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Ostfälisch ist ein Dialektverband des Niederdeutschen, der in Niedersachsen ungefähr südöstlich einer Linie UelzenCelleHannoverStadthagenBückeburg (einschließlich dieser Städte), also in der südlichen Lüneburger Heide und im Raum Hannover, Hildesheim, Braunschweig und Göttingen sowie in Sachsen-Anhalt in der Magdeburger Börde und im nordöstlichen bzw. nördlichen Harz und Harzvorland gesprochen wird (bzw. wurde). Auch kleine Gebiete nördlich von Kassel in Hessen und im thüringischen Teil des Eichsfeldes gehören zum ostfälischen Sprachgebiet, das einen Großteil des historischen Ostfalens ausmacht.

Ostfälisch

Gesprochen in

Niedersachsen, Sachsen-Anhalt, Hessen, Thüringen
Linguistische
Klassifikation
  • Indogermanisch
    Germanisch
    Westgermanisch
    Niederdeutsch
    Niedersächsisch
    Ostfälisch
Offizieller Status
Amtssprache in als niederdeutscher Dialekt in Deutschland im Rahmen der Sprachencharta des Europarats offiziell anerkannt
Das Ostfälische (7) innerhalb des niederdeutschen [im engeren Sinne] und des niederländischen Sprachraumes nach 1945
Das Ostfälische (7) innerhalb des niederdeutschen [im engeren Sinne] und des niederländischen Sprachraumes nach 1945
Das Verbreitungsgebiet der ostfälischen Mundart nach Brockhaus, 1894
Das Verbreitungsgebiet der ostfälischen Mundart nach Brockhaus, 1894

Beschreibung


Im Gegensatz zum Nordniedersächsischen, das im Radio und Fernsehen noch häufiger vorkommt und das noch ein größeres zusammenhängendes Sprachgebiet besitzt, wird Ostfälisch nur noch von wenigen, meist älteren Menschen gesprochen, hauptsächlich im häuslichen Bereich und in Mundartgruppen.

Der Begriff ostfälisch entstammt der Sprachwissenschaft des 19. Jahrhunderts, die sich erstmals nahezu flächendeckend mit den Dialekten in diesem Raum befasste und dabei die hier (ansatzweise) zu beschreibenden Gemeinsamkeiten und Eigenheiten feststellte. Da diese sich zum Teil bis zu den (spärlichen) Schriftzeugnissen der altniederdeutschen Zeit zurückverfolgen lassen, wurde der seitdem untergegangene Name des östlichen Teils des ehemaligen altsächsischen Stammesherzogtums für diesen Zweck reaktiviert. — Auch wenn dieser Name seit dem Ende des 20. Jahrhunderts auch in anderen Zusammenhängen Verwendung findet (z. B. Deuregio Ostfalen[1]), hat er im täglichen Leben der Region höchstens marginale Bedeutung. Das Gleiche gilt für den davon abgeleiteten Namen des Dialekts: Die wenigen aktiven Sprecher kören Platt („sprechen Plattdeutsch“), zur Unterscheidung von anderen Varianten dienen Umschreibungen wie use („unser“) und ju’e Platt („euer Platt“), da auch die alten Gau- und Landschaftsnamen kaum noch gebräuchlich sind (abgesehen von Namen wie Papenteich/Poppendiek, die bei der Schaffung der Einheitsgemeinden ab 1974 verwandt wurden).

Im Ostfälischen erhalten die Objektpronomen ein k (mik oder mek und dik oder dek), das im Nordniederdeutschen fehlt (mi und di; jeweils für hochdeutsch mir und mich bzw. dir und dich). Außer im Braunschweiger und Hildesheimer Land und einigen anderen Regionen werden außerdem st und sp als scht und schp gesprochen. Jenseits der Grenze zum Halberstädtischen Richtung Magdeburg herrscht die hochdeutsche Lautung vor. (Dort „schtolpern de Lüe ower’n schpitzen Schtein“.) Das Ostfälische führt die für manche niederdeutschen Gebiete übliche Diphthongierung durch (täuwen „warten“ gegenüber dem in den meisten Regionen gebräuchlichen töven) und auch die Assimilierung des d nach l und n (z. B. hille „eilig“, von mnd. hilde „rasch“; Münner Platt, die Mundart Mündens).

Das Ostfälische ist ein variantenreicher Dialekt, dessen Wortschatz und Phonologie in relativ kleinen Gebieten bereits größere Unterschiede aufweisen kann. So gibt es für eine Form der Vokabel „aber“ mindestens drei Varianten im Ostfälischen: aver, åver und obber. Aufgrund dieser Verschiedenheit lässt sich der Dialekt auch, gleich dem Westfälischen, nicht einfach verschriftlichen.


Regionale Varianten



Sprachliche Kennzeichen


Die erwähnten Personalpronomina mik (mek) und dik (dek) (gegenüber nordniederdeutsch mi und di, nedersaksisch je) sind nur Beispiele, da dieser Unterschied auch für die Formen öhn(e), üsch und jück gilt (nordniederdeutsch em, u[n]s, jo [ju], hochdeutsch ihm/ihn, uns, euch). Das Ostfälische stimmt zwar mit vielen niederdeutschen Dialekten (mit Ausnahmen z. B. im südlichen Westfälisch) darin überein, dass in den genannten Formen der Dativ mit dem Akkusativ zusammengefallen ist (zu weiteren Einzelheiten vgl. den Artikel zu den Personalpronomina der germanischen Sprachen), seine Besonderheit zeigt sich aber darin, dass sich bei allen diesen Formen der Akkusativ gegenüber dem Dativ durchgesetzt hat (im Nordniedersächsischen ist es genau umgekehrt). Im Ostfälischen hat sich mit der Form üsch ein Akkusativ der ersten Person Plural erhalten (vgl. althochdeutsch unsih, altenglisch ūsic [neben ūs], ebenso hochalemannisch üs, südbairisch ins im oberdeutschen Sprachraum).

Ein weiteres Merkmal des Ostfälischen ist die resthafte Erhaltung der Vorsilbe ge- als e- beim Partizip II (Partizip Perfekt) der Verben; da diese Vorsilbe auch im Heideostfälischen verloren gegangen ist, steht z. B. bei Celle dessen wään („gewesen“) südlichem ewää(se)n [əˈvɛː(z)n̩] gegenüber.

Ein auffälliger Unterschied zwischen dem Ostfälischen und allen anderen niederdeutschen Dialekten ist das Ausbleiben (bzw. Rückgängigmachen) der Tondehnung in offener Silbe vor -el, -en, -er in der Folgesilbe, z. B. ostfälisch Löppel [ˈlœpl̩], betten [ˈbɛtn̩], Pepper [ˈpɛpɐ] („Löffel, bisschen, Pfeffer“) gegenüber nordniedersächsisch Läpel [ˈlɛːpl̩], bäten [ˈbɛːtn̩], Päper [ˈpɛːpɐ].

Zu den oben erwähnten „ungewöhnlichen Wörtern“ des Ostfälischen gehören Ütsche/Üütsche („Frosch“, nordniedersächsisch Pogg), Kempe („Eber“, nordniedersächsisch Äver, Ever) und Hailebort/Hallebot („Storch“, nordniedersächsisch Aadboor und andere). Es gibt aber auch auffällige Gleichungen (ererbte Gemeinsamkeiten) mit dem Englischen und dem Norwegischen: So entspricht ostfälisch Snake [ˈsnɔːkə] („Ringelnatter“; von mittelniederdeutsch snake, „Schlange“, welches sich in anderen Dialekten noch in ursprünglicher Bedeutung erhält) dem norwegischen snok und dem englischen snake, ostfälisch Drake [ˈdrɔːkə] („Erpel“) dem englischen drake, ostfälisch Schare [ˈʃɔːrə] („Elster“) dem norwegischen skjor (Bokmål: skjære) und ostfälisch Mull [mʊl] („Maulwurf“) dem englischen mole.

Auch beim Ausgleich der altniederdeutschen Lautoppositionen, insbesondere bei der Reduzierung der in offener Silbe unterschiedenen Vokale, bezieht das Ostfälische eine eigene Position, indem es zwar stärker vereinfacht als das Westfälische (das in seinen südlichen Dialekten keine Reduktion kennt), aber nicht so weit geht wie der Kernbereich des Nordniedersächsischen (wo von ursprünglich acht Vokalphonemen nur noch drei geblieben sind). Trotz der Verschiedenheit der Laute im Einzelnen haben die meisten ostfälischen Dialekte also ein gemeinsames Lautsystem. (In diesem Falle bleibt neben dem Heideostfälischen auch das Göttingisch-Grubenhagensche – das sich hierin zum Ostwestfälischen stellt – außenvor).


Phonetik


Vokale
Westgermanisch Hochdeutsch Ostfälisch Phonemisch West-Ostfälisch

(Hildesheimisch)

*swīn Schwein Swīn /svi:n/ [svœɪn ~ svɛɪn]
*hūs Haus Hūs /hu:s/ [hⁱu:s]
*hūsu Häuser Hǖser /hy:zer/ [huɪzər]
*bōk Buch Bauk /bauk/ [bɐok]
*bōku Bücher Boiker /boiker/ [bɔɪkər]
*māan mähen maien /maien/ [majən]
*fleugan fliegen flaigen /flaijen [flajən]
*kukinā Küche Kȫke /kø:ke/ [kʏəkə]
*baum Baum Bōm /bo:m/ [bɛom]
*geban geben gēben /ge:(b)m/ [gi:əm]
*etan essen ǟten /ɛ:tn/ [ɛɐtn]
*makōn machen māken /ma:ken/ [mɒ:ᵄkŋ]
Konsonanten (Besonderheiten)
Phonem Phon Anmerkung
Anlaut Inlaut Ablaut
/g/ [ɣ ~ g] (südl. [ç]) [j] [ç] mit Vorderzungenvokal
[ɣ ~ g] (südl. [x]) [ɣ] [x] mit Hinterzungenvokal
/b/ bzw. /v/ [b] [β] [p], [f] -
/s/ [z] (südl. [s]) [z] (südl. [s]) [s] -
/r/ [r] [r] [r ~ ɾ] [ʁ] durch hdt. Einfluss
/d/ [d] [t] -


Commons: Ostfälisch – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Ostfälisch – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Literatur



Wörterbücher



Quellen


  1. Deuregio Ostfalen e. V. (Helmstedt) ostfalen.de.
  2. "Über die Mundarten des Harzes und des Harzvorlandes"
  3. Mundartprobe aus Riefensbeek (DSA-Archiv): Ostfälisch
  4. Georg Schambach: Wörterbuch der niederdeutschen Mundarten der Fürstenthümer Göttingen und Grubenhagen oder Göttingisch-Grubenhagen’sches Idiotikon. Hannover, 1858 (Google-Digitalisat)
  5. Runas Geburt, in Hildesheimer Plattdeutsch: Runas Gebiuert – Möine Swester kummt uppe Welt (PDF; 16 kB).

На других языках


- [de] Ostfälisch

[en] Eastphalian language

Eastphalian, or Eastfalian (German: Ostfälisch), is a dialect of West Low German,[1] spoken in southeastern parts of Lower Saxony and western parts of Saxony-Anhalt in Germany.

[ru] Остфальский диалект

Остфа́льский диале́кт (нем. Ostfälisch) — крупный диалект нижненемецкого языка, распространённый на территории Нижней Саксонии, приблизительно на юго-востоке от линии Ильцен — Целле — Ганновер — Штадтхаген — Бюккебург (включая и эти города), а также на юге Люнебургской пустоши, в Хильдесхайме, Брауншвейге, Гёттингене, частично в Саксонии-Ангальт и северо-восточном Гарце. Таким образом, границы остфальского диалекта совпадают с границами исторической области Остфалия. Диалект был распознан и описан немецкой диалектологией только в XIX веке.



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