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Franz Blei (* 18. Januar 1871 in Wien, Österreich-Ungarn; † 10. Juli 1942 in Westbury, New York, USA) war ein österreichischer Schriftsteller, Übersetzer, Herausgeber und Literaturkritiker. Sein Hauptwerk ist Das große Bestiarium der deutschen Literatur, darin er ausgewählte zeitgenössische Schriftsteller in Tierallegorien vorstellte. Unter seinen Übersetzungen gelten die von Oscar Wilde Märchen und De Laclos Gefährliche Liebschaften als weiterhin vorzüglich.

Nini und Carry Hess: Franz Blei (1924)
Nini und Carry Hess: Franz Blei (1924)

Leben


Blei war der Sohn eines wohlhabenden Schusters.[1] Er besuchte das Stiftsgymnasium Melk.[2] Nach einem Studium in Wien, Zürich, Genf und Bern, wo er 1895 mit einer Dissertation über die Dialoge des Abbé Galiani zum Doktor der Nationalökonomie promovierte. In der 1899 von Otto Julius Bierbaum, mit Hilfe zweier Geldgeber, begründeten Zeitschrift Die Insel wurde Blei 1900 als Redakteur tätig.[3] Er gehörte zum Kreis um Victor Adler und war mit diesem befreundet.[4]

Bekannt wurde Blei vor allem als Essayist (Prinz Hypolit und andere Essays, Insel-Verlag, Leipzig 1903[5] u. v. a.) sowie als Herausgeber von Zeitschriften und erotischen Texten (z. B. die Zeitschriften Der Amethyst, 1905, und Die Opale, 1907, oder die Sammlung erotischer Barockliteratur Das Lustwäldchen, 1907 ff.) bzw. philosophischer Essays über Pornografie. In einer seiner Zeitschriften – Hyperion (1908–1910 im Verlag Hans von Weber, München) – debütierte Franz Kafka. Er übersetzte Charles Baudelaire, Paul Claudel, Choderlos de Laclos, Marcel Schwob, André Gide, Nathaniel Hawthorne, Edgar Allan Poe und Oscar Wilde. Darüber hinaus publizierte er als Herausgeber u. a. Robert Walser. Für Robert Musil, mit dem er zeitlebens befreundet war, publizierte er Der Lose Vogel (Leipzig 1912/13) und Summa (1917). In den 1920er Jahren war er ein wichtiger Beiträger der Kulturzeitschrift Der Querschnitt.

Sein bekanntestes Werk als Schriftsteller und Kritiker ist Das große Bestiarium der deutschen Literatur (erstmals 1920 in München, ab 1922 bei Rowohlt). Dort beschrieb Blei spöttisch oder ironisch alle wichtigen Autoren in alphabetischer Ordnung als mehr oder weniger exotische Tiere. So beschreibt er „die Hesse“ als „eine liebliche Waldtaube, die dem Stadtbewohner die Sensation der Natur verschaffe, dank kleiner Drüsen, ‚aus denen sie einen Geruch absondert, der leise an Tannenduft erinnert‘“.[6] In späteren Auflagen wurde Bleis „Bestiarium“ jeweils erweitert, unter anderem um Beiträge über Robert Musil und Hermann Broch, deren Namen nur verschlüsselt im Vorwort erwähnt werden. Einige seiner Dramen bzw. Dramenübersetzungen wurden auch vertont, darunter Das Nusch-Nuschi 1920 von Paul Hindemith und seine Übersetzung von André Gides König Kandaules von Alexander Zemlinsky (→ Der König Kandaules). Zu Bleis Pseudonymen als Autor zählen Medardus und Doktor Peregrinus Steinhövel.

Blei lebte in München, Berlin und Wien, bevor er 1932 aus finanziellen und politischen Gründen nach Cala Rajada (Mallorca) emigrierte. 1933 wurden Bleis Bücher in Deutschland in den öffentlichen Bibliotheken verboten und aussortiert.[7] Mit Ausbruch des Spanischen Bürgerkriegs im Sommer 1936 begann für Blei eine leidvolle Odyssee, die ihn über Wien, Florenz, Lucca, Cagnes-sur-Mer, Marseille und Lissabon nach New York führte. Verheiratet war er mit der Zahnärztin Maria Franziska Lehmann (* 2. Januar 1867 in Offenburg; † 8. November 1943 in Gengenbach).[8] Der Ehe, die nie geschieden wurde, wiewohl die Ehepartner bald nach der Geburt des ersten Kindes weitgehend getrennte Wege gingen, entstammen die Tochter Maria Eva Sibylla (* 22. März 1897 in Zürich; † 14. März 1962 in Costa da Caparica/Portugal) und der Sohn Peter Maria (* 17. Juni 1905 in München; † 18. Juli 1959 in Wädenswil/ZH). Beide starben kinderlos.[9]

Als Büchersammler gehörte er 1907 zu den Mitbegründern der Gesellschaft der Münchner Bibliophilen (1908–1913) und übersetzte erstmals das „Philobiblion“ von Richard de Bury ins Deutsche.

1959 wurde die Bleigasse in Wien-Favoriten nach ihm benannt.


Darstellung Bleis in der bildenden Kunst (Auswahl)



Werke (Auswahl)



Libretti



Übersetzungen (Auswahl)



Literatur




Wikisource: Franz Blei – Quellen und Volltexte

Einzelnachweise


  1. Ulrich E. Bach: Franz Blei, 2010, S. 3
  2. Gregor Eisenhauer: Franz Blei, der Literat: ein biographischer Essay, Band 1, Elfenbein Verlag, Berlin 2004. S. 10
  3. Hans-Joachim Böttcher: Otto Julius Bierbaum - Ein Poetenleben voller Ruhm und Tragik. Beiträge zur Literaturwissenschaft, Nr. 16. Gabriele Schäfer Verlag, Herne 2022, ISBN 978-3-944487-94-6, S. 108 u. a.
  4. Karl H. Salzmann: Franz Blei Neue Deutsche Biographie 1955, S. 297
  5. Franz Blei: Prinz Hypolit und andere Essays als Digitalisat im Internet Archive
  6. Hermann Hesse: Bäume. Betrachtungen und Gedichte. Hrsg. von Volker Michels. Mit Fotografien von Imme Techentin. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1952; Taschenbuchausgabe: Insel, Frankfurt am Main 1984, ISBN 3-458-32155-1, S. 2.
  7. Ursula Pia Jauch (Nachwort) in: Franz Blei, Erzählung eines Lebens, Wien: Zsolnay 2004, S. 516
  8. Gabi Einsele: Dieser Kreis um – sagen wir Maria Lehmann in Dietrich Harth: Franz Blei, Mittler der Kulturen. Hamburg 1997, ISBN 3-434-52002-3, S. 223
  9. Angela Reinthal, Einführung in: Uma biblioteca reencontrada - a doação Sibylle Blei - Sara Halpern, Catálogo, 2. parte, BNP, Lisboa 2011, S. 49
  10. https://austria-forum.org/af/Bilder_und_Videos/Historische_Bilder_IMAGNO/Schiele,_Egon/00622481
  11. nur in dieser Ausgabe, nicht in einer weiteren von 1929
Personendaten
NAME Blei, Franz
KURZBESCHREIBUNG österreichischer Schriftsteller, Übersetzer und Literaturkritiker
GEBURTSDATUM 18. Januar 1871
GEBURTSORT Wien
STERBEDATUM 10. Juli 1942
STERBEORT Westbury, USA

На других языках


- [de] Franz Blei

[en] Franz Blei

Franz Blei (pseudonyms: Medardus, Dr. Peregrinus Steinhövel, Amadée de la Houlette, Franciscus Amadeus, Gussie Mc-Bill, Prokop Templin, Heliogabal, Nikodemus Schuster, L. O. G., Hans Adolar; January 18, 1871, Vienna – July 10, 1942, Westbury, Long Island, New York) was an essayist, playwright and translator. He was also noted as a bibliophile, a critic, an editor in chief and publisher. He was a friend and collaborator of Franz Kafka.[1]



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