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Günter Eich (* 1. Februar 1907 in Lebus; † 20. Dezember 1972 in Salzburg) war ein deutscher Hörspielautor und Lyriker. Zu seinen bekanntesten Werken gehören die Nachkriegsgedichte Inventur und Latrine, das Hörspiel Träume sowie die Prosasammlung Maulwürfe.

Günter Eich bei einer Lesung in Rendsburg, 1967
Günter Eich bei einer Lesung in Rendsburg, 1967

Leben


Nach einem abgebrochenen Ökonomie- und Sinologiestudium in den Jahren 1925 bis 1932 in Leipzig, Berlin und Paris lebte Eich als freier Schriftsteller in Berlin sowie im Ostseebadeort Poberow. Unter dem Pseudonym Erich Günter erschienen 1927 acht Gedichte des zu diesem Zeitpunkt Zwanzigjährigen im ersten Band einer von Klaus Mann und Willi Fehse herausgegebenen Anthologie jüngster Lyrik, zu der Stefan Zweig das Geleitwort verfasst hatte. 1930 erschien die erste Lyriksammlung unter eigenem Namen mit dem Titel Gedichte. Im Jahre 1931 gehörte Eich zum Autorenkreis der Literaturzeitschrift Die Kolonne. Weitere seiner Arbeiten wurden in der Zeitschrift Neue Rundschau veröffentlicht.

Die Jahre 1933 bis 1940 waren die produktivste Zeit als Autor für den Rundfunk. Mitte der 1930er Jahre veröffentlichte die Zeitschrift Das Innere Reich einzelne seiner Gedichte. Dort erschien auch im November 1935 seine Erzählung Katharina, die im folgenden Jahr als Buchausgabe herauskam und später als Feldpostausgabe 32 Auflagen erreichte.[1]

Im Jahr 1940 heiratete er die Kabarettistin Else Burk, von der er 1949 wieder geschieden wurde[2] und die sich – hoffnungslos morphiumabhängig – 1951 das Leben nahm. Er wurde 1943 in Berlin ausgebombt, fast alle Manuskripte wurden dabei vernichtet. Erst Zufallsfunde aus einem Nachlass ließen eine intensive und kontrovers geführte Diskussion über Eichs literarisches Wirken und sein Leben in der NS-Zeit zu. Eichs Eintrittsgesuch in die NSDAP zum 1. Mai 1933 ist zweifelsfrei überliefert, aber eine Bestätigung erfolgte nie (Mitgliedersperre).[3] In den Kriegsjahren diente Eich als Unteroffizier im Stab von Jürgen Eggebrecht, der ihn so bis 1944 vor einem Fronteinsatz bewahrte. Zeitweise arbeitete Eich für die literarische Zensurstelle beim Oberkommando der Wehrmacht.[4] Während der NS-Zeit verfasste Eich 150 Rundfunkmanuskripte (mit), darunter 75 Folgen der Funkserie „Deutscher Kalender – Monatsbilder vom Königswusterhäuser Landboten“.[5]

1945 geriet Eich in amerikanische Kriegsgefangenschaft, dort begann er wieder mit dem Schreiben. Nach der Entlassung aus der Gefangenschaft ließ er sich in Geisenhausen bei Landshut nieder.[6] Dort wohnte Eich bis 1954 in der Spenglerei Schmid, Kirchstraße 71 ¼.

In der Zeitschrift Der Ruf erschienen Eichs erste Nachkriegsarbeiten, so 1946 das durch die Kriegsgefangenschaft geprägte Gedicht Latrine. Wegweisend für die Kahlschlagsliteratur in den ersten Jahren der Nachkriegszeit wurde das bewusst einfach gehaltene Gedicht Inventur, das 1947 in Hans Werner Richters Anthologie deutscher Kriegsgefangenenlyrik Deine Söhne, Europa erstveröffentlicht wurde. Beide Gedichte waren Bestandteil von Eichs erster Nachkriegs-Lyriksammlung Abgelegene Gehöfte, die 1948 publiziert wurde. 1948 stieß Eich auch zum ersten Mal zur von Hans Werner Richter geleiteten Gruppe 47. Dort galt er in den Anfangsjahren als der profilierteste Autor und „geheime Star“ der jungen Literatengruppe.[7] 1950 erhielt Eich den ersten ausgeschriebenen Preis der Gruppe 47 für Gedichte, die 1955 überwiegend in Botschaften des Regens veröffentlicht wurden. 1951 wurde ihm der Literaturpreis der Bayerischen Akademie der Schönen Künste verliehen. Nach vorübergehendem Zögern der Verantwortlichen wurde Eich im selben Jahr in den deutschen P.E.N.-Club aufgenommen. Seit 1960 war er Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung.

Neben Gedichten schrieb Eich auch zahlreiche Hörspiele. Besonders bekannt wurde sein Hörspiel Träume, das 1951 zu heftigen Hörerprotesten führte. Sein Hörspiel Die Andere und ich wurde 1953 mit dem Hörspielpreis der Kriegsblinden ausgezeichnet. Im selben Jahr heiratete er die österreichische Schriftstellerin Ilse Aichinger, auch sie ein Mitglied der Gruppe 47. Das Ehepaar lebte mit den Kindern Clemens (1954 bis 1998) und Miriam (* 1957) zuerst in Breitbrunn am Chiemsee, dann in Lenggries und seit 1963 in Großgmain bei Salzburg. Zu den bekanntesten Werken Eichs zählt auch die 1968 veröffentlichte Kurzprosa-Sammlung Maulwürfe und ihre Fortsetzung Ein Tibeter in meinem Büro von 1970.

1972 starb Eich in einem Sanatorium in Salzburg. Sein Wunsch war es, dass seine Asche über Bakunins Grab in Bern verstreut würde. Nachdem die Friedhofsverwaltung dem nicht stattgab, wurde seine Asche in den Rebbergen von Alfermée oberhalb des Bielersees verstreut.[8]

Eich schrieb verhältnismäßig wenig. Seine Lyrik zeichnet sich durch eine einfache, die Nachkriegsgesellschaft in ihrer ideellen Leere spiegelnde Sprache aus, die beim Leser dennoch komplexe Assoziationen und Bilder evoziert. Er gilt als Schöpfer des poetischen Hörspiels. 1968 wurde ihm der Schiller-Gedächtnispreis verliehen. Eichs Nachlass liegt im Deutschen Literaturarchiv Marbach.

Zu seinen Ehren wurden ein Lyrik- und ein Hörspielpreis gestiftet.


Debatte um Eichs Wirken im NS-Regime


Eich wurde von Axel Vieregg vorgeworfen, er habe „bewußt für den nationalsozialistischen Staat optiert“. Eich selbst sagte später über diese Zeit: „Ich habe dem Nationalsozialismus keinen aktiven Widerstand entgegengesetzt. Jetzt so zu tun als ob, liegt mir nicht.“ Zum Teil wird Eich zur Inneren Emigration zugerechnet. „Eichs Position in den Jahren des Nationalsozialismus ist weder zu heroisieren, noch zu verurteilen“, schrieb Heinz F. Schafroth 1976 in seiner Eich-Monographie.[5]


Auszeichnungen



Werke



Bücher


Band I: Die Gedichte. Die Maulwürfe. Hrsg. von Axel Vieregg. ISBN 3-518-40209-9.
Band II: Die Hörspiele 1. Hrsg. von Karl Karst. ISBN 3-518-40210-2.
Band III: Die Hörspiele 2. Hrsg. von Karl Karst. ISBN 3-518-40211-0.
Band IV: Vermischte Schriften. Hrsg. von Axel Vieregg. ISBN 3-518-40212-9.

Briefe



Hörspiele


Günter Eich schrieb zahlreiche weitere Hörspiele, darunter einige Märchenbearbeitungen, Schulfunkhörspiele und Sendereihen wie:


Literatur



Vertonungen


7. Ende eines Sommers („Wer möchte leben ohne den Trost der Bäume…“) – 8. Wie grau es auch regnet

Ausstellungen




Wikiquote: Günter Eich – Zitate
Commons: Günter Eich – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise


  1. Axel Vieregg (Hg.): „Unsere Sünden sind Maulwürfe“. Die Günter-Eich-Debatte. Editions Rodopi, Amsterdam 1995, ISBN 90-5183-927-8, S. 50 f.
  2. Art. Günter Eich (Memento des Originals vom 23. August 2021 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.lehrer.uni-karlsruhe.de auf Daten der deutschen Literatur (Memento des Originals vom 27. September 2018 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.lehrer.uni-karlsruhe.de.
  3. Ernst Klee: Das Kulturlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. S. Fischer, Frankfurt am Main 2007, ISBN 978-3-10-039326-5, S. 130.
  4. Welt.de: Die Dichter, die NSDAP und das Beschweigen danach. Es ist ein Stück von ihnen. Abgerufen am 15. Dez. 2014.
  5. zeit.de: Ein Streit um Eich. Abgerufen am 15. Dez. 2014.
  6. Roland Berbig: Am Rande der Welt. Ort des Lebens und Lebensort: Günter Eichs Geisenhausen. In: Sprache im technischen Zeitalter (Spritz), Heft 189, S. 91–109.
  7. Heinz Ludwig Arnold: Die Gruppe 47. Rowohlt, Reinbek 2004, ISBN 3-499-50667-X, S. 60.
  8. Charles Linsmayer: «Seien Sie furchtlos und schicken Sie mir Verse!». In: Bieler Tagblatt vom 15. Juni 2021 (pdf).
  9. kulturkreis.eu: 1953-1989 Förderpreise, Ehrengaben
  10. NDR Hörspiel, NDR Podcast, archive.org.
  11. Inhaltsverzeichnis Roland Berbig: Am Rande der Welt. Günter Eich in Geisenhausen 1944–1954
  12. Eich im Schaufenster. Literatur Portal Bayern, abgerufen am 27. Juli 2014.
  13. Stellt seine Gedicht-Übersetzungen aus dem Chinesischen umfassend vor. Nach dem o.a. Sammelband von 1976 erschienen weitere 16 solche Übersetzungen an 3 verschiedenen Stellen posthum 1981–1989.
Personendaten
NAME Eich, Günter
KURZBESCHREIBUNG deutscher Hörspielautor und Lyriker
GEBURTSDATUM 1. Februar 1907
GEBURTSORT Lebus
STERBEDATUM 20. Dezember 1972
STERBEORT Salzburg

На других языках


- [de] Günter Eich

[en] Günter Eich

Günter Eich (German: [ˈɡʏntɐ ˈaɪç]; 1 February 1907 – 20 December 1972) was a German lyricist, dramatist, and author. He was born in Lebus, on the Oder River, and educated in Leipzig, Berlin, and Paris.

[es] Günter Eich

Günter Eich (Lebus (Brandeburgo), 1 de febrero de 1907 - Salzburgo, 20 de diciembre de 1972) fue un poeta, dramaturgo y compositor de obras para radio que fue miembro del Grupo 47. Estudió en Leipzig, Berlín y París.

[fr] Günter Eich

Günter Eich, né le 1er février 1907 à Lebus et mort le 20 décembre 1972 à Salzbourg, est un écrivain et dramaturge allemand.

[ru] Айх, Гюнтер

Гюнтер Айх (нем. Günter Eich; 1 февраля 1907 (1907-02-01), Лебус, Германия, — 20 декабря 1972, Зальцбург, Австрия) — немецкий (западногерманский) писатель. Член «Группы 47».



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