Ivan Ivanji (* 24. Januar 1929 in Veliki Bečkerek, Königreich Jugoslawien) ist ein jugoslawischer bzw. serbischer Schriftsteller, Übersetzer, Diplomat und Journalist.
Ivan Ivanji (um 1958)
Leben
Ivan Ivanji wurde als Sohn einer säkularisierten jüdischen Ärztefamilie im serbischen Banat geboren und lernte als Kind Serbokroatisch, Ungarisch und Deutsch. Ivanji wurde 1944 in das NS-Konzentrationslager Auschwitz und von dort nach Buchenwald deportiert und in den Buchenwalder Außenlagern Niederorschel und Langenstein-Zwieberge als Zwangsarbeiter eingesetzt. Dort befreundete er sich mit dem älteren H. G. Adler, dem es gelang, sich mit Ivanji und anderen Häftlingen vor dem Todesmarsch zu retten. Anlässlich der feierlichen Eröffnungs- und Gedenkveranstaltung der ständigen Ausstellung 'Konzentrationslager Buchenwald - Außenkommando Niederorschel' am 26. Januar 2002 in Niederorschel durch Bürgermeister Egbert Hentrich und dem Leiter der Gedenkstätte Buchenwald, Dr. Volkhard Knigge, hielt Ivan Ivanji eine Ansprache, wurden die Totenliste und das Gedicht 'Spur Deiner Selbst ' von H. G. Adler, geschrieben am 19. Dezember 1944 im Lager Niederorschel, verlesen. An der Feier nahmen auch die Überlebenden Bertrand Herz, Paris, und Dov Goldstein, Israel, teil. Zusammen führten sie mit Schülern des Gymnasiums Worbis der Regelschule Niederorschel, Bürgern und Besuchern Zeitzeugengespräche.
Stolperstein in Zrenjanin
Im Nachkriegsjugoslawien studierte er an der Universität Belgrad Architektur und Germanistik. Er war unter anderem Lehrer, Theaterintendant, Dolmetscher für Josip Broz Tito, von 1974 bis 1978 als jugoslawischer Kulturattaché in Bonn tätig und von 1982 bis 1988 Generalsekretär des jugoslawischen Schriftstellerverbandes. Bekannt ist er vor allem als Romanschriftsteller, er schrieb aber auch Beiträge zu politischen Themen für deutsche Zeitungen und Zeitschriften, u.a. für den Spiegel und den Rheinischen Merkur. Autobiografisch geprägt ist sein Roman Mein schönes Leben in der Hölle. Über seine Zeit als Dolmetscher für den jugoslawischen Staatspräsidenten berichtet er in seinen Erinnerungen mit dem Titel Titos Dolmetscher.
Ivan Ivanji schreibt in Serbokroatisch und in Deutsch. Er übersetzt eigene Romane sowie die von Danilo Kiš und anderen jugoslawischen Autoren ins Deutsche sowie Werke deutsch- und ungarischsprachiger Autoren ins Serbokroatische. Er lebt in Wien und Belgrad.
Ivan Ivanji ist Unterzeichner der 2017 veröffentlichten Deklaration zur gemeinsamen Sprache der Kroaten, Serben, Bosniaken und Montenegriner.[1]
Sein Sohn Andrej Ivanji schreibt als Journalist unter anderem für die tageszeitung, den Standard und die Vreme.
Am 26. Januar 2019 wurde ihm von Ministerpräsident Bodo Ramelow in Belgrad der Thüringer Verdienstorden verliehen.[2][3]
Die Stadt Weimar hat am 11. April 2020 Ivan Ivanji zum Ehrenbürger ernannt.[4]
Werke
Text Pfarrhof Sankt Jakob im Rosental, Kärnten
Romane
Dioklecijan. Belgrad 1973 Deutsche Ausgabe: Kaiser Diokletian. [Ost-]Berlin 1976; München 1978, ISBN 3-471-77834-9
Smrt za Zmajevoj steni. 1982 Deutsche Ausgabe: Der Tod auf dem Drachenfels. Dorsten 1984, ISBN 3-924593-02-7
Konstantin. Belgrad 1988 Deutsche Ausgabe: Kaiser Konstantin. Übersetzung von Barbara Antkowiak, Verlag Volk und Welt, Berlin 1988, ISBN 3-353-00326-6
Schattenspringen. Wien 1993, ISBN 3-85452-251-7
Ein ungarischer Herbst, Wien 1995, ISBN 3-85452-280-0
Barbarossas Jude, Wien 1996, ISBN 3-85452-299-1
Der Aschenmensch von Buchenwald. Wien 1999, ISBN 3-85452-429-3
Die Tänzerin und der Krieg. Wien 2002, ISBN 3-85452-456-0 Serbokroatische Ausgabe: Balerina i rat, 2003
Geister aus einer kleinen Stadt, Wien 2008, ISBN 978-3-85452-633-9
Buchstaben von Feuer, Wien 2011, ISBN 978-3-85452-672-8
Mein schönes Leben in der Hölle, Wien 2014, ISBN 978-3-7117-2008-5[5]
Stalins Säbel, Klagenfurt 2016, ISBN 978-3-99029-178-8
Schlussstrich, Wien 2017, ISBN 978-3-7117-2051-1
Corona in Buchenwald, Wien 2021, ISBN 978-3-7117-2106-8
Kinderbücher
Der gutherzige Hai. Illustrationen von Birgitta Heiskel, Picus Verlag, Wien 1991, ISBN 3-85452-037-9
Religionskrieg oder Völkermord. Die Rolle der Kirche im postjugoslawischen Krieg. In: Neue Gesellschaft/Frankfurter Hefte, Bd. 40.1993, S. 710–717
Die Seelen der Kinder von Auschwitz. KZ-Gedenkstätten in Deutschland. In: Neue Gesellschaft/Frankfurter Hefte, Bd. 44.1997, S. 979–982
Der Duden aus der Nazizeit und die neue Rechtschreibung. Eine Entdeckung. In: Literatur und Kritik, 1998, Heft 329/330, S. 8–11
Indianer in Mazedonien? Mit Karl May in den Schluchten des Balkan. In: Literatur und Kritik, 2001, Heft 359/360, S. 5ff
Ungewünscht frei. Serbien ist ein eigener Staat – gegen seinen Willen. In: die tageszeitung, 23. Mai 2006, S. 4 (auch in der Online-Ausgabe)
Titos Dolmetscher. Wien 2007, ISBN 978-3-85371-272-6, Serbokroatische Ausgabe: Titov prevodilac, 2005
Literatur
Suvremeni pisci Jugoslavije, 1966
J. Janićijević, D. Vlatković, Ivanji, Ivan. In: Leksikon pisaca Jugoslavije, Band 2, 1979, S. 492ff
Susanne Blumesberger, Michael Doppelhofer, Gabriele Mauthe: Handbuch österreichischer Autorinnen und Autoren jüdischer Herkunft 18. bis 20. Jahrhundert. Band 1: A–I. Hrsg. von der Österreichischen Nationalbibliothek. Saur, München 2002, ISBN 3-598-11545-8.
Marko Martin: „Vielleicht hat der Maurerlehrling mich vor dem Tod bewahrt“, Interview, in: Die Literarische Welt, 27. Januar 2018, S. 29
Felix Jaitner: Lebenslänglich Buchenwald. Das bewegte Leben des jugoslawischen Schriftstellers und KZ-Häftlings Ivan Ivanji, neues deutschland, 13. November 2018. online (kostenpflichtig)
Derk, Denis:Deklaration über die gemeinsame Sprache der Kroaten, Serben, Bosniaken und Montenegriner wird verabschiedet. In: Večernji list. 28.März 2017, ISSN0350-5006, S.6–7 (vecernji.hr[abgerufen am 9.Mai 2019] serbokroatisch: Donosi se Deklaracija o zajedničkom jeziku Hrvata, Srba, Bošnjaka i Crnogoraca.). (archiviert auf WebCite (Memento vom 23. Mai 2017 auf WebCite))
Doris Akrap:Geburtstagsfeier von Ivan Ivanji: Erzählen gegen den Tod. In: Die Tageszeitung: taz. 9.Februar 2019, ISSN0931-9085 (taz.de[abgerufen am 9.Februar 2019]).
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