Burkhart Friedrich Ernst Kroeber (* 3. Juli 1940 in Potsdam) ist ein deutscher Übersetzer und gelegentlicher Autor.
Leben und Werk
Kroeber studierte Ägyptologie, Romanistik und Politikwissenschaft in Tübingen, Heidelberg und Paris, 1968 Promotion in Tübingen mit der Arbeit Die Neuägyptizismen vor der Amarnazeit. Seit 1971 übersetzt er literarische und andere Bücher vorwiegend aus dem Italienischen, namentlich die Werke von Umberto Eco (seit Der Name der Rose) und Italo Calvino (seit Wenn ein Reisender in einer Winternacht). Von 1977 bis 1982 war er Sachbuchlektor im Münchner Carl Hanser Verlag. Seit den 90er Jahren beschäftigt er sich auch mit Neuübersetzungen verschiedener Klassiker, von Alessandro Manzonis historischem Roman Die Brautleute über Charles Dickens’ letzten – unvollendeten – Kriminalroman Das Geheimnis des Edwin Drood und John Steinbecks Reisebuch Die Reise mit Charley: Auf der Suche nach Amerika bis zu Giacomo Leopardis Opuscula moralia und Tomasi di Lampedusas Il Gattopardo.
Daneben hat er sich wiederholt berufs- und kulturpolitisch engagiert: 1991 bis 1997 als Vorsitzender im Verband deutschsprachiger Übersetzer literarischer und wissenschaftlicher Werke (VdÜ), einer Sektion des Verbandes deutscher Schriftsteller (VS) in ver.di, 1997 bis 2006 im Vorstand des Deutschen Übersetzerfonds und 2003–2009 als Vorsitzender (Sprecher) der Deutschen Literaturkonferenz. Kroeber ist Mitglied im PEN-Zentrum Deutschland.
Auszeichnungen und Ehrungen
1985 erhielt Kroeber den Literaturpreis des Kulturkreises der Deutschen Wirtschaft im BDI, 2001 den Johann-Heinrich-Voß-Preis für Übersetzung, 2006 den Übersetzerpreis der Landeshauptstadt München und 2011 den Christoph-Martin-Wieland-Übersetzerpreis sowie das Verdienstkreuz 1. Klasse der Bundesrepublik Deutschland.
Im Wintersemester 2008/09 bekleidete er die August-Wilhelm-von-Schlegel-Gastprofessur für Poetik der Übersetzung an der FU Berlin. Im Mai 2013 erhielt er den Deutsch-Italienischen Übersetzerpreis für sein Lebenswerk.[1][2]
Übersetzungen seit 1982
Umberto Eco
Der Name der Rose. Roman. Hanser, München 1982
Nachschrift zum 'Namen der Rose'. Hanser 1984
Über Gott und die Welt. Essays und Glossen. Hanser 1985
Über Spiegel und andere Phänomene. Essays. Hanser 1988
Das Foucaultsche Pendel. Roman. Hanser 1989
Platon im Striptease-Lokal. Parodien und Travestien. Hanser 1990
Wie man mit einem Lachs verreist und andere nützliche Ratschläge (nur S.59–190). Hanser 1993
Die Suche nach der vollkommenen Sprache. C.H. Beck, München 1994 (Reihe "Europa bauen", hrsg. v. Jacques Le Goff)
Im Wald der Fiktionen. Sechs Streifzüge durch die Literatur. Harvard-Vorlesungen (Norton Lectures 1992–93). Hanser 1994
Die Insel des vorigen Tages. Roman. Hanser 1995
Vier moralische Schriften. Hanser 1998
Gemeinsam mit Carlo Maria Martini: Woran glaubt, wer nicht glaubt? (übers. zusammen mit Karl Pichler). Zsolnay, Wien 1998
Lüge und Ironie. Vier Lesarten zwischen Klassik und Comic. Hanser 1999
Derrick oder die Leidenschaft für das Mittelmaß. Streichholzbriefe 1990–2000. Hanser 2000
Baudolino. Roman. Hanser 2001
Die Bücher und das Paradies: Über Literatur. Hanser 2003
Die geheimnisvolle Flamme der Königin Loana. Illustrierter Roman. Hanser 2005
Quasi dasselbe mit anderen Worten: Über das Übersetzen. Hanser 2006
Schüsse mit Empfangsbescheinigung. Neue Streichholzbriefe. Hanser 2006*
Im Krebsgang voran. Heiße Kriege und medialer Populismus. Hanser 2007
Die Kunst des Bücherliebens. Hanser 2009
Der Friedhof in Prag. Roman. Hanser, München 2011
Bekenntnisse eines jungen Schriftstellers. Richard Ellmann Lectures in Modern Literature, Hanser 2011
Die Fabrikation des Feindes und andere Gelegenheitsschriften. Hanser 2014
Nullnummer. Roman. Hanser 2015
Pape Satàn. Chroniken einer flüssigen Gesellschaft oder Die Kunst, die Welt zu verstehen. Hanser 2017
Auf den Schultern von Riesen. Das Schöne, die Lüge und das Geheimnis (übers. zusammen mit Martina Kempter). Hanser 2019
Der ewige Faschismus. Mit einem Vorwort von Roberto Saviano. Hanser 2020*
Verschwörungen. Eine Suche nach Mustern (übers. zusammen mit Martina Kempter). Hanser 2021*
[Alle Titel bis auf die mit * auch als Taschenbuch bei dtv erschienen]
Italo Calvino
Wenn ein Reisender in einer Winternacht. Roman. Hanser 1983
Herr Palomar. Hanser 1985
Unter der Jaguar-Sonne. Drei Erzählungen. Hanser 1987
Cosmicomics. Hanser 1989; erweiterte Ausgabe Alle Cosmicomics. Fischer Taschenbuch, Frankfurt a. M. 2015
Sechs Vorschläge für das nächste Jahrtausend. Harvard-Vorlesungen. Hanser 1991
Die Braut, die von Luft lebte, und andere italienische Märchen, gesammelt und nacherzählt von Italo Calvino. Hanser 1993
Die Mülltonne und andere Geschichten. Hanser 1994 (unter dem Titel Der Weg nach San Giovanni und andere Geschichten als Fischer Taschenbuch 2016)
Gesammelter Sand. Essays. Hanser 1995
Eremit in Paris. Autobiographische Blätter (übers. zusammen mit Ina Martens). Hanser 1997
Ein General in der Bibliothek und andere Erzählungen. Hanser 2004
Ludovico Ariosts ›Rasender Roland‹, nacherzählt von Italo Calvino. Mit ausgewählten Passagen des Originals in der Verdeutschung von Johann Diederich Gries. Eichborn, Frankfurt am Main 2004 (Die Andere Bibliothek, Band 232)
Die unsichtbaren Städte. Hanser 2007
Schwierige Liebschaften. Gesammelte Erzählungen. Hanser 2013 (56 Erzählungen aus den 1940er bis 1950er Jahren, davon 12 erstmals ins Deutsche übersetzte)
[Alle Titel außer Gesammelter Sand auch bei dtv erschienen; seit 2012 auch alle im Fischer Taschenbuch Verlag]
Der Palio der toten Reiter. Roman. Piper, München 1986
(& Charles Dickens): Die Wahrheit über den Fall D. Roman (darin enthalten: eine integrale Neuübersetzung des letzten – unvollendeten – Romans von Charles Dickens: The Mystery of Edwin Drood). Piper, München 1991
Die Farbe des Schicksals. Erzählung. Piper 1991.
Das Geheimnis der Pineta. Roman. Piper 1993.
Kleines Ferienbrevier. Piper 1994.
Andrea De Carlo
Vögel in Käfigen und Volieren. Roman. Diogenes, Zürich 1984
Creamtrain. Roman. Diogenes 1985.
Roberto Cotroneo
Wenn ein Kind an einem Sommermorgen. Brief an meinen Sohn über die Liebe zu Büchern. Marion von Schröder, Düsseldorf 1996. Erweiterte Neuausgabe der 3. Aufl.: Insel, Frankfurt am Main 2002
Die verlorene Partitur. Roman. Insel, Frankfurt am Main 1997 (seit 1999 auch Suhrkamp Taschenbuch)
Otranto. Roman. Insel 1998.
Andere Autoren
Luigi Malerba: Der gestiefelte Pinocchio. Klaus G. Renner, München 1986; dtv 2001
Alessandro Manzoni: Die Brautleute. Roman. Hanser 2000 (seit 2003 auch dtv)
Alessandro Manzoni: Geschichte der Schandsäule. Mit einem Vorwort von Umberto Eco und einem Nachwort von Michael Stolleis. Dieterich'sche Verlagsbuchhandlung, Mainz 2012
Charles Dickens: Das Geheimnis des Edwin Drood (vervollständigt von Ulrike Leonhardt). Manesse, Zürich 2001
John Steinbeck: Die Reise mit Charley: Auf der Suche nach Amerika. Zsolnay, Wien 2002 (seit 2007 auch dtv)
Gérard de Nerval: Sylvie. Erinnerungen ans Valois. Mit dem Essay Der Nebel zwischen den Wörtern von Umberto Eco, herausgegeben, übersetzt und kommentiert. Dieterich'sche Verlagsbuchhandlung, Mainz 2016
Giacomo Leopardi: Opuscula moralia oder Vom Lernen, über unsere Leiden zu lachen (Operette morali), neu übersetzt auf Basis der Erstübersetzung von Paul Heyse. Die Andere Bibliothek Bd. 389, Berlin 2017
Giuseppe Tomasi di Lampedusa: Der Leopard. Roman. Piper, München 2019[3]
Übersetzungen vor 1982
Ferruccio Rossi-Landi
Sprache als Arbeit und als Markt. Hanser, RH 105 (nur die 2., rev. Aufl.), München 1974.
Semiotik, Ästhetik und Ideologie. Hanser, RH 223, 1976.
Henri Lefebvre
Kritik des Alltagslebens, Band 2–3. Hanser, RH 143-44, 1975.
Metaphilosophie. Prolegomena. Suhrkamp, es 734, 1975.
Gemeinsam mit Catherine Régulier: Die Revolution ist auch nicht mehr, was sie mal war. Hanser 1979.
Über die Dialektik von Kontinuität und Bruch. Suhrkamp, es 687, 1975.
Der lange Marsch durch die Krise (auch hrsg. u. eingel.). Suhrkamp, es 823, 1976.
Einmischung. Gespräche mit Frauen… (nur die Einleitung). Europäische Verlagsanstalt, Frankfurt am Main 1980.
Andere Autoren
Antonio Carlo: Politische und ökonomische Struktur der UdSSR (1917–1975). Diktatur des Proletariats oder bürokratischer Kollektivismus. Wagenbach, Rotbuch 36, Berlin 1972.
Noam Chomsky: Aus Staatsräson. Suhrkamp, es 736, Frankfurt am Main 1974.
Guy Hocquenghem: Das homosexuelle Verlangen. Hanser, RH 151, München 1974.
Gilles Deleuze u. Félix Guattari: Kafka. Für eine kleine Literatur. Suhrkamp, es 807, 1976
Galvano della Volpe: Kritik des Geschmacks. Entwurf einer historisch materialistischen Literaturtheorie und Ästhetik. Luchterhand, Philos. Texte 7, Darmstadt/Neuwied 1978.
Weitere Werke
als Hrsg.: Pier Paolo Pasolini: Das Herz der Vernunft. Gedichte, Geschichten, Polemiken, Bilder. Wagenbach-Verlag, Berlin 1986, wieder dtv, 1991
als Hrsg.: Zeichen in Umberto Ecos Roman 'Der Name der Rose'. Aufsätze aus Europa und Amerika. Hanser, München 1987, wieder dtv, 1989
Der Streit über "Lemprière's Wörterbuch". Eine öffentliche Erregung mit langem Nachhall, in Sprache im technischen Zeitalter, SpritZ, Sonderheft Souveräne Brückenbauer. 60 Jahre Verband der Literaturübersetzer. Hg. Helga Pfetsch. Böhlau, Köln 2014 ISSN0038-8475 ISBN 9783412222840 S.73–84 (zur deutschen Übersetzung und zur Verlagspolitik im Fall von Lawrence Norfolks Buch)
Bundesregierung (Memento vom 25. Juni 2013 im Internet Archive), Pressemitteilung, 1. Februar 2013.
Ein neuer Klassiker, Essay von Burkhart Kroeber zu den Gründen für seine Neuübersetzung, 15 Jahre nach der vorherigen. TraLaLit, Plattform für übersetzte Literatur. 19. September 2018, zuletzt abgerufen am 18. März 2020
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