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Als altägyptische Sprache bezeichnet man im engeren Sinn die Entwicklungsstufe des Ägyptischen, die in den Inschriften des Alten Reiches (2707–2216 v. Chr.) sowie einzelnen späteren Texten wie den Sargtexten und Inschriften der Spätzeit überliefert ist. Abgesehen von dem nur fragmentarisch erhaltenen Frühägyptischen, der Sprache der Thinitenzeit, die gemeinsam mit der Sprache der Pyramidentexte auch als „archaisches Altägyptisch“ bezeichnet wird, bildet es die älteste überlieferte Sprachstufe des Ägyptischen und die älteste überlieferte afroasiatische Sprache überhaupt.[2]

Altägyptisch
(Eigenbezeichnung nicht überliefert)
Zeitraum um 2707–2216 v. Chr. und später

Ehemals gesprochen in

Altes Ägypten
Linguistische
Klassifikation
  • Afroasiatisch
    Ägyptisch
    Altägyptisch
Sprachcodes
ISO 639-1

ISO 639-2

egy (Ägyptische Sprache)[1]

ISO 639-3

egy (Ägyptische Sprache)[1]


Grammatik


Das Altägyptische unterscheidet sich in der Grammatik nur geringfügig vom späteren Mittelägyptisch, von dem es in der Ersten Zwischenzeit abgelöst wurde. Wichtige Unterschiede sind die Dualformen der Verben und Pronomina, die im Mittelägyptischen verloren gingen, eine eigene Reihe von absoluten Personalpronomina, die im Mittelägyptischen nur noch sehr selten erscheint und durch eine neue ersetzt wird, das Entstehen von Konstruktionen mit Hilfsverben wie ˁḥˁ, eine einheitliche Negation n, die im Mittelägyptischen teilweise durch nn ersetzt wird, Lautveränderungen, deren genaues Datum sich aber nur teilweise festlegen lässt, sowie – im Bereich der Schrift – die Vereinheitlichung der „Orthographie“ im Mittelägyptischen.[3]

Dabei muss aber betont werden, dass sich viele dieser Entwicklungen schon im Alten Reich zeigten, sodass auch das Altägyptische selbst Unterschiede aufweist. Die stärksten Unterschiede bestehen dabei zwischen den sehr archaisch geschriebenen Pyramidentexten, die zwar erst aus der fünften und sechsten Dynastie stammen, aber offenbar eine sehr frühe Stufe des Altägyptischen reflektieren, und den moderneren weltlichen Texten, wie Biographien und einzelne Briefe. Wichtige Unterschiede sind die Flexion der Kopula im Nominalsatz und das völlige Fehlen der Pseudoverbalkonstruktionen mit Präpositionen (jnk ḥr sḏm „Ich höre“, wörtl. „Ich bin beim Hören“) in den Pyramidentexten. In lautlicher Hinsicht wäre der Lautwandel von nach š (so nach der von Otto Rössler begründeten, aber nicht allgemein anerkannten Rekonstruktion) sowie von k nach zu nennen, die in den Pyramidentexten noch nicht ganz abgeschlossen erscheinen.


Corpus


Das Textkorpus des Altägyptischen enthält neben den bereits erwähnten Pyramidentexten und den zahlreichen Biographien auf Gräberwänden (ab 4. Dynastie) einige Briefe (ab 5. Dynastie), juristische Texte, ein Archiv aus Elephantine (6. Dynastie), Rufe und Reden auf Darstellungen des täglichen Lebens, Grabinschriften mit Bitten um Erhaltung des Grabs sowie seit der frühdynastischen Zeit zahllose Listen mit Opfergaben u. ä. Hinzu kommen einige Königsinschriften aus der Spätzeit, die in der Sprache des Alten Reichs abgefasst sind.

Eine erst kürzlich hinzugekommene, ausgesprochen wichtige Quelle sind über 2000 Briefe und Urkunden, die in die 6. Dynastie datieren und auf Tontafeln geschrieben wurden. Sie fanden sich in der Oasenstadt Ayn Asil, in Dachla, wo anscheinend Papyrus rar und teuer war.


Wissenschaftliche Erforschung


Die Erforschung des Altägyptischen begann erst verhältnismäßig spät zu Ende des 19. Jahrhunderts mit der Veröffentlichung der Pyramidentexte durch Gaston Maspero (1882–1894) und Kurt Sethe (1908–1910; Nebenbände 1922) und der profanen Inschriften des Alten Reiches, ebenfalls durch Kurt Sethe (Urkunden des Alten Reiches, 1908). Besonders Kurt Sethe erschloss die Sprache der Pyramidentexte, u. a. in seiner Arbeit über das ägyptische Verb. In der Folge wurde das Altägyptische gemeinsam mit dem Mittelägyptischen erforscht, eine eigene Grammatik legte Elmar Edel 1955–1964 mit seiner monumentalen Altägyptischen Grammatik (s. Literaturverzeichnis unten) vor. In der durch Hans J. Polotskys Études de syntaxe copte (1944) und weitere Arbeiten ausgelösten Diskussion zur ägyptischen Verbalsyntax (Standardtheorie) wurde eine erneute Beschäftigung mit dem altägyptischen Verb unumgänglich, siehe dazu die Studien von Doret (1986) zu den profanen Inschriften und Allen (1984) zu den Pyramidentexten. Doch bis heute ist der Formenbestand des Altägyptischen nicht abschließend geklärt, so konnte James P. Allen 1984 die Existenz einer davor[4] für ein Präsens gehaltenen synthetischen futurischen Form nachweisen, erst 2005 wies Wolfgang Schenkel nach, dass das ägyptische Tempus sḏm.n=f zwei syntaktisch getrennte Tempora enthält, und es ist nicht ausgeschlossen, dass auch in Zukunft noch neue grundlegende Erkenntnisse zum ägyptischen Verbalsystem gewonnen werden.


Schrift


Die altägyptische Sprache hatte zwei eigene Schriften, die ägyptischen Hieroglyphen und die hieratische Schrift, die unabhängig voneinander entstanden.

Die hieroglyphische und hieratische Schrift beeinflussten sich in ihrer Entwicklung wechselseitig; die Verbindung war zu jeder Zeit erkennbar.


Textbeispiel


Aus einem Brief von Pepi II. an Harchuf[5] in klassischem Altägyptisch


 
 
 
 

wḏ-nswt (n) ... ḥr(.w)-ḫwj=f
Königsbefehl (an) ... Harchuf








XX

ḏd.n=k r mḏ3.t=k tn wnt jn.n=k dng
Du hast in diesem deinem Brief gesagt, dass du gebracht hast einen Zwerg



jb3.w nṯr m t3
der Gottestänze aus dem Land


XX

3ḫ.tj.w mj.t(j) dng jn.n ḫtm(.w)-nṯr
der Horizontischen, ein Gleicher, wie der Zwerg, den der Gottessiegler








B3-wr-ḏd(.w) m Pwn.t m rk Jzzj.
Ba-wer-djed aus Punt zur Zeit des Isesi gebracht hat.








mj r=k m ḫdj.t r ẖnw ḥr-ˁ.w
Komm doch sofort stromab zur Residenz






XX

[ḫ3ˁ] jnn=k dng pn
Leg (mit dem Schiff) ab, du sollst diesen Zwerg,




m-ˁ=k jn.n=k m t3 3ḫ.tjw
den du aus dem Land der Horizontischen gebracht hast,



ˁnḫ wḏ3 snb r
lebend, heil und gesund mit dir bringen, für



jb3.w nṯr r sḫmḫ jb r s[n]ḫ3ḫ3
die Gottestänze, um das Herz zu erheitern, um zu erfreuen




XX

jb n(.j) nswt-bj.t(j) Nfr-k3-Rˁ ˁnḫ ḏ.t
das Herz des Königs von Ober- und Unterägypten Neferkare, möge er ewig leben.

(Das Zeichen XX steht für zurzeit hier nicht darstellbare Zeichen; die eckigen Klammern schließen nicht erhaltene Hieroglyphen ein, die sich aber ergänzen lassen)


Literatur



Allgemein



Grammatiken und Einführungen



Studien zur Grammatik



Wörterbücher



Textausgaben





Einzelnachweise


  1. Die ISO- und SIL-Codes beziehen sich auf alle antiken ägyptischen Sprachen, nicht nur auf das Altägyptische.
  2. Cynthia L. Hallen, Cory D. Crawford: A Description of the Afro-Asiatic (Hamito-Semitic) Language Family. Auf: linguistics.byu.edu von 1998–1999; zuletzt abgerufen am 2. März 2021.
  3. Wim van den Dungen: The Egyptian Language. Auf: sofiatopia.org von 2003 - letztes update: 27. November 2010; zuletzt abgerufen am 2. März 2021.
  4. Elmar Edel: Altägyptische Grammatik. Rom 1955/ 1964, §§ 511–538.
  5. Publiziert: Kurt Sethe: Urkunden des Alten Reichs. Leipzig 1933, S. 128–131

На других языках


- [de] Altägyptische Sprache

[es] Egipcio antiguo

El egipcio antiguo es la etapa del idioma egipcio hablada desde aproximadamente el 2600 a. C. al 2000 a. C. durante el Imperio Antiguo y el primer período intermedio.

[fr] Vieil égyptien

Le vieil égyptien correspond à l'état linguistique de l'égyptien ancien pendant l'Ancien Empire et la Première Période intermédiaire.

[ru] Староегипетский язык

Староегипетский язык, староегипетский классический (в науч. лит-ре: англ. Old Egyptian, фр. ancien égyptien, нем. Altägyptisch) — язык жителей Древнего Египта, одна из стадий египетского языка. Основное распространение — периоды Старого царства и Первый переходный (ок. XXVI—XX вв. до н. э.[1]). В российской египтологии термин предложен учёным Ю. Я. Перепелкиным[2]:1.



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