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Martin Woesler (* 29. September 1969 in Münster) ist ein deutscher Sinologe und Kulturwissenschaftler. Nach Professuren in Deutschland, den USA und Italien ist er seit 2015 Mitarbeiter an der Universität Witten/Herdecke[1][2] und seit 2019 Distinguished Professor an der Hunan Normal University, China[3]. Seit 2020 hat er dort auch einen Jean Monnet-Lehrstuhl der EU-Kommission inne.[4][5] Er ist Übersetzer aus dem Chinesischen, u. a. Mit-Übersetzer des chinesischen Romans Traum der Roten Kammer, und er gibt mit Zhang Renli ein bidirektionales Chinesisch-Wörterbuch heraus. Er forscht über das Sozialkredit-System und Medienkulturen in China.

Martin Woesler (2004)
Martin Woesler (2004)

Ausgewählte Funktionen / Ehrungen


Am 1. Juni 2017 wurde Woesler zum Präsidenten der Deutschen China-Gesellschaft gewählt.[6] 2019 war er während des Sommersemesters Senior Fellow des DFG-Forscherkollegs "Medienkulturen der Computersimulation" an der Leuphana Universität Lüneburg[7] und wurde im November 2019 in die Europäische Akademie der Wissenschaften und Künste, Salzburg, gewählt.[8]

Ferner ist Woesler seit 2016 Präsident der World Association for Chinese Studies.


Sinologe, Übersetzer aus dem Chinesischen


Woesler übersetzte unter anderem Werke von Cáo Xuěqín 曹雪芹, Lǔ Xùn 鲁迅, Zhōu Zuòrén 周作人, Xǔ Dìshān 许地山, Yù Dáfū 郁达夫, Zhū Zìqīng 朱自清, Bīng Xīn 冰心, Bā Jīn 巴金, Qián Zhōngshū 钱锺书, Wáng Měng 王蒙, Zhāng Jié 张洁, Liú Zàifù 刘再复, Jiǎ Píngwā 贾平凹, Hán Hán 韩寒, Zhāng Huī 张炜, Hán Shàogōng 韩少功, Shèng Kẹ̌yǐ 盛可以, Yú Qiūyǔ 余秋雨. Viele der von ihm übersetzten Texte wurden damit erstmals in einer westlichen Sprache zugänglich. Mit Rainer Schwarz übersetzte er den chinesischen Roman Der Traum der Roten Kammer oder Die Geschichte vom Stein erstmals vollständig ins Deutsche.

Woesler dokumentierte eine Kritikkampagne gegen den liberalen chinesischen Kulturminister Wáng Měng und wies nach, dass sie nur vorgeblich literarisch, tatsächlich aber politisch motiviert war (Politische Literatur in China 1991–1992, 1994). Er rückte die bis dahin vernachlässigte Gattung des chinesischen Essays als modernes Ausdrucksmittel für den aufkommenden Individualismus in China in das Blickfeld der europäischen und amerikanischen Sinologie (Geschichte des chinesischen Essays in Moderne und Gegenwart, 3 Bände, 1998). Diese vor allem über Zeitungen verbreitete literarische Kurzform war zwischen der 4.-Mai-Bewegung und Beginn der 1930er Jahre Ausdrucksform einer erwachenden kritischen Öffentlichkeit. Zwischen den 1930er Jahren bis etwa 1979 wurde der Essay auf Kosten literarischer Qualität politisch instrumentalisiert. Woesler machte auf das essayistische Werk des in China aufgrund seiner Unabhängigkeit und Japan-Freundlichkeit verfemten Zhōu Zuòrén aufmerksam. Dies führte in der amerikanischen Sinologie zu einer Neubewertung Zhous.

Auch seit den 1980er-Jahren entsteht in China wieder eine kritische Öffentlichkeit. Woesler sieht hier seit den 1990er-Jahren das Internet in der Rolle der Zeitungen der 1910er- bis 1930er-Jahre. Zusammen mit chinesischen Wissenschaftlern dokumentierte er in seinen Büchern (China’s digital dream, 2002 u. a.), dass das Internet in China eine größere liberalisierende Wirkung hat als in liberaleren Ländern.

Woesler führt etwa jährlich internationale chinawissenschaftliche Konferenzen durch, so 2015 zum Der Traum der Roten Kammer oder Die Geschichte vom Stein an der Folkwang-Universität Essen[9], 2017 und 2018 die Jahrestagung des Weltverbandes Chinawissenschaften an der Universität Witten/Herdecke[10][11][12][13]. Seit 2014 nahm er parallel verschiedene Gastprofessuren/Gastdekanate an chinesischen Universitäten wahr.


Vergleichender Kulturwissenschaftler


Im Bereich des Kulturvergleichs hat Woesler durch seine kontrastiven Beispiele aus distanten Kulturen, im Besonderen aus der deutschen und der chinesischen, einen Beitrag zur Weiterentwicklung bestehender Modelle geleistet. Dabei hat er die Theorie des Kulturschocks um die Bezeichnung Eigen-Kulturschock erweitert, der den Schockzustand bezeichnet, die der Kulturgänger nach der Rückkehr aus der Fremdkultur in die eigene Kultur erleiden kann.[14] Er hat verschiedene traditionelle Modelle in Bezug gesetzt und vor dem Hintergrund der Globalisierung, Reisefreiheit und dem Internet weiterentwickelt. Dabei hat er 2006 das Modell der Kulturlandkarten (culturemaps) entwickelt, bei dem alle kulturellen Phänomene wie in einem Koordinatensystem verortet und mit Phänomenen anderer Kulturen in Relation gesetzt werden können. Mit diesem Modell können Mischkulturen besser als mit den meisten traditionellen Modellen beschrieben werden. Im Bereich der Wirtschaftswissenschaften hat Woesler anhand von Feldstudien unter anderen von Hong/Pöyhönen/Kyläheiku 1998–2000[15] untersucht, warum China seit den 1980er Jahren zur Fabrik der Welt wurde. Folgende Charakteristika der chinesischen Produktions- und Management-Kultur als Nachfolger der japanischen Produktionskultur fand Woesler international kompatibel und mit Vorbildcharakter: informelle Netzwerke, ein breit abgestimmter Entscheidungsfindungsprozess, Experimentierfreude, Flexibilität, Adaptionsfähigkeit und ein extremer Wettbewerb.[16][17]


Schriften



Übersetzungen aus dem Chinesischen



Bücher zur chinesischen Literatur



Wissenschaftliche Aufsätze zur chinesischen Literatur



Arbeiten zur vergleichenden Kulturwissenschaft



Literatur



Sinologie



Vergleichende Kulturwissenschaft





Einzelnachweise


  1. Uni Witten/Herdecke: Uni Witten/Herdecke schafft Professur für Literatur und Kommunikation in China. 15. Oktober 2018 (uni-wh.de [abgerufen am 16. Oktober 2018]).
  2. Martin Woesler: German China Association / Deutsche China Gesellschaft e.V. (dcg.de [abgerufen am 26. Januar 2020]).
  3. Martin Woesler: Prof. Dr. Martin Woesler. (englisch, edu.cn [abgerufen am 26. Januar 2020]).
  4. Martin Woesler教授获欧盟“让•莫内讲席教授”称号-外国语学院 - 湖南师范大学. Abgerufen am 9. Oktober 2020.
  5. EU Commission: Jean Monnet-Lehrstühle 2020. In: Excel-Liste der Jean Monnet-Lehrstühle 2020. 1. September 2020, abgerufen am 9. Oktober 2020 (englisch).
  6. Uni Witten/Herdecke: Prof. Dr. Martin Woesler wird Präsident der Deutschen China-Gesellschaft. 16. Oktober 2018 (uni-wh.de [abgerufen am 16. Oktober 2018]).
  7. Leuphana Universität Lüneburg: Prof. Dr. Martin Woesler. 9. Oktober 2019 (leuphana.de [abgerufen am 27. Juli 2020]).
  8. Uni Witten/Herdecke: Martin Woesler zum Mitglied der Europäischen Akademie der Wissenschaften und Künste gewählt. 7. November 2019 (idw-online.de [abgerufen am 26. Januar 2020]).
  9. 3rd International Dream of the Red Chamber Conference Europe November 7-8, 2015 Essen/Germany. (china-studies.com [abgerufen am 16. Oktober 2018]).
  10. World Association for Chinese Studies (WACS). (china-studies.com [abgerufen am 16. Oktober 2018]).
  11. Uni Witten/Herdecke: Internationale Konferenz für China-Studien an der Universität Witten/Herdecke. 15. Oktober 2018 (uni-wh.de [abgerufen am 17. Oktober 2018]).
  12. World Association for Chinese Studies (WACS). (china-studies.com [abgerufen am 16. Oktober 2018]).
  13. Uni Witten/Herdecke: China-Engagement der Universität Witten/Herdecke. 15. Oktober 2018 (uni-wh.de [abgerufen am 16. Oktober 2018]).
  14. Martin Woesler: A new model of cross-cultural communication. Berlin 2009, S. 31
  15. Jianzhong Hong, Aino Pöyhönen, Kalevi Kyläheiku: Cultural and Communicative Interaction and the Development of Dynamic Capacities. In: Proceedings of the 7th European Conference on Knowledge Management, Corvinus University of Budapest, 4-5 September 2006, ed. Péter Fehér, Academic Conferences Limited ISBN 978-1-905305-28-5, approx. 700 pp.
  16. Martin Woesler: Die chinesische Produktionskultur – Genuität, Änderungen und Kompatibilität zur modernen internationalen Produktionskultur. München 2010, ISBN 978-3-89966-357-0, 150 S., Reihe Sinica 26.
  17. Martin Woesler: Network Management – Does China become Japan’s successor in modern management philosophy? London et al. 2010, ISBN 978-3-86515-120-9, 60 pp., Series European Journal of Sinology, Special Issues vol. 1
Personendaten
NAME Woesler, Martin
KURZBESCHREIBUNG deutscher Sinologe und Kulturwissenschaftler
GEBURTSDATUM 29. September 1969
GEBURTSORT Münster



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