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Marianne Frisch (* 1939 als Marianne Oellers in Ratingen) ist eine deutsche literarische Übersetzerin. Sie war von 1968 bis 1979 die zweite Ehefrau von Max Frisch.


Leben


Marianne Oellers wuchs mit drei Brüdern – unter ihnen der spätere Schiller-Forscher Norbert Oellers (* 1936)[1]– als viertes Kind des Schriftstellers Werner Oellers (1904–1947) und seiner Frau Susanne Oellers geb. Beck (1904–1994) in Hösel bei Ratingen auf. Sie studierte Germanistik, Philosophie und Romanistik in Bonn und seit dem Frühjahr 1960 in München vor allem Theaterwissenschaft, wobei sie im Marionettentheater Kleines Spiel den Dramatiker Tankred Dorst (1925–2017) kennenlernte. Als dieser 1962 Stipendiat der Villa Massimo wurde, reiste sie in den Semesterferien nach Rom. Aus der Zeit in Rom rührt auch der Kontakt mit Uwe Johnson.[2]

Gemeinsam mit Tankred Dorst besuchte Marianne Oellers im März Ingeborg Bachmann und Max Frisch. Dieser verliebte sich in die Studentin und lud sie nach Rom ein, als Ingeborg Bachmann in München war. Marianne Oellers fragte die bewunderte Dichterin und wurde von ihr aufgefordert, die Einladung anzunehmen.[3] In der Folge wurden sie und der 51-jährige Max Frisch ein Paar;[4] die beiden lebten in der Via Margutta 53B zusammen.[5] 1964 ließ Max Frisch in Berzona ein Haus, das er für sich und seine Partnerin gekauft hatte, unter der Aufsicht eines einheimischen Architekten umbauen; Einzug war „am 15. Mai 1965, pünktlich zu seinem vierundfünfzigsten Geburtstag“.[6] Im Oktober 1967 besuchen Max Frisch und Marianne Oellers „gemeinsam mit Friedrich Dürrenmatt und dessen Frau Lotti“[7] Venedig. Bei der Heirat 1968 nahm Marianne Oellers den Nachnamen Frisch an, von da an sind für sie die Namensformen Marianne Frisch-Oellers und Marianne Frisch bekannt.[8] Im Februar 1973 übersiedelte das Paar nach Berlin in die Sarrazinstraße, wo ein langer Tisch Marianne Frisch „für ihre Übersetzungs- und Lektoratsarbeiten diente“.[9] Die Ehe wurde 1979 geschieden, nachdem es bereits 1974 zum ersten größeren Zerwürfnis gekommen war – dabei spielten Max Frischs Erzählung Montauk und die darin verarbeiteten Ereignisse und Erfahrungen der Eheleute Frisch in den USA eine Rolle. Marianne Frisch blieb in der vormals gemeinsamen Wohnung in Berlin-Friedenau.[10] Ereignisse und Gedanken während seines Lebens in Berlin und während der Ehe mit Marianne Frisch verarbeitete Max Frisch auch in dem postum erschienenen, tagebuchartigen Werk Aus dem Berliner Journal.

Im Katalog des Deutschen Literaturarchivs Marbach sind neben elf Druckwerken 46 Handschriften gelistet. Anfang der 1980er-Jahre schrieb Marianne Frisch gemeinsam mit Martin Kluger die Hörspiele Heulen und Zähneknirschen und Die Tiere und die Toten.

Seit Beginn der 1970er-Jahre trat Frisch – zu Beginn auch unter ihrem Mädchennamen – als Übersetzerin in Erscheinung. Ihre Übertragung des kurzen Romans The Saddest Summer of Samuel S. von J. P. Donleavy (Originalausgabe 1966) erschien unter dem Titel Schlimmer Sommer für Samuel S. In der Folge war sie an deutschen Ausgaben vor allem englischsprachiger Werke der klassischen Moderne und der literarischen Postmoderne beteiligt: Sie übertrug Renata Adler, Susan Sontag und Donald Barthelme, den sie während einer USA-Reise mit Max Frisch auch persönlich kennen gelernt hatte.[11] Als einer der Übersetzer der Kurzprosa von Virginia Woolf war sie in deren deutsche Werkausgabe (Hrsg.: Klaus Reichert) mit eingebunden. Des Weiteren übersetzte sie Texte von Rosmarie Waldrop und Grace Paley. Über den 1985 in der edition suhrkamp erschienen Band Ungeheure Veränderungen in letzter Minute, in dem sich ihr Name als Übersetzerin neben denen von Jürg Laederach und Hanna Muschg befindet, hieß es in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung: „Marianne Frisch, Jürg Laederach und Hanna Muschg haben die Stimmenvielfalt und den Sprachreichtum der Autorin überzeugend ins Deutsche übertragen.“[12] Anlässlich der Neuausgabe von Renata Adlers Rennboot schrieb eine Rezensentin: „Wie in der ersten deutschen Ausgabe 1979 wurde in der neuen Auflage Marianne Frischs Übersetzung aus dem amerikanischen Englisch beibehalten. Diese schafft es, die klare, kühle Sprache des Originals zu übermitteln.“[13]

Die Webseite der amerikanischen Literaturzeitschrift Fiction nennt Marianne Frisch als „European Editor“.[14] Im Anhang zu Hiding Man. A Biography of Donald Barthelme dankt der Verfasser Tracy Daugherty Marianne Frisch für ihre Auskünfte. In der Biografie wiedergegeben findet sich auch eine Reminiszenz von Frisch, in welcher sie ihre Erinnerungen an jene Begegnung mit Barthelme schildert, bei der sie ihm von ihrer bevorstehenden Übersetzung von City Life und von damit verbundenen Bedenken berichtet habe.[15] Ihre Übersetzerarbeit am Werk von Barthelme, die auch in Briefen Frischs an den Autor dokumentiert ist[16], fand Niederschlag in teilweise gemeinsam mit Christian Enzensberger verantworteten Buchveröffentlichungen.

2010 attestierte der Max-Frisch-Biograf Volker Weidermann der 71-jährigen Marianne Frisch, „Witwe, Philologin, Übersetzerin, die noch heute in der Wohnung von damals lebt“, „beste Gesundheit, hellsichtige[n] literarische[n] Verstand, große[n] Humor“.[17] Bei den Recherchen für die Ingeborg-Bachmann-Biografie von Ina Hartwig (Erstausgabe 2017) war Marianne Frisch eine der befragten „Zeitzeugen“.[18] Auch im Zuge der Arbeit am Film Bachmann & Frisch (Drehbeginn 2022) kam es zu einem Treffen von Marianne Frisch mit Margarethe von Trotta. Laut der Regisseurin sei ihre Gesprächspartnerin „dagegen“, dass sie einen Film über Frisch mache, habe ihr jedoch „viel erzählt“.[19] In der Filmbiografie wird Marianne Frisch, die einzige im Produktionszeitraum noch lebende der dargestellten Hauptpersonen (Ingeborg Bachmann, Max Frisch, Marianne Oellers, Tankred Dorst, Adolf Opel, Hans-Werner Henze), verkörpert von Luna Wedel.[20]


Übersetzungen



Bücher (Auswahl)



Beiträge (Auswahl)





Einzelnachweise


  1. Dieter Brockschnieder: „Mein Schwager Max Frisch“. Literatur-Professor Norbert Oellers plaudert über Privates. In: Bonner Rundschau. 5. Februar 2018, abgerufen am 6. November 2021.
  2. Thomas Herold und Thomas Schulz: Der fremde Freund. Marianne Frisch und Uwe Johnson, in: Roland Berbig, gemeinsam mit Thomas Herold, Gesine Treptow und Thomas Wild (Hrsg.): Uwe Johnson. Befreundungen. Gespräche Dokumente Essays. Edition Kontext, Berlin, 2002.
  3. Volker Weidermann: Liebespaar Bachmann und Frisch – Der lächelnde Mörder, Der Spiegel, 3. März 2017
  4. „Als Frisch Marianne Oellers, der damaligen Freundin von Tankred Dorst, begegnet, sei er schlicht ‚reif für eine neue Liebe‘ gewesen. Oellers war mit ihren gerade mal 23 Jahren nicht einmal halb so alt wie Frisch, der so tat, als könne ihm ‚ein Neuanfang‘ helfen, als brauche er nur den Arm um eine prickelnd fremdartige, sehr junge Schulter legen und alles werde gut“, formuliert Rolf Löchel in seiner Besprechung von Ingeborg Gleichauf: Ingeborg Bachmann und Max Frisch. Eine Liebe zwischen Intimität und Öffentlichkeit. Piper Verlag, München 2013
  5. Siehe den Abschnitt In der Via Margutta: Marianne Oellers im Kapitel Raus aus der Schweiz – und wieder zurück: 1960 - 1970, in: Volker Hage (Hg.): Max Frisch. Sein Leben in Bildern und Texten. Suhrkamp, Berlin, 2011.
  6. Dietmar Jacobsen: Max Frisch im Tessin. In: Literaturkritik.de. Oktober 2013, abgerufen am 6. November 2021.
  7. Über Max Frisch, Biografie. Max Frisch-Archiv an der ETH-Bibliothek, abgerufen am 6. November 2021.
  8. Indexeintrag: Frisch, Marianne. Deutsche Biographie, abgerufen am 6. November 2021.
  9. Wiebke Porombka: Hackepetergemütlich. In: Der Tagesspiegel. 29. Januar 2012, abgerufen am 6. November 2021.
  10. Hellmuth Karasek: Bildnis eines Kerls. In: Welt. 18. Dezember 2010, abgerufen am 6. November 2021.
  11. Der US-Wikipedia-Eintrag zu Donald Barthelme spricht davon, dass die Literaturzeitschrift Fiction von Barthelme „with Mark Mirsky and the assistance of Max and Marianne Frisch“ gegründet worden sei.
  12. Agnes Hüfner: Grace Paley: Ungeheure Veränderungen in letzter Minute, Rezension, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 23. Januar 1986, S. 26.
  13. Kristine Harthauer: Im Schnellboot durch den Alltag New Yorks. Renata Adlers Roman „Rennboot“ vermittelt 70er-Jahre-Feeling. In: literaturkritik.de. Abgerufen am 2. November 2022.
  14. Fiction, Masthead. City College of New York, abgerufen am 6. November 2021 (englisch).
  15. Tracy Daugherty: Hiding Man. A Biography of Donald Barthelme. St. Martin’s Press, New York 2009, S. 342 ff.
  16. File — Box: 11, Folder: 19 (University of Houston Libraries Special Collections Donald Barthelme Literary Papers (2002-007), Correspondence, 1958–1997, Marianne Frisch, 1979–1982, undated). Abgerufen am 2. November 2022.
  17. Volker Weidermann: "Ich merke schon meine Scham". Max Frisch: Aus dem Berliner Journal. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. Abgerufen am 6. November 2021.
  18. Ina Hartwig: Wer war Ingeborg Bachmann? Eine Biographie in Bruchstücken, S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2017. Darin: Gespräch in Berlin am 21. November 2014.
  19. So überliefert und zitiert im Interview mit Julia Schafferhofer, Kleine Zeitung, 15. Mai 2022.
  20. Dreharbeiten für Ingeborg Bachmann-Spielfilm gestartet, Salzburger Nachrichten, Austria Presse Agentur, 25. April 2022.
Personendaten
NAME Frisch, Marianne
ALTERNATIVNAMEN Oellers, Marianne (Geburtsname); Oellers-Frisch, Marianne
KURZBESCHREIBUNG deutsche literarische Übersetzerin
GEBURTSDATUM 1939
GEBURTSORT Hösel



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