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Mitteljapanisch (japanisch 中世日本語 chūsei nihongo) war eine Sprachstufe der japanischen Sprache zwischen Klassischjapanisch und Frühneujapanisch.[1] Sie war eine Übergangsperiode, in der die Sprache viele ihrer altertümlichen Merkmale ablegte und ihrer modernen Form näherrückte.

Mitteljapanisch
Zeitraum 12.–16. Jahrhundert (Insei-, Kamakura- und Muromachi-Zeit)

Ehemals gesprochen in

Japan
Linguistische
Klassifikation
  • Japonische Sprachen
    Mitteljapanisch

Ihr Zeitraum überspannte ungefähr 500 Jahre vom 12. bis zum 16. Jahrhundert. Üblicherweise wird sie weiter in eine frühe und eine späte Phase eingeteilt.[2] Aus der politischen Perspektive betrachtet, bestand Früh-Mitteljapanisch zu Ende der Heian-Zeit – genauer während des Insei – sowie zur Kamakura-Zeit und Spät-Mitteljapanisch während der Muromachi-Zeit.


Hintergrund


Das Ende des 12. Jahrhunderts war eine Zeit des Übergangs von der aristokratischen Gesellschaft der Heian-Zeit hin zu einer feudalistischen Gesellschaft der Samurai. Diese Veränderungen wurden begleitet von einer Verlagerung des politischen Zentrums durch die Errichtung verschiedener Shogunate nach Osten.

Verschiedene neue buddhistische Bewegungen entsprangen und der Alphabetisierungsgrad erhöhte sich dadurch.[3]

In der Mitte des 16. Jahrhunderts erreichten portugiesische Missionare Japan. Diese führten westliche Konzepte und Technologien ein, teilten aber auch ihre Sprache, wodurch verschiedene Lehnworte in das Japanische einflossen.[4]

Um das Christentum (kirishitan) zu verbreiten, studierten und lernten die portugiesischen Missionare Japanisch. Sie schufen eine Großzahl an linguistischen Grammatik- und Wörterbüchern und übersetzten ihre Literatur. Diese Quellen sind äußerst wertvoll bei der Erforschung des Mitteljapanischen.


Phonologie



Vokale


Es gab fünf Vokale: /i, e, a, o, u/.

Ursprünglich wurden /e/ und /o/ als Halbvokale [j] bzw. [w] realisiert. Dies ist ein Ergebnis von früheren Verschmelzungen, die aus dem Klassischjapanischen geerbt wurden. Dennoch ist es strittig wie sie nach einem Konsonanten realisiert wurden.[5]

Des Weiteren gab es zwei Arten eines langen o: [ɔː] und []. Die Vokalfolge /au/ wurde zu [ɔː] sowie /ou/ und /eu/ zu [] bzw. [joː] zusammengezogen.[6] Beispiele dafür sind:


Konsonanten


Mitteljapanisch hatte den folgenden Konsonantenvorrat:

bilabial alveolar postalveolar palatal velar uvular
Plosive p  b t  d     k  g  
Affrikate   t͡s  d͡z t͡ʃ  d͡ʒ      
Nasale m n       ɴ
Frikative ɸ s  z ɕ  ʑ      
Flaps     ɺ      
Approximanten       j ɰ  

Zusätzlich gab es die beiden Phoneme /N/ und /Q/. Vor einer Pause ist /N/ ein uvulares [ɴ]. Es wird an den Artikulationsort eines folgenden Plosivs, Affrikaten oder Nasal assimiliert. /Q/ wird eine phonetische Kopie eines folgenden Obstruenten.[7]

/s, z/, /t, d/, /n/, /h, b/, /p/, /m/ und /r/ konnten palatalisiert sein.

Die labialen Konsonanten /kw, gw/ erschienen während des Klassischjapanischen. Während dieser Periode verschmolzen labiale Konsonanten vor -i und -e mit ihren nichtlabialen Gegenstücken,[8] insbesondere:

Der Unterschied zwischen /ka/ und /kwa/ blieb erhalten.

Die Sibilanten /s, z/ wurden vor /i/ und /e/ palatisiert. Diese hatten die folgende Verteilung:[9]

João Rodrigues notierte in Arte da Lingoa de Japam [sic], dass die östlichen Dialekte bekannt dafür seien /se/ als [se] anstatt als [ɕe] zu realisieren.[10] Im modernen Japanisch wurde /se, ze/ zu [se, ze] während /si, zi/ weiterhin als [ɕi, ʑi] erhalten blieb.

/t/ und /d/ werden in allen Positionen von den Sibilanten unterschieden. Sie unterlaufen dennoch eine Affrikation vor /i, u/:


Pränasalierung

Stimmhafte Plosive und Frikative waren pränasaliert:[11]

João Rodrigues machte diese Beobachtung in Arte da Lingoa de Japam. Außerdem gibt der koreanische Text Chephay sine /b, d, z, g/ mit den Hangeul-Folgen -mp-, -nt-, -nz- und -ngk- wieder,[9] was auf eine Pränasalierung hindeutet.

Die Auswirkungen dieser Pränasalierung können auch in der Transkription von Wörtern wie muma < /uma/ „Pferd“ und mube < /ube/ „wirklich“ gesehen werden.


/h/ und /p/

Obwohl das Protojapanische und wohl auch das Altjapanische ein *[p] besaß, wurde es im Klassischjapanischen zu [ɸ] und schließlich im Frühneujapanischen zum heutigen [h]. Das Mitteljapanische führte [p] erneut ein. [p] stand im Gegensatz zu [ɸ] und wird deswegen als neues Phonem angesehen. Man findet es in Wörtern wie pinpin und patto als auch in chinesischen Lehnwörtern wie sampai und nippon.[12]

Das mediale /h/ wurde nach /a/ zu [w] und vor allen anderen Vokalen zu Ø:[13][14]


Gleitlaute

/w/ hatte die folgende Verteilung:

Die vorherige Verschmelzung im Altjapanischen von /o/ und /wo/ zu [wo] setzt sich im Mitteljapanischen des 12. Jahrhunderts mit /e/ und /we/ zu [je] fort.

/y/ hatte die folgende Verteilung:

Wegen verschiedener Verschmelzungen wurden /e/, /we/ und /ye/ alle als [je] realisiert und daher nicht unterschieden.


Silbenstruktur


Traditionell folgten Silben einer (C)V-Struktur. Dadurch war es nicht nötig zwischen Moren und Silben zu unterscheiden. Durch chinesische Lehnwörter wurde eine neue Art von Lauten eingeführt die auf -m, -n oder -t enden konnten. Diese (C)V(C)-Struktur waren daher die neuen Silben, während die Moren weiterhin auf der traditionellen (C)V-Struktur basierten.

Während dieser Periode wurden die Silbenenden -m und -n eingangs unterschieden. Mit dem Ende des Früh-Mitteljapanischen verschmolzen jedoch beide zu /N/.[15]


Liaison


Die Silbenenden -m, -n, -t gefolgt von einem Vokal oder Halbvokal waren einer Liaison ausgesetzt und wurden zu den Konsonantenclustern -mm-, -nn- und -tt-.[8]

-m > -mm-:

-n > -nn-:

-t > -tt-:


Onbin


Onbin (音便, dt. „Euphonie“) waren sporadischen Lautänderungen. Diese waren nicht automatisch oder ohne Ausnahmen,[16] und die genaue Ursache ist noch strittig. Obwohl sie auch in früheren Sprachstufen auftauchen, war onbin besonders während des Mitteljapanischen vorherrschend und hatte einen großen Einfluss auf die Morphologie von Verben und Adjektiven.

Verben:

Beim kuh-Beispiel gibt es zwei mögliche Ergebnisse: ersteres ist eine Besonderheit der westlichen Dialekte, während letzteres eine der östlichen ist.[17]

Adjektive:

Bei beiden Wörtern entfällt das mediale -k-.


Grammatik


Viele archaische grammatikalische Formen werden abgelegt und bringen die Sprache näher an ihre heutige Form.

Die prominenteste Entwicklung ist die Ersetzung der Shūshikei mit der Rentaikei.[18] Dies hatte folgende Auswirkungen:


Verben


Mitteljapanisch übernahm alle 9 Konjugationen aus dem Klassischjapanischen.

Verbklasse Mizenkei
未然形
Irrealisform
Ren’yōkei
連用形
Konjunktionalform
Shūshikei
終止形
Schlussform
Rentaikei
連体形
Attributivform
Izenkei
已然形
Realisform
Meireikei
命令形
Imperativform
vierstufige -a -i -u -u -e -e
obere einstufige -i -i -iru -iru -ire -i(yo)
obere zweistufige -i -i -u -uru -ure -i(yo)
untere einstufige -e -e -eru -eru -ere -e(yo)
untere zweistufige -e -e -u -uru -ure -e(yo)
K-unregelmäßige -o -i -u -uru -ure -o
S-unregelmäßige -e -i -u -uru -ure -e(yo)
N-unregelmäßige -a -i -u -uru -ure -e
R-unregelmäßige -a -i -i -u -e -e

Über die ganze Sprachperiode hinweg wurden die zweistufigen Verben zu einstufigen. Dieser Prozess fand sein Ende im Früh-Neujapanischen. Dies ist Teil des Ergebnisses der Verschmelzung der Shūshikei mit der Rentaikei.[19]


Adjektive


Es gab 2 Arten von Adjektiven: reguläre Adjektive und adjektivische Nomen.

Die regulären Adjektive werden nochmals in 2 Typen eingeteilt: jene bei denen die Ren’yōkei auf -ku und jene bei denen sie auf -siku endet.[20] Damit gibt es zwei Flexionstypen:

Adjektivklasse Mizenkei Ren’yōkei Shūshikei Rentaikei Izenkei Meireikei Anmerkungen
-ku   -ku -si -ki      
  -u -ki -i     Früh
  -u -i -i     Spät
-kara -kari   -karu -kere -kare  
-siku   -siku -si -siki      
  -siu -sisi -sii     Früh
  -siu -sii -sii     Spät
-sikara -sikari   -sikaru -sikere -sikare  

Es gab drei bemerkenswerte Veränderungen, die diese zweifache Unterscheidung vereinheitlichte:

Die adjektivischen Nomen übernahmen vom Klassischjapanischen die 2 Klassen -nar und -tar.

Typ Mizenkei Ren’yōkei Shūshikei Rentaikei Izenkei Meireikei Anmerkungen
nar- -nara -nari
-ni
-nari -naru
-na
-nare   Früh
-nara -ni
-de
-dya
-na
-naru
-na
-no
-nare   Spät
tar-   -to -tari -taru     Früh
  -to   -taru     Spät

Die prominenteste Entwicklung war die Verkürzung des attributiven -naru zu -na.[21] Als die Shūshikei und die Rentaikei verschmolzen, teilten sich beide das neue -na. Der tar-Typ veraltete weiter und geriet immer mehr außer Gebrauch.


Kateikei


Die Izenkei entwickelte sich zur Kateikei (仮定形, dt. „Hypothetische Form“).[22] Die Izenkei als Realis wurde benutzt um etwas zu beschreiben, das schon passiert ist. Diese Verwendung verschwand langsam und mündete in die Kateikei, die zur Beschreibung von etwas hypothetischem, noch nicht passiertem, verwendet wird. Das heutige Japanische besitzt nur noch die Kateikei.


Meireikei


Der Imperativ wurde traditionell ohne Suffix oder mit -yo abgeschlossen. Im Mitteljapanischen wurde das Suffix -i an die unteren zweistufigen, K- und S-unregelmäßigen Verben angehängt:[23]

João Rodrigues notierte in Arte da Lingoa de Japam dass -yo mit -ro ersetzt werden konnte wie in miyo > miro „schau“.[24] Die östlichen Dialekte des Altjapanischen des 8. Jahrhunderts besaßen ebenfalls diesen -ro-Imperativ. Dieser ist auch die Standardimperativform des heutigen Japanischen.


Tempus und Aspekt


Das Tempus- und Aspektsystem unterlief radikale Veränderungen. Die Perfektive n-, t- und r- sowie die Vergangenheitsformen k-/s- und ker- wurden veraltet. An ihrer Stelle entwickelte sich tar- aus einem perfektiven Aspekt in eine normale Vergangenheitsform. Dieses wurde schließlich zum modernen ta.[25]


Partikel


Ein neuer Fallpartikel de entwickelte sich aus ni te.[26]

Der Mutmaßungssuffix -mu unterlief einer Vielzahl an phonologischen Veränderungen: mu > m > N > ũ. In Kombination mit dem Vokal der Mizenkei an den er angehängt wurde, wurde er zu einem langen Vokal nach einem vorangegangenen -y-.


Quellen



Einzelnachweise


  1. Shibatani (1990): S. 119.
  2. Nakata (1972): S. 175.
  3. Kondō (2005): S. 97.
  4. Shibatani (1990): S. 121.
  5. Nakata (1972): S. 181.
  6. Yamaguchi (1997): S. 86–87.
  7. Miyake (2003): S. 76–77.
  8. Kondō (2005): S. 103.
  9. Miyake (2003): S. 75.
  10. Yamaguchi (1997): S. 87–88.
  11. Ōno (2000): S. 53–54.
  12. Nakata (1972): S. 197–198.
  13. Kondō (2005): S. 71.
  14. Miyake (2003): S. 74–75.
  15. Kondō (2005): S. 102.
  16. Frellesvig (1995): S. 21.
  17. Kondō (2005): S. 128.
  18. Yamaguchi (1997): S. 95–96.
  19. Tsuboi (2007): S. 14–30.
  20. Matsumura (1971): S. 961, 966-967.
  21. Kondō (2005): S. 113.
  22. Yamaguchi (1997): S. 96.
  23. Yamaguchi (1997): S. 97.
  24. Yamaguchi (1997): S. 97–98.
  25. Shibatani (1990): S. 123.
  26. Kondō (2005): S. 113–114.

На других языках


- [de] Mitteljapanische Sprache

[en] Late Middle Japanese

Late Middle Japanese (中世日本語, chūsei nihongo) was a stage of the Japanese language following Early Middle Japanese and preceding Early Modern Japanese.[1] It was a period of transition in which the language shed many of its archaic features and became closer to its modern form.

[ru] Средневековый японский язык

Средневековый японский язык (яп. 中世日本語 тю:сэй нихонго) — один из этапов развития японского языка. Ему предшествовал классический японский язык. Средневековый японский язык развился в современный японский[1]. За время развития тюсэй нихонго утерял множество архаичных черт и приблизился к современной форме.



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