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Barbara Antkowiak, geborene Sparing (* 1933 in Berlin; † Frühherbst 2004 in Berlin) war eine Slawistin, Literaturübersetzerin und Lektorin, die vor allem aus dem Serbokroatischen und Bulgarische ins Deutsche übersetzte. 1995 erhielt Antkowiak für ihre Übersetzung von Das Buch Blam von Aleksandar Tišma den Paul-Celan-Preis und 2004 für ihr Gesamtwerk den Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung.


Leben


Barbara Antkowiak wurde 1933 als Monika Barbara Sparing[1] in Berlin geboren. Ab 1951 studierte sie an der Karl-Marx-Universität Leipzig Slawistik mit dem Hauptfach Bohemistik. Darüber hinaus lernte sie Bulgarisch, Russisch und Polnisch, während sie sich das Serbokroatische erst später nach dem Studium mit großen Engagement aneignen sollte.[2]

Am 1. September 1956, gleich nach dem erfolgreich abgelegten Examen, wurde Barbara Sparing im Ostberliner Verlag Volk und Welt als Lektorin für den Bereich Volksdemokratien angestellt. Dort bildete sie gewissermaßen mit den Jugoslawen, mit Ausnahme der Mongolen, das Schlusslicht.[3] Sie wurde später stellvertretende Abteilungsleiterin und setzt sich als unverzichtbare Kraft gegen die politische Kaderleitung mit ihrer Arbeitsauffassung durch.

Eine ihrer ersten Übersetzungen aus dem Serbokroatischen veröffentlichte sie 1959 noch unter ihrem Geburtsnamen Barbara Sparing des kroatischen Autors Mato Lovrak: Der Zug im Schnee (Vlak u snijegu) für den Kinderbuchverlag Berlin. Bei ihrer Arbeit verband sie nahtlos die Tätigkeit als Lektorin und Übersetzerin, wobei sie als Übersetzerin bis um die Zeit des Todes ihres Mannes meist mit ihrem Mädchennamen kennzeichnete, als Herausgeberin mit ihrem Ehenamen.

1962 heiratete sie den Schriftsteller und Übersetzer Alfred Antkowiak (1925–1976), der zwei Kinder in die Ehe mitbrachte. Beiden waren keine gemeinsamen Kinder vergönnt, aber ihre literarische Zusammenarbeit geriet überaus produktiv. Während er meist aus dem Niederländischen, Flämischen und Dänischen übersetzte, war sie die Spezialistin für die slawische Sprachfamilien.

Dabei erfüllte sie einerseits durchaus die in der DDR „kulturpolitisch wichtigen Rezeptionslinien der antifaschistischen Literatur bzw. des antifaschistischen Volksbefreiungskampfes“ wie beispielsweise mit Übersetzungen von Mihajlo Lalićs Der Berg der Klagen (Lelejska gora) (1967) oder Die Hochzeit (Svadba) (1972).[4] Darüber hinaus war sie vor allen Dingen an den aktuellen literarischen Entwicklungen in Bulgarien und dem damaligen Jugoslawien interessiert, bei dem sie oft unbekannte Talente aufspürte und förderte. Diese Eigenschaft sollte ihr und manchem Autor nach der politischen Wende zugutekommen, wie insbesondere Nenad Veličković mit Logiergäste (1997). 1966 konnte sie erstmals die DDR verlassen, um direkt Kontakt mit dem komplex zu übersetzenden kroatischen Schriftsteller Miroslav Krleža aufzunehmen, der einer ihrer beiden Lieblingsautoren war. Der andere war Aleksandar Tišma, der ihr überhaupt den Flug mit einer jugoslawischen Airline ermöglicht hatte und später die Kontakte zum Hanser Verlag herstellen sollte.[5] Eine ihrer bevorzugten Tätigkeiten im Verlag war die Übersetzung und Herausgabe von Anthologien wie die bekannte Reihe der Erkundungen.

Als 1990 der Verlag Volk & Welt verkauft und zergliedert wurde, erhielt sie die Kündigung mit 57 Jahren nach 34 Jahren Betriebszugehörigkeit.[6]

Angesichts der frühzeitigen Verrentung und des sich ankündigenden Jugoslawienkriegs gründete sie zusammen mit anderen den Süd-Ost-Europa Kultur-Verein in Berlin-Kreuzberg und stürzte sich vermehrt in die Übersetzertätigkeit, wobei sie sowohl den Exiljugoslawen als auch der späteren gerichtlichen Aufarbeitung der Kriegsverbrechen eine Stimme gab, dank ihrer vielfältigen Übersetzungen.[6] Angesichts der Gesamtjugoslawien durchlaufenden Trennliniendiskussionen, die auch dahin liefen, das Serbokroatische ins Serbische und Kroatische zu trennen, beharrte sie auf der einheitlichen Bezeichnung „naski“, im Sinne von „unsere Sprache“.[6]

In der Dankesrede für den Förderpreis zur Europäischen Verständigung bezeichnete sie die Tätigkeit des Übersetzers als „handwerkliche Tätigkeit in einer Ich-AG“.[6] In ihr übliches Unterstatement mischte sich Sarkasmus, wenn sie über ihre „schrecklichen Jahre“ als Übersetzerin während der 1990er Jahre berichtete. Als Bonmot über die üblichen Probleme ihrer Zunft erzählte sie von einem Wort des Science-Fiction-Autoren Stanisław Lem, Przepustowość. Zwar sollte sie zu DDR-Zeiten Computer noch mit „Rechenautomat“ übersetzen, aber Przepustowosc fand sie in keinem Wörterbuch. Erst die Beschäftigung mit einem Werk des Sprachtheoretikers und Kybernetikers Georg Klaus brachte ihr die richtige Übersetzung: Speicherkapazität.[6]

Die starke Raucherin litt an Osteoporose und starb im Frühherbst 2004 nach einem komplizierten Armbruch im Krankenhaus an einer Lungenembolie, während der Arbeit an Dubravka UgrešićMinisterium der Schmerzen.[6] Dieses und ein weiteres Werk Ugrešić’, die Essaysammlung Keiner zu Hause, erschienen postum 2005 und 2007.

Im Nachruf lobte Angela Richter die Verstorbene als „eine der verdienstvollsten Übersetzerinnen aus den südslawischen Sprachen.“ Damit habe der „deutschsprachige Kultkontext eine Vermittlerin verloren, für die die Präsentation von Werken und Autoren aus slawischen Sprachen Südosteuropas Herzenssache war.“[2]


Werk


Barbara Antkowiak arbeitete jahrzehntelang als Übersetzerin und Lektorin für Literatur aus dem Polnischen, Tschechischen, Bulgarischen und vor allem aus dem Serbokroatischen. Selbst albanische und mongolische Literatur übersetzte sie. Dabei galt sie als die bedeutendste Übersetzerin von Literatur aus dem ehemaligen Jugoslawien im deutschsprachigen Raum. Sie übersetzte unter anderem Werke von Miroslav Krleža, Dubravka Ugrešić und Aleksandar Tišma. Tišma durfte sie als Einzige übersetzen.[7]


Herausgeberin und Übersetzerin


zusammen mit Alfred Antkowiak

alleinige Herausgeberschaft


Übersetzungen


als Barbara Sparing

als Barbara Antkowiak


Auszeichnungen





Einzelnachweise


  1. Angela Richter: In memoriam Barbara Antkowiak In: Zeitschrift für Balkanologie Bd. 42, Nr. 1+2, 2006, S. 287–290, hier S. 290.
  2. Angela Richter: In memoriam Barbara Antkowiak. In: Zeitschrift für Balkanologie. Bd. 42, Nr. 1+2, 2006, S. 287.
  3. Christina Links: Ein Zensor in Ulan Bator. In: Fenster zur Welt. Eine Geschichte des DDR-Verlages Volk & Welt. Herausgegeben von Simone Barck und Siegfried Lokatis, Ch. Links Verlag, Berlin 2003.
  4. Angela Richter: In memoriam Barbara Antkowiak. S. 288.
  5. LEIPZIGER BUCHPREIS ZUR EUROPÄISCHEN VERSTÄNDIGUNG 2003 – ANERKENNUNGSPREIS FÜR BARBARA ANTKOWIAK – DANKESREDE. Abgerufen am 22. Februar 2019.
  6. Thomas Loy: Barbara Antkowiak. Geb. 1933. In: Der Tagesspiegel. 15. November 2004. Aufgerufen am 17. November 2012.
  7. Angela Richter: In memoriam Barbara Antkowiak. S. 289.
  8. Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung – Preisbegründung 2003 (Memento vom 4. März 2010 im Internet Archive). Aufgerufen am 17. November 2012.
Personendaten
NAME Antkowiak, Barbara
ALTERNATIVNAMEN Antkowiak, Barbara; Sparing, Barbara (Pseudonym); Sparing, Monika Barbara (Geburtsname)
KURZBESCHREIBUNG deutsche Slawistin, Literaturübersetzerin und Übersetzerin
GEBURTSDATUM 1933
GEBURTSORT Berlin
STERBEDATUM 2004
STERBEORT Berlin



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