h-/, im modernen Mongolischen (auch in der klassischen Schriftsprache) verschwindet es ganz. Beispiel: altmongolisch pon > mittelmongolisch hon > lit. mongolisch on „Jahr“.

Zu den Schriftsystemen des Mongolischen siehe auch die Artikel Mongolische Sprache und Mongolische Schrift.


Sprachliche Charakteristik



Typologische Merkmale


Typologisch weisen die mongolischen Sprachen große Ähnlichkeit mit den beiden anderen Gruppen der altaischen Sprachen (Turkisch und Tungusisch) auf, finden sich aber auch bei uralischen und paläosibirischen Sprachen.

Die wichtigsten typologischen Charakteristika der mongolischen Sprachen sind:

Artikulationsort vorn hinten
Rundungungerundetgerundetungerundetgerundet
hochiü u
tiefeöao
mal-aar „durch das Vieh“ (INSTR)
nom-oor „durch das Buch“ (INSTR)

Nominalbildung


Die Nomina der mongolischen Sprachen besitzen die Kategorien Numerus (Singular / Plural) und Kasus (sieben Fälle), die durch angehängte Plural- bzw. Kasusmarker gekennzeichnet werden. Die Pluralmarker stehen vor den Kasusmarkern, beide Suffixe unterliegen der Vokalharmonie (s. o.).

Die Pluralbildung wird am Beispiel des Chalcha gezeigt. Pluralmarker sind /nar/, /uud/ und /čuud/ und Varianten davon sowie seltener /d/ und /s/.

Beispiele für die Pluralbildung im Chalcha

Bedeutung Singular Plural
Buchnomnom-uud
Jünglingzaluuzaluu-čuud
Vateraavaav-uud
Muttereejeej-üüd
Sohnxüüxüü-d-üüd
Bruderaxax-nar
Kopftolgoitolgoi-nuud
Augenüdnüd-nüüd
Armgargar-nuud
Felsxadxad-nuud
Seenuurnuur-nuud

Folgende Tabelle zeigt die Kasusmarker und die Deklination des Wortes mal „Vieh“ im Chalcha.

Kasus Kasusmarker Form Bedeutung
Nominativmal-Ødas Vieh (Nom.)
Genitiv-iinmal-iindes Viehs
Dativ-Lokativ-dmal-ddem Vieh, beim Vieh, zum Vieh
Akkusativ-iigmal-iigdas Vieh (Akk.)
Ablativ-aasmal-aasvom Vieh her
Instrumental-aarmal-aardurch das Vieh
Komitativ-taimal-taizusammen mit dem Vieh
Allativ-ruumal-ruuzum Vieh hin

Adjektive

Es erfolgt keine Veränderung am vorangestellten Adjektiv in Numerus und Kasus und es gibt keine Kongruenz mit dem Bestimmungswort.

Personalpronomina

Die Personalpronomina lauten im Nominativ:

Person Singular Plural
1bibid (bid nar)
2či, tata nar
3ene, terted (ted nar)

Bei der 2. Person Singular entspricht die einstige Pluralform ta heute nur noch der höflichen Anrede „Sie“. Die Pronomina der 3. Person stammen von Demonstrativpronomina ab und unterscheiden sich danach, ob die fragliche Person sich weit weg oder nahe beim Sprecher befindet; ter steht für „er/sie/es“ (es gibt auch beim Pronomen keine Geschlechtsmarkierung). In der Deklination haben die Pronomina im Singular sowie in der ersten Person Plural oblique Stämme, wobei in der 1. Person Plural im Genitiv zwischen exklusivem und inklusivem „wir“ unterschieden wird. Die obliquen Stämme der 3. Person Singular werden heutzutage in der gesprochenen Sprache meist durch die regelmäßigen Formen ersetzt.

Die obliquen Formen des Personalpronomen

Person Singular Plural
1nad-, min-ii (Gen.)bid(en)-, man-ai (Gen.)
2čam-, čin-ii (Gen.)
3üü(n)-, tüü(n)-

Verbalmorphologie


Die Grundzüge der Verbalbildung werden am Beispiel des Chalcha erläutert.

Aspekt und Tempus

Mongolische Verben unterscheiden zwei Aspekte, einen Perfektiv (abgeschlossene Handlung) und einen Imperfektiv (nicht-abgeschlossene Handlung). Beide Aspekte können wiederum die Tempora Präteritum (Vergangenheit) und Präsens-Futur (Nicht-Vergangenheit) besitzen. Dadurch hat jedes Verbum vier Stammformmen, die durch folgende Suffixe gekennzeichnet werden:

Die Stammformmarker des mongolischen Verbums

Tempus Perfektiv Imperfektiv
Präteritum-v-džee
Präsens-Futur-laa-na

Diese Formen weisen keine Unterscheidung der Person auf und können nicht negiert werden. Beispiele:

Negation

Die Negierung erfolgt durch den Negationsmarker /-gui/, der an Verbalnomina angehängt wird. Im Präteritum wird dazu das Verbalnomen auf /-san/ verwendet, im Präsens-Futur auf /-x/. Beispiele:

Iterativ, Durativ

Ein iterativer oder durativer Aspekt kann durch das Verbalnomen auf /-dag/ ausgedrückt werden. Beispiel:

Imperativ

Der Imperativ wird durch den bloßen Stamm gebildet, seine höfliche Form durch /-aarai/, seine Verneinung mit Hilfe von /bitgii/. Beispiele:

Es existieren noch ca. 10 weitere Imperativendungen, die je nach Situation und Dringlichkeit eingesetzt werden und in ihrer Stärke zwischen einem unverbindlichen Wunsch (yav-maar) bis hin zu einer dringlichen Aufforderung (yav-aach) reichen können.

Konverben

Konverben werden in allen mongolischen Sprachen bei der Koordination oder Subordination mehrerer Sätze gebraucht, man kann sie als Partizipien ansehen. Je nach Funktion haben sie unterschiedliche Formen.

Eine einfache Sequenz wird durch das Konverb auf /-dž/ eingeleitet, nur das letzte Verb in einer solchen Kette steht in einer finiten Form. Beispiel:

Vorzeitigkeit wird durch das Konverb auf /-aad/ ausgedrückt. Beispiel (wegen der Vokalharmonie hier /-ood/):

Literatur: Beispiele zur Morphologie zum Teil aus G.L. Campbell, Compendium of the World's Languages.


Siehe auch



Literatur




Wikipedia auf Mongolisch

Einzelnachweise


  1. Minglang Zhou: Multilingualism in China: The Politics of Writing Reforms for Minority Languages 1949–2002. Walter de Gruyter, 2003, ISBN 3-11-017896-6, S. 294. Google Books
  2. zuweilen als „transeurasischen/makro-altaischen Gruppierung“ zusammengefasst; Martine Robbeets: Hirse und Bohnen, Sprache und Gene: Die Herkunft und Verbreitung der transeurasischen Sprachen. Forschungsbericht 2015 - Max-Planck-Institut für Menschheitsgeschichte,
  3. Vovin, Alexander 2004. ‘Some Thoughts on the Origins of the Old Turkic 12-Year Animal Cycle.’ Central Asiatic Journal 48/1: 118–32.
  4. Vovin, Alexander. 2010. Once Again on the Ruan-ruan Language. Ötüken’den İstanbul’a Türkçenin 1290 Yılı (720–2010) Sempozyumu From Ötüken to Istanbul, 1290 Years of Turkish (720–2010). 3–5 Aralık 2010, İstanbul / 3–5 December 2010, İstanbul: 1–10.


На других языках


- [de] Mongolische Sprachen

[fr] Langues mongoles

Les langues mongoles ou langues mongoliques (pour éviter la confusion avec la langue mongole proprement dite) forment une famille de langues parlées en Asie du Nord et en Asie centrale.

[it] Lingue mongoliche

Le lingue mongoliche sono un ramo delle lingue altaiche parlate nelle zone dell'Asia centrale e orientale.

[ru] Монгольские языки

Монгольские языки — языковая семья, включающая в себя несколько достаточно близкородственных языков Монголии, Китая, России и Афганистана. Появились из прамонгольского языка в XIII веке н. э. Сторонниками алтайской гипотезы включается в состав гипотетической алтайской макросемьи. По другой гипотезе восходят к сяньбийскому праязыку[1].



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