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Lothar Käser (* 23. April 1938 in Freiburg im Breisgau) ist ein deutscher Gymnasiallehrer und Ethnologe.

Lothar Käser im Jahr 2006
Lothar Käser im Jahr 2006

Leben und Wirken



Ausbildung


Käser ist der erste von drei Söhnen des aus dem Nördlinger Ries stammenden Pastors Arnold Käser und seiner Ehefrau Maria Käser, geb. Schimpf. Während der Vater als Soldat im Zweiten Weltkrieg war, floh die Mutter im November 1944 nach einem Bombenangriff auf Freiburg mit den Kindern in die Sicherheit ihres Heimatortes Gültlingen (Wildberg) im Nagoldtal, wo Käser seine Grundschulzeit verbrachte. Ab 1948 besuchte er das Gymnasium in Calw und ab 1951 in Tuttlingen. Nach dem Abitur 1957 studierte er an den Universitäten in Freiburg, München und Tübingen die Fächer Anglistik, Romanistik und Latein. 1962 und 1964 legte er die Staatsprüfungen für das Lehramt an Gymnasien in den Fächern Englisch und Französisch ab. Im Rahmen eines deutsch-französischen Austauschprogrammes übernahm er 1963 für ein Jahr eine Stelle als „Assistant d’Allemand“ am Lycée d’Etat in Evreux und arbeitete danach als Lehrer am Fürstenberg-Gymnasium Donaueschingen.


Arbeit in Mikronesien


Von 1969 bis 1974 war er in der kirchlichen Entwicklungszusammenarbeit mit Dienste in Übersee auf Truk in Mikronesien als Lehrer an der „Philadelphia Junior-Highschool“ der „Evangelical Church of Chuuk“ auf der Hauptinsel Tol tätig. Später wurde er Schulleiter an dieser zuvor von der Liebenzeller Mission gegründeten Schule und Mitglied deren Feldkomitees. Seine Tätigkeit als Lehrer von Schülern, die unter völlig anderen gesellschaftlichen Gegebenheiten sozialisiert worden waren und ihre Lebenswelt in ganz anderer Weise begriffen als europäisch-westlich orientierte Schüler, ließen ihn schon bald erkennen, dass ihre Chuukesische Sprache und ihre ganz anders strukturierte Grammatik den einzig effektiven Schlüssel zum Verstehen der in charakteristisch anderen Denkweisen handelnden Insulaner darstellte. Mit Hilfe eines in der Schulbibliothek gefundenen Buches der amerikanischen Ethnolinguisten Edward Sapir und Benjamin Lee Whorf begann er, sich mit dem Denken und Verhalten in menschlichen Gesellschaften auseinanderzusetzen. Beim Erlernen der Chuuksprache, die er sich mit Hilfe eines älteren Grammatikbuches des Missionars Richard Neumaier erschloss, begann er sich auch mit der Sapir-Whorf-Hypothese über die sprachliche Relativität des menschlichen Denkens zu beschäftigen.[1]

Das veranlasste die Leitung der einheimischen Kirche, ihn 1972 zusammen mit der Missionarin Anneliese Stüber und einem einheimischen Team (Pastoren, Oberhäuptling, Polizist und Medium) mit der Übersetzung des Alten Testamentes in die Chuuksprache zu beauftragen. Das bedeutete auch eine Revision des vorhandenen Neuen Testaments. Beide Teile der Bibel wurden im Jahr 2000 fertiggestellt. Im Zuge der Arbeit an dieser Übersetzung entstand eine Sammlung von sprachlichen Daten zum Menschenbild der Insulaner, das heißt zu ihren Vorstellungen von Körper, Seele und Geist und im weiteren Sinne zu den Formen von Animismus, wie er sich in ihrem Denken manifestiert. Diese Sammlung sollte die Basis für Käsers weiteren Werdegang bilden.


Studium, Forschung und Lehrtätigkeit


Käser arbeitete ab 1974 wieder als Gymnasiallehrer am Fürstenberg-Gymnasium in Donaueschingen und begann gleichzeitig ein Ethnologie-Studium an der Universität Freiburg. Mit einer religionsethnologischen Studie über Der Begriff „Seele“ bei den Insulanern von Truk wurde Käser 1977 in Freiburg zum Dr. rer. nat. promoviert. 1980 zog er mit seiner Familie um nach Freiburg, wo er eine Anstellung als Studiendirektor am Theodor-Heuß-Gymnasium erhielt. 1987 erfolgte seine Habilitation mit einer Arbeit über Die Besiedlung Mikronesiens. Eine ethnologisch-linguistische Untersuchung. Von 1994 bis zu seiner Emeritierung 2011 war er als Außerplanmäßiger Professor für Ethnologie mit Schwerpunkt Ozeanistik, austronesische Linguistik und Religionsethnologie am Institut für Ethnologie der Universität Freiburg tätig.[2]

Käser gilt besonders bei kirchlichen Organisationen als Vordenker in der interkulturellen Zusammenarbeit ("Fremde Kulturen"). Ab 1976 dozierte er bei Fortbildungskursen für Missionare der Liebenzeller Mission. Diese Arbeit wurde ab 1978 unter der Leitung von George W. Peters im Monbachtal als Seminar für Missionarische Fortbildung (SMF) der späteren Akademie für Weltmission fortgesetzt. Hier unterrichtete er mehrere Jahrzehnte als freier Mitarbeiter die Fächer Anthropologie und Ethnologie, desgleichen bei den Wycliff-Bibelübersetzern, der Freien Theologischen Hochschule Gießen[3] und der Theologischen Fernschule BFU.[4]

Seine Reisen für Feldforschungen und Lehrtätigkeiten brachten ihn in verschiedene Länder Südamerikas, Afrikas und Asiens. Die sprachwissenschaftlichen Ergebnisse seiner philologischen Forschung flossen in das neue Wörterbuch der Chuuk-Sprache ein, das u. a. der amerikanische Kulturanthropologe Ward Goodenough herausbrachte.[5]

Käsers erklärtes Ziel ist ein kritischer, konstruktiver Beitrag zu den Themen Entwicklungszusammenarbeit und Missiologie.[6] Er sieht die Tätigkeit der Missionen aus ethnologischen Gründen nicht ausschließlich als Zerstörung von Kulturen, sondern als Auslösung und Begleitung von Aneignungsprozessen, die zum Gelingen, nicht nur von Maßnahmen in der Entwicklungszusammenarbeit, sondern auch von Christianisierungsprozessen beitragen.[7]

Er referiert bis heute bei Veranstaltungen wie dem Regensburger Symposium für Wissenschaft[8] und den Theologischen Tagen der IHL in Bad Liebenzell.[9] Ehrenamtlich engagiert er sich als Mitglied des Kuratoriums der "Akademie der Älteren Generation", einer ökumenischen Initiative der Freiburger Erwachsenenbildung.[10]


Ehrungen


1998 erhielt Käser für sein Werk Fremde Kulturen den George-W.-Peters-Preis.


Privates


Lothar Käser heiratete 1964 Gisela Nonnenberg aus Gütersloh, die als Missionarskind auf Sumatra im Batakland geboren ist. Das Paar wohnt in Schallstadt und hat zwei Kinder.


Veröffentlichungen


Wissenschaftlich

als Mitautor

als Herausgeber

Aufsätze


Literatur





Einzelnachweise


  1. Lothar Käser: Fremde Kulturen, VTR, Nürnberg 2014, S. 174.
  2. Bis 2011 Professor am Institut für Völkerkunde/Ethnologie, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, ethno.uni-freiburg.de, abgerufen am 30. März 2015.
  3. Zur Person Käser (Memento vom 5. März 2014 im Internet Archive)
  4. Dozenten der BFU (Memento vom 4. März 2016 im Internet Archive)
  5. Klaus W. Müller (Hrsg.): Mission in fremden Kulturen: Beiträge zur Missionsethnologie. Festschrift für Lothar Käser zu seinem 65. Geburtstag, VTR, Nürnberg 2003, S. 5–32.
  6. Der positive und negative Beitrag der Mission zur gesellschaftlichen und kulturellen Entwicklung, in: Klaus W. Müller (Hrsg.): Mission im Kreuzfeuer. Referate der Jahrestagung 2001 des Arbeitskreises für evangelikale Missiologie (AfeM) in Wiedenest, VTR, Nürnberg 2001, S. 17–29.
  7. Mythen über Mission. Kritische Anmerkungen eines Ethnologen, in: Magazin "Mission weltweit", Bad Liebenzell 1999.6, S. 17–22.
  8. Wie Menschen Zeit wahrnehmen – Redner beim Regensburger Symposium für Wissenschaft (Memento vom 4. März 2016 im Internet Archive), Meldung vom 14. März 2014.
  9. Referent bei den Theologischen Tagen der IHL (Memento vom 31. Mai 2014 im Internet Archive), Veranstaltung vom 16. bis 18. Juni 2014.
  10. Dozent an der "Akademie der Älteren Generation" der Freiburger Erwachsenenbildung, erwachsenenbildung-freiburg.de, abgerufen am 10. August 2015.
Personendaten
NAME Käser, Lothar
KURZBESCHREIBUNG deutscher Ethnologe und Lehrer
GEBURTSDATUM 23. April 1938
GEBURTSORT Freiburg im Breisgau



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