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Fanny Gräfin zu Reventlow (* 18. Mai 1871 in Husum; † 26. Juli 1918 in Locarno, Schweiz) war eine deutsche Schriftstellerin, Übersetzerin und Malerin. Sie wurde berühmt als „Skandalgräfin“ oder „Schwabinger Gräfin“ der Münchner Bohème und als Autorin des Schlüsselromans Herrn Dames Aufzeichnungen (1913).

Fanny Gräfin zu Reventlow, um 1900
Fanny Gräfin zu Reventlow, um 1900

Ihr vollständiger Name lautet Fanny Liane[1] Wilhelmine Sophie Auguste Adrienne Gräfin zu Reventlow. Zu Lebzeiten veröffentlichte sie unter der Verfasserangabe F. Gräfin zu Reventlow. Heute ist sie auch als Franziska Gräfin zu Reventlow bekannt. (Siehe auch Namensfragen.)


Leben


Das Schloss vor Husum, Blick auf die gartenseitigen Fassaden des südlichen Seiten- und des Mittelflügels
Das Schloss vor Husum, Blick auf die gartenseitigen Fassaden des südlichen Seiten- und des Mittelflügels

Fanny zu Reventlow wurde als fünftes von sechs Kindern des preußischen Landrats Ludwig Graf zu Reventlow (1824–1893) und dessen Frau Emilie, geb. Gräfin zu Rantzau (1834–1905), auf Schloss vor Husum geboren. Ihr Bruder Ernst Reventlow (1869–1943) war Marineoffizier, Schriftsteller, Journalist sowie deutschvölkischer und später nationalsozialistischer Politiker. Die Familie unterhielt freundschaftliche Beziehungen zu dem Schriftsteller Theodor Storm und zur Familie des späteren Mitbegründers der Soziologie in Deutschland Ferdinand Tönnies.

In ihrem autobiografischen Roman Ellen Olestjerne (1903) beschreibt Fanny zu Reventlow die strenge Erziehung zur „höheren Tochter“ und zum jungen „Fräulein“ durch die Familie und das Altenburger Magdalenenstift, ein Mädchenpensionat in Thüringen, aus dem sie 1887 nach nur einem Schuljahr wegen „nicht zu bändigender Widerspenstigkeit“ ausgeschlossen wurde. Nach der Pensionierung des Vaters zog die Familie 1889 nach Lübeck.

1890 trotzte sie ihren Eltern den Besuch des Roquetteschen privaten Lehrerinnenseminars ab, das sie 1892 mit der „Befähigung für den Unterricht an höheren und mittleren Mädchenschulen“ abschloss. Eine berufsvorbereitende Ausbildung war für eine adlige junge Frau zu dieser Zeit äußerst ungewöhnlich.

Durch ihren Freundeskreis, der sich als „Ibsen-Club“ zusammenfand und den „eine Aura von Geheimnis und Skandalträchtigkeit umgab“,[2] wurde sie früh mit der modernen gesellschaftskritischen Literatur und den Schriften Nietzsches bekannt. Als ihre Eltern 1892 den heimlichen Liebesbriefwechsel mit ihrem lübischen Freund Emanuel Fehling (1873–1932) entdeckten, wurde sie zur „Besserung“ bei einer Pastorenfamilie auf dem Land, in Adelby bei Flensburg, untergebracht. Von dort floh sie 1893 zu Bekannten nach Wandsbek und überwarf sich dadurch für immer mit ihrer Familie. Der Besuch ihres im gleichen Jahr sterbenden Vaters wurde ihr verwehrt. In Wandsbek lernte sie ihren späteren Verlobten, den Hamburger Gerichtsassessor Walter Lübke, kennen, der ihr im Sommer desselben Jahres einen Aufenthalt in München als Studentin an der Malschule von Anton Ažbe finanzierte. Lübke und Reventlow heirateten 1894.

Die „Madonna mit dem Kinde“ – Fanny Gräfin zu Reventlow mit Sohn Rolf, 1898
Die „Madonna mit dem Kinde“ – Fanny Gräfin zu Reventlow mit Sohn Rolf, 1898

Die Ehe erwies sich für Reventlow als Sprungbrett in die Freiheit. Als sie sich 1895 erneut nach München begab, um ihr Malstudium fortzusetzen, zerbrach die Ehe (Trennung 1895, Scheidung 1897), und Reventlow führte ein eigenständiges, wenn auch von dauernder finanzieller Not und Krankheit sowie mehreren Fehlgeburten gekennzeichnetes Bohèmeleben. Militär, Bürokratie, Aristokratie, den geld- und fortschrittsgläubigen, nationalistischen wilhelminischen Gründergeist, dem ihr Bruder Ernst anhing, verachtete sie ebenso wie die Erziehung junger Frauen zu „höheren Töchtern“.[3]

Am 1. September 1897 wurde ihr Sohn Rolf († 12. Januar 1981 in München) geboren; den Namen des Vaters verschwieg sie zeitlebens.[4] Ihren Unterhalt verdiente Reventlow zum Teil mit literarischen Übersetzungen für den Albert Langen Verlag und mit kleineren schriftstellerischen Arbeiten für Zeitschriften und Tageszeitungen (etwa für Die Gesellschaft, Simplicissimus, Neue Deutsche Rundschau, Frankfurter Zeitung, Münchner Neueste Nachrichten). Außerdem hatte sie nach etwas Schauspielunterricht 1898 ein kurzes Engagement am Theater am Gärtnerplatz und spielte vorübergehend im Akademisch-Dramatischen Verein des jungen Otto Falckenberg. Im Übrigen schlug sie sich mit Gelegenheitsjobs als Prostituierte, Sekretärin, Aushilfsköchin, Versicherungsagentin, Messehostess, Glasmalerin u. a. durch. Nicht wenige Einkünfte verdankte sie schließlich der Schnorrerei und den Spenden ihrer männlichen Bekanntschaften.

Die Kosmiker (v. l. n. r.): Karl Wolfskehl, Alfred Schuler, Ludwig Klages, Stefan George, Albert Verwey
Die Kosmiker (v. l. n. r.): Karl Wolfskehl, Alfred Schuler, Ludwig Klages, Stefan George, Albert Verwey

Ihre Erfahrungen mit der Münchner Künstlerszene – vor allem mit dem „Kosmiker“-Kreis um Karl Wolfskehl, Ludwig Klages und Alfred Schuler, denen sie ihres unehelichen Kindes und ihrer erotischen Freizügigkeit wegen als „heidnische Madonna“ und „Wiedergeburt der antiken Hetäre“ galt – verarbeitete sie in ihrem humoristischen Schlüsselroman Herrn Dames Aufzeichnungen. Sie pflegte außerdem Umgang mit Oscar A. H. Schmitz, Theodor Lessing, Friedrich Huch, Erich Mühsam, Oskar Panizza, Rainer Maria Rilke, Marianne von Werefkin, Alexej von Jawlensky (dessen Malschule sie 1906 besuchte),[5] Frank Wedekind und zahlreichen anderen Exponenten der „Münchner Moderne“. Mit ihrem Sohn Rolf unternahm sie Reisen unter anderem nach Samos (1900 mit Albert Hentschel), Italien (1904, 1907) und Korfu (1906/1907).

Grabstein von Fanny Reventlow als Contessa Francesca Reventlow in Locarno
Grabstein von Fanny Reventlow als Contessa Francesca Reventlow in Locarno

Im Oktober 1910 verließ sie München und lebte die folgenden Jahre in Ascona am Lago Maggiore, wo ihre „Schwabinger Romane“ entstanden. 1911 ging sie eine Scheinehe mit dem kurländischen Baron Alexander von Rechenberg-Linten (* 1868) ein, dessen Erbe von einer standesgemäßen Ehe abhing; sie verlor das so erworbene Vermögen von 20.000 Mark jedoch schon 1914 durch einen Bankenkrach. In diesem Zusammenhang stand sie 1914 unter anderem im Briefwechsel mit den Eheleuten Friedel und Friedrich Kitzinger, der Jurist war.[6] 1916 zog sie nach Muralto am Lago Maggiore, nur wenige Kilometer von Ascona entfernt.

Am 26. Juli 1918 starb Fanny zu Reventlow im Alter von siebenundvierzig Jahren in einer Klinik in Locarno an den Folgen eines Fahrradsturzes. Die Grabrede hielt der Schriftsteller Emil Ludwig. Ihre Grabstätte befindet sich auf dem Friedhof der Kirche Santa Maria in Selva in Locarno.

„In Locarno am Lago Maggiore ist die Gräfin F. zu Reventlow gestorben, eine in der jungen Literaturwelt Münchens wohlbekannte Erscheinung. Ihr angestammtes Milieu des alten Holsteiner Geschlechts, ihre eingeengte Jugend und ihre Sehnsucht ins freie Leben hat sie in ihrem ersten (und besten) Roman ‚Ellen Olestjerne‘ veranschaulicht. Frei geworden, hat sie dann in München ihr Leben auf eigene freie Weise, ohne Rücksicht auf Herkunft und Herkommen gestaltet. Immer auf die eigene Note und die Haltung der Eigenverantwortlichkeit bedacht. Von den Uebersetzungen aus dem Französischen hat sie sich durch sehr kecke, leichtbeschwingte Bücher erholt, Thema: Münchener Bohemewelt und Liebesabenteuer – die Form: anmutigstes Eigengewächs. Ihre eigene halbe Misere hat sie in amüsanter Weise im ‚Geldkomplex‘ parodiert. Im Café Stephanie in München hat die übermütige Gräfin manche lustige Streiche aushecken helfen. Ihr schönster aber war, als sie, die Graziöse, in einem Frauenbuch, das Bilder und Unterschriften von Zeitgenossinnen sammelte, als korpulente Milchfrau mit entsprechender Handschrift auftauchte. Sie hatte einfach das Bild ihrer Milchfrau eingesandt und zur Erläuterung beigefügt, daß das Elend der Schriftstellerei sie zu diesem nahrhafteren Nebenberuf nötige.“

Nachruf im Neuen Wiener Journal vom 6. August 1918[7]

Werk und Rezeption



Charakterisierung


Fanny zu Reventlow, porträtiert 1901/02 von Marie von Geysow
Fanny zu Reventlow, porträtiert 1901/02 von Marie von Geysow

Während Reventlows eigentliche künstlerische Ambitionen in der Malerei zu keinem nennenswerten Œuvre geführt haben, hat sie durch ihre schriftstellerischen Nebentätigkeiten ein einzigartiges Beispiel humoristisch-satirischer Literatur und ein wertvolles kulturgeschichtliches Zeugnis der Schwabinger Bohème hinterlassen. Ihre Romane und Novellen werden bis heute verlegt und gelesen.

Ihr autobiografischer Erstlingsroman Ellen Olestjerne (1903) kann noch als Bekenntnis- und Selbstfindungsbuch nach einem typischen Muster der Zeit (vgl. etwa Gabriele Reuters Aus guter Familie von 1895) gelten. Sie schrieb ihn auf Anregung (und fast möchte man sagen: unter Aufsicht) von Ludwig Klages als eine Art Eintrittskarte in den Kreis der „Befreiten“ (wie man die Bohémiens in München damals nannte) und verwendete dabei authentische Tagebucheinträge und den Liebesbriefwechsel mit Fehling aus ihrer Jugend in Lübeck. Später distanzierte sie sich allerdings von ihrem Erstlingswerk – und schon 1904 auch vom Kosmiker-Kreis in ihrem Schwabinger Beobachter.

Fotografie aus dem Jahr 1905
Fotografie aus dem Jahr 1905

Mit ihren eher novellistisch angelegten Romanen und Erzählungen der 1910er Jahre betrat sie völlig neues Terrain. Der hier verwendete humoristische, artifiziell-leichte Plauderstil wurde handwerklich vorbereitet durch ihre Übersetzung von über vierzig meist französischen Gesellschaftsromanen (u. a. von Marcel Prévost) und durch die Witze, die sie für fünf Mark das Stück für das Satireblatt Simplicissimus schrieb. In den „Amouresken“ Von Paul zu Pedro (1912) stellte sie in Form eines Briefromans à la Liaisons Dangereuses eine Art Typenlehre erotischer Begegnungen in der Bohème auf. Ihr berühmtestes Buch ist der Schlüsselroman Herrn Dames Aufzeichnungen oder Begebenheiten aus einem merkwürdigen Stadtteil (1913), in dem die Streitigkeiten zwischen den auseinanderbrechenden „Fraktionen“ des Kosmiker-Zirkels mit dem Pathos eines Revolutionsberichts ironisch konterkariert werden. Der Roman bezieht sein humoristisches Potential vor allem aus der künstlich-naiven Sprecherposition des neutralen Beobachters „Herrn Dame“ (dahinter verbirgt sich der spätere Heidelberger Psychiater Hans Walter Gruhle), die sich mit der eines Kater Murr durchaus messen kann. In Der Geldkomplex (1916) schließlich – nach der Titelseite „Meinen Gläubigern zugeeignet“ – lieferte Reventlow (wiederum in Briefform) eine schwankhaft-komische Reflexion auf die pekuniäre Dimension des Bohèmelebens und zugleich eine Parodie auf die Psychoanalyse. Kleinere Erzählungen des Schwabing-Genres erschienen zusammengefasst 1917 unter dem Titel Das Logierhaus zur Schwankenden Weltkugel und andere Novellen in der Reihe „Langens Markbücher“.

In Reventlows letztem Roman Der Selbstmordverein macht sich trotz aller Ironie auch ein melancholischer Zug bemerkbar, der einer allgemeineren Stimmung in der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg entsprach, als die ehemaligen Bohème-Kreise Münchens und Berlins sich mehr und mehr zu reformatorisch-sektiererischen Zirkeln in Rückzugsgebieten (Monte Verità) wandelten oder zur politischen Aktion (Räterepublik) bekannten. Der Roman blieb unvollendet (als Fragment ediert 1925).

Annette Kolb erzählt in ihrem Buch Zarastro (1921) von einer Begegnung mit Fanny Reventlow ein Jahr vor deren Tod im Mai 1917:

„Ihr Zynismus kannte keine Grenzen, doch immer alles mit Grazie. Vom Schreiben wollte sie nichts mehr wissen […]. Ich sprach von ihren Schriften, und daß keine Bücher dieses leichten Kalibers mit ähnlicher Qualität geschrieben worden seien, so blaß, so spöttisch, so geistreich. Aber sie schüttelte den Kopf: es sei zu schwer.“


Wirkungsgeschichte


Nicht nur in Ellen Olestjerne, auch in ihren späteren Werken verarbeitete Reventlow viel autobiografisches Material, und das führte dazu, dass bisweilen alles, was in ihren literarischen Texten vorkommt, auch auf ihre Biografie übertragen wurde. So wurde etwa aufgrund der Erzählung Das gräfliche Milchgeschäft angenommen, sie habe zeitweilig auch als Milchverkäuferin gearbeitet – wofür aber jeder Beleg fehlt. Eine Anekdote über Reventlows „Investition“ in ein Milchgeschäft und ihr Scheitern als Milchhändlerin nach nur wenigen Wochen findet sich in Korfiz Holms Autobiographie.[8]

Küche im Eckhaus in der Kaulbachstraße, München, ca. 1903/1904
Küche im Eckhaus in der Kaulbachstraße, München, ca. 1903/1904
Bohdan von Suchocki, porträtiert von Fanny zu Reventlow
Bohdan von Suchocki, porträtiert von Fanny zu Reventlow

Das anhaltende Interesse an Fanny Reventlow galt entsprechend nicht nur ihrem literarischen Werk, sondern zum großen Teil auch ihrer Person und Biografie, speziell ihren diversen Liebesbeziehungen (unter vielen anderen zu Ludwig Klages, Karl Wolfskehl, Alfred Frieß, Walter Strich, dem Bruder des deutsch-schweizerischen Germanisten Fritz Strich, und Günther von Pechmann). Als die „Schwabinger Gräfin“ ging sie in die Geschichte der Münchner Moderne ein. Berühmt wurde ihre Wohngemeinschaft mit ihrem Freund Bohdan von Suchocki und Franz Hessel, dem „Financier“ des Ganzen, 1903–1906 im „Eckhaus“, in der Kaulbachstraße 63 (das Haus steht nicht mehr).

In den 1970er/1980er Jahren wurde Reventlow wegen ihres unkonventionellen Lebens zu einer Ikone der sexuellen Revolution und Frauenemanzipation stilisiert. Reventlow selbst äußerte sich eher distanziert bis zynisch über die Frauenbewegung ihrer Zeit, wenngleich sie durchaus freundschaftliche Beziehungen zu einigen ihrer Vertreterinnen (wie Anita Augspurg und Helene Böhlau) unterhielt.

Erst in jüngerer Zeit erwacht im Zuge einer kulturwissenschaftlichen Erforschung der literarischen Moderne und der Bohème-Gesellschaften in München und Berlin auch wieder verstärkt Interesse an Reventlows literarischen Werken und an einer wirklichen, hinter der hagiografisch aufbereiteten Wirkungsgeschichte inzwischen nahezu verschütteten Biografie der „Schwabinger Gräfin“.


Publikationsgeschichte


Tagebuchseite 1902
Tagebuchseite 1902

Der Personenkult um Reventlow wurde vor allem durch die Editionstätigkeit ihrer Schwiegertochter Else Reventlow vorbereitet und gestaltet. Sie veröffentlichte 1925 eine einbändige Werkausgabe, die – in gekürzter, anonymisierter und literarisierter Form, leider aber auch mit zahlreichen Auslassungen, Fehllesungen und Verfälschungen – Fanny Reventlows Tagebücher enthielt. 1928 folgte eine Edition der Briefe, und auch dabei hatte Else Reventlow mit einigen Schwierigkeiten zu kämpfen. So wurden zum Beispiel die Briefe an Ludwig Klages der Herausgeberin vom Adressaten nicht im Original, sondern nur in einer von ihm selbst vorgenommenen Auswahl, radikal gekürzt und in neuer Reinschrift zur Verfügung gestellt.

Diese Erstpublikationen der autobiografischen Schriften wurden in zwar revidierten und ergänzten, aber noch immer nicht originalgetreuen Fassungen 1971–80 wieder aufgelegt. Manche Rücksichten auf um 1925/28 noch lebende Personen fielen nun weg, und deshalb konnten Anonymisierungen rückgängig gemacht werden. Die fiktionalisierende Gestaltung des Tagebuchs aber (beispielsweise durch Kapitelüberschriften) und seine mangelhafte Textgestalt (Auslassungen u. ä.) wurden beibehalten.

Wiederum ohne einen Abgleich mit den Manuskripten wurde diese Fassung der Tagebücher schließlich in die 2004 erschienene Werkausgabe in fünf Bänden aufgenommen. Auch die Briefe wurden für diese Ausgabe nur teilweise neu gelesen und textkritisch revidiert. Die wichtigste autobiografische Schrift, Reventlows Tagebuch, wurde erst 2006 authentisch ediert.

Reventlows Nachlass liegt im Literaturarchiv „Monacensia“ der Münchner Stadtbibliothek.


Namensfragen


Der Name im Geburtsregister lautet eindeutig Fanny. Ihre Aufsätze für die Zürcher Diskußjonen 1898 und 1899 wurden von Panizza unter dem korrekten Namen „Fanny Gräfin zu Reventlow“ publiziert. Ihre Bücher, auch ihre Übersetzungen, erschienen 1897–1917 allesamt unter der Verfasserangabe „F. Gräfin zu Reventlow“, was also als der eigentlich von ihr intendierte Schriftstellername zu gelten hat.

Durch Else Reventlows und die ihr nachfolgenden postumen Editionen hat sich auch der heute meist gebräuchliche Name „Franziska Gräfin zu Reventlow“ etabliert, dessen Status allerdings höchst prekär ist. Die kursierende Anekdote, sie habe ihren Taufnamen „Fanny“ gehasst und sich deshalb zeitlebens „Franziska“ genannt und nennen lassen, lässt sich mit den vorhandenen Dokumenten nicht bestätigen. Es gibt lediglich Hinweise auf ein vorübergehendes Namensspiel, das sie (beziehungsweise mit ihr befreundete Personen) in ihrer frühen Münchner Zeit veranstaltete(n). Der vor allem im Norddeutschen und Englischen gebräuchliche, vollgültige und gerade auch im Adel häufiger auftauchende Vorname „Fanny“ konvergiert im bairischen Sprachraum mit der Abkürzung „Fanny“ für Franziska; beide Namen haben jedoch vermutlich nichts miteinander zu tun. Befangen in diesem Missverständnis nannten Rilke und Klages sie deshalb in Briefen veredelnd „Francisca“ oder auch „Franciska“, und sie selbst spielte in ihrem Tagebuch und in den Briefen an Klages mit der Unterscheidung von zwei Ich-Rollen: der „kleinen Fanny“ und der „großen Franziska“.

Möglicherweise in diesem Sinne ließ sich die „erwachsene“ Reventlow 1898 als „Franziska Gräfin zu Reventlow“ in Kürschners Literaturkalender eintragen. Dies war jedoch ein einmaliger Vorgang, da sie sich in den folgenden Jahren nicht mehr um einen Eintrag bei Kürschner und die alljährlich eintreffenden Fragebögen kümmerte. Auch bei ihren Versuchen, am Theater Fuß zu fassen, scheint sie sich Dokumenten zufolge den Künstlernamen „Franziska Gräfin zu Reventlow“ gegeben zu haben.


Werke



Originalausgaben


Ellen Olestjerne, Erstausgabe 1903
Ellen Olestjerne, Erstausgabe 1903
Herrn Dames Aufzeichnungen – Originalausgabe, Albert Langen, München 1913
Herrn Dames Aufzeichnungen – Originalausgabe, Albert Langen, München 1913

Postume Veröffentlichungen



Übersetzungen aus dem Französischen (Auswahl)



Ausstellungen



Literatur



Filme und Hörspiele




Wikiquote: Fanny zu Reventlow – Zitate
Wikisource: Fanny Gräfin zu Reventlow – Quellen und Volltexte
Commons: Fanny zu Reventlow – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise


  1. Der korrekte zweite Vorname lautet mit größter Sicherheit „Liane“. Verwirrung entstand, weil eine Sicherungsabschrift des Husumer Kirchenbuchs stattdessen „Liena“ schreibt, ein offensichtlicher Fehler des Kopisten.
  2. Alken Bruns: Kultfigur und Bürgerschreck. Ibsenrezeption in Lübeck um 1890. In: Wolfgang Butt, Bernhard Glienke (Hrsg.): Der nahe Norden: Otto Oberholzer zum 65. Geburtstag; eine Festschrift. Frankfurt am Main; Bern; New York; Nancy: Lang 1985 ISBN 978-3-8204-5349-2, S. 125–138, hier S. 1125.
  3. Richard Faber, Susanne Lanwerd: Kybele-Prophetin-Hexe: religiöse Frauenbilder und Weiblichkeitskonzeptionen. Verlag Königshausen & Neumann, 1997, ISBN 3-8260-1350-6, so S. 166.
  4. Im Geburtsdokument wird der Maler Stefan Kalinschey formal als Vater benannt, siehe Sabine Kneib: Else und Rolf Reventlow – zwei politisch engagierte Journalisten; es gibt jedoch keine amtliche Vaterschaftsanerkennung.
  5. Bernd Fäthke: Jawlensky und seine Weggefährten in neuem Licht. München 2004, S. 86f.
  6. Horst Baier, Mario Rainer Lepsius, Wolfgang Schluchter und Johannes Winckelmann: Max-Weber-Gesamtausgabe. Abteilung II: Briefe. Band 8. J. C. B. Mohr (Paul Siebeck), Tübingen 2013, Hintergrundinformationen – Digitalisat, ISBN 3-16-147920-3, S. 438.
  7. Aus aller Welt. In: Neues Wiener Journal, 6. August 1918, S. 7 (Online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/nwj
  8. Korfiz Holm: ich – kleingeschrieben. Albert Langen & Georg Müller, München 1932, online.
  9. Literatur.: Allgemeine Sport-Zeitung, Jahrgang 1900, S. 1283 (Online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/asz
  10. Französisches Schriftthum in Deutscher Sprache. In: Ostdeutsche Rundschau. Wiener Wochenschrift für Politik, Volkswirthschaft, Kunst und Literatur / Ostdeutsche Rundschau. Deutsches Tagblatt, 17. April 1901, S. 2 (Online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/odr
  11. Neue Bücher. In: Ostdeutsche Rundschau. Wiener Wochenschrift für Politik, Volkswirthschaft, Kunst und Literatur / Ostdeutsche Rundschau. Deutsches Tagblatt, 19. Juli 1900, S. 16 (Online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/odr
  12. L. G. Ricek-Gerolding: Georges Ancey, „Die Hochwürdigen“. In: Ostdeutsche Rundschau. Wiener Wochenschrift für Politik, Volkswirthschaft, Kunst und Literatur / Ostdeutsche Rundschau. Deutsches Tagblatt, 25. November 1903, S. 1 (Online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/odr
  13. https://www.muenchner-stadtbibliothek.de/veranstaltungen/details/frei-leben-die-frauen-der-boheme-1890-1920-15555

Personendaten
NAME Reventlow, Fanny zu
ALTERNATIVNAMEN Reventlow, Franziska zu; Gräfin zu Reventlow, Fanny Liena Wilhelmine Sophie Auguste Adrienne (vollständiger Name)
KURZBESCHREIBUNG deutsche Schriftstellerin, Malerin und Übersetzerin
GEBURTSDATUM 18. Mai 1871
GEBURTSORT Husum
STERBEDATUM 26. Juli 1918
STERBEORT Muralto

На других языках


- [de] Fanny zu Reventlow

[fr] Fanny zu Reventlow

Fanny zu Reventlow, née le 18 mai 1871 à Husum (province du Schleswig-Holstein) et morte le 26 juillet 1918[1] à Locarno (Suisse), est une écrivaine, peintre et une traductrice allemande.

[it] Franziska zu Reventlow

Franziska zu Reventlow (Husum, 18 maggio 1871 – Locarno, 26 luglio 1918) è stata una scrittrice, pittrice e traduttrice tedesca.



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