Wilhelmine Siefkes (* 4. Januar 1890 in Leer; † 28. August 1984 ebenda), Pseudonym Wilmke Anners, war eine deutsche Schriftstellerin vornehmlich niederdeutscher Sprache und galt als christliche soziale Demokratin aus Ostfriesland. Sie war zudem literarische Übersetzerin aus dem Niederländischen und Westfriesischen. Heute ist der wichtigste ostfriesische Preis für Verdienste um die plattdeutsche Sprache (Keerlke-Preis) nach Siefkes Romanfigur „Keerlke“ benannt.
Wilhelmine Siefkes
Leben
Die Familie von Wilhelmine Siefkes stammte aus Leer und betrieb Landwirtschaft, doch infolge eines Unfalls 1879 konnte der Vater den Beruf nicht weiter ausüben. Die Schriftstellerin Martha Köppen-Bode, war ihre Kusine. Das Verhältnis der beiden war aber wohl angespannt.[1] In Leer besuchte sie von 1900 bis 1910 das Lyzeum (heute Teletta-Groß-Gymnasium), wo sie beschloss Lehrerin zu werden. Ihre erste Stelle trat sie 1910 im ländlichen Jemgum an. Als junge Lehrerin fand sie Zugang zur niederdeutschen Sprache und begann das Schreiben. Seit 1917 arbeitete Siefkes an einer Schule in Leer. Nach Ende des Ersten Weltkrieges begann die bis dahin eher unkritische Siefkes, intensiver am politischen Geschehen Anteil zu nehmen. Sie orientierte sich vor allem an den Ideen der Sozialdemokratie. Sie war Weggefährtin von Hermann Tempel und Louis Thelemann. Durch den Umgang mit den Schulkindern sah Siefkes die Armut der Arbeiterkinder und arbeitete fortan neben ihrer Tätigkeit als Lehrerin und Schriftstellerin in Arbeiterwohlfahrt und schrieb für die Leeraner Zeitung Volksbote. Sie war auch zunehmend in der Heimatbewegung aktiv und beschäftigte sich mit religionsphilosophischen Fragen.
1933 wurde sie von den Nationalsozialisten aus dem Schuldienst entlassen und erhielt bis 1945 Schreibverbot. Dennoch veröffentlichte Siefkes unter dem Pseudonym Wilmke Anners weiter Märchenspiele. Unter anderem aus Protest gegen einen Großteil der evangelischen Pastoren, die dem neuen Regime nichts entgegenhielten, trat sie 1933 aus der evangelisch-lutherischen Kirche aus und den Mennoniten bei, denen sie bis zu ihrem Tod angehörte.[2] 1940 bekam das von ihr anonym eingereichte niederdeutsche Keerlke-Manuskript den Fehrs-Preis.
Nach dem Zweiten Weltkrieg nahm Siefkes ihre Tätigkeit als Lehrerin nicht wieder auf, sondern weitete ihre schriftstellerische und kulturpolitische Tätigkeit aus. Im Jahr 1952 erschien der hochdeutsche Roman Kasjen und Amke, der das Leben eines Moorbauern schildert. Die Jahre von 1949 bis 1970 waren ihre Hauptschaffensphase, in der sie unter anderem Romane, Gedichte, Erzählungen und Hörspiele schrieb. Siefkes interessierte sich vor allem für das einzelne Individuum. Ein wiederkehrendes Thema ihrer Erzählungen waren die existenziellen Probleme von Kindern und Jugendlichen.
Über ein Jahrzehnt nach ihrem Tod 1984 erschien eine Biografie über Siefkes und ihr Lebenswerk, die inzwischen die dritte Auflage erreicht hat.
Wilhelmine-Siefkes-Preis
Zu Siefkes’ Ehren vergibt die Stadt Leer alle vier Jahre den inzwischen mit 2.500 € dotierten Wilhelmine-Siefkes-Preis. Er wird vergeben für „Werke, die in Ostfriesland entstanden sind oder ein ostfriesisches/regionales Thema zum Inhalt haben oder die Wechselbeziehungen zwischen Ostfriesland und anderen Regionen behandeln […] Der plattdeutschen Sprache kommt hierbei als Ausdrucksmittel und/oder als Thema eine besondere Bedeutung zu.“[3]
2018: Annie Heger für ihr Wirken in unterschiedlichen Bereichen der ostfriesischen Kultur
2022: Jan Cornelius, weil der Liedermacher und Autor „der plattdeutschen Sprache Ausdruckskraft verleiht und sie auf vielfältige Art weiterentwickelt“[4]
Werke (Auswahl)
Standbild von Siefkes Romanfigur Keerlke in Leer
Zu Siefkes Werk gehören Romane, Erzählungen, Gedichte und Märchen. Ihr zunächst anonym veröffentlichter Roman Keerlke wurde 1940 mit dem Fehrs-Preis ausgezeichnet.
Biographie
Erinnerungen (1979). Verlag Schuster Leer, ISBN 3-7963-0115-0
Romane
Uda van der Mölen (1920)
Keerlke (1941)
Kasjen und Amke (1952)
Van de Padd of (1961)
Uwe aus Leer (1959)
Erzählungen
Hör eenzig eegen (1922)
Rena im Königsmoor (1955)
Uke setzt sich durch (1957)
Tant’ Remda in Tirol un anner Vertellses (1964)
Jan Stiekelswien (o. J.)
Märchen
Dor was ins mol (1923; 1965)
Ostfriesische Sagen (1951)
Lyrik
Tüschen Saat un Seise (1961)
Hörspiele
1953: De Faart na’t witte Aland – Regie: Hans Tügel, mit Hartwig Sievers, Heidi Kabel, Adi Lödel, Heinz Ladiges (NWDR Hamburg)
1955: Bröders – Regie: Hans Robert Helms, mit Gerd Ehlers, Elsbeth Kwintmeyer, Uwe Remmers, Jochen Schenck, Walter A. Kreye (RB)
1955: Alleen laten (Original-Hörspiel) – Regie: Günter Jansen, mit Erwin Wirschaz, Otto Lüthje, Aline Bußmann, Hilde Sicks, Rudolf Beiswanger, Erna Raupach-Petersen (NWDR Hamburg)
1964: De Düwel mit dree gollen Haar – Regie: Walter Bäumer, mit Jochen Rolf, Erika Rumsfeld, Ingeborg Walther, Hans Jürgen Ott, Heinrich Kunst, Ursula Hinrichs (RB)
1967: Freerk Ulenga – Regie: Wolfgang Harprecht, mit Heinz Burmeister, Ruth Hollje-Ulbers, Jochen Schenck, Karl-Heinz Kreienbaum, Almut Sandstede (RB)
Diskographie
Wilhelmine Siefkes erzählt „Tant’ Remda in Tirol“ und „De Levenstiet“; Reihe Niederdeutsche Stimmen
Wilhelmine Siefkes liest aus „Keerlke“ und Gedichte; Reihe Niederdeutsche Stimmen
Wilhelmine Siefkes, Plattdeutsche Märchen; Reihe Niederdeutsche Stimmen
Literatur
Heide Braukmüller: Wilhelmine Siefkes. Über ihr Leben und ihre Arbeit. Leer 19961, ISBN 3-927139-25-4
Erhard Brüchert: Wilhelmine Siefkes (1890–1984). In: Angela Dinghaus (Hrsg.): Frauenwelten. Biographisch-historische Skizzen aus Niedersachsen. Hildesheim-Zürich-New York 1993, S. 356–361.
Heinold Fast: ... und du bist’s auch nicht. Wilhelmine Siefkes oder: ein Beitrag zum Volkstrauertag und zum Ewigkeitssonntag. In: Mennonitische Blätter, Hamburg, 1975
Erhard Brüchert: Hermann - Wilhelmine - Louis. In: Nordwest-Heimat vom 19. März 2022, Beilage der Nordwest-Zeitung, Oldenburg (pressreader.com)
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