Klaus Berger (* 25. November 1940 in Hildesheim; † 8. Juni 2020 in Heidelberg[1]) war ein – ursprünglich katholischer, später evangelischer – deutscher Theologe. Er war Professor für Neutestamentliche Theologie an der Theologischen Fakultät der Universität Heidelberg. Als einer der führenden Neutestamentler publizierte er neben vielen Monographien und Fachaufsätzen auch zahlreiche Beiträge für die Frankfurter Allgemeine Zeitung. Sein 2004 erschienenes Buch Jesus wurde zu einem Bestseller.
Wissenschaftlich nicht unumstritten, doch in der Übersetzungsleistung („der modernen ‚funktionalen‘ Übersetzungstheorie“) und vor allem durch die Versammlung aller verfügbaren, dem Kanon nicht zugehörigen Schriften bis 200 nach Christus akzeptiert, ist Bergers Werk zusammen mit der Übersetzungswissenschaftlerin Christiane Nord: Das Neue Testament und frühchristliche Schriften, 1999.[2]
Für Aufregung sorgte er kurz vor seiner Emeritierung mit der Aussage, nie aus der römisch-katholischen Kirche ausgetreten und immer Katholik gewesen zu sein.
Klaus Berger wurde 1940 als Sohn des späteren Goslarer Apothekers Rudolf Berger, eines engagierten Katholiken, und dessen aus Nürnberg stammender evangelischer Ehefrau geboren. Nachdem er am humanistischen Ratsgymnasium Goslar in Goslar sein Abitur gemacht hatte, studierte er ab 1960 an der Ludwig-Maximilians-Universität München, Freien Universität Berlin und Universität Hamburg katholische Theologie und Philosophie sowie christlich-orientalische Sprachen (Aramäisch, Syrisch, Äthiopisch, Arabisch). 1965 legte er in München das Fakultätsexamen in Theologie ab und wurde 1967 im Fach Neues Testament promoviert. In der Dissertation wurden einige Stellen als häretisch gesehen (s. u.), weshalb er kein katholischer Priester mehr werden konnte. 1971 habilitierte er sich im gleichen Fach an der Universität Hamburg an der evangelischen Theologischen Fakultät. Ab 1968 war er Stipendiat der Deutschen Forschungsgemeinschaft, ab 1970 Dozent für Neues Testament und altchristliche Literatur an der Rijksuniversität Leiden.
Von 1974 bis zu seiner Emeritierung 2006 lehrte er als Professor für Neues Testament an der evangelischen Theologischen Fakultät der Universität Heidelberg. Für die Konrad-Adenauer-Stiftung war er 25 Jahre als Vertrauensdozent für den Bereich Theologie tätig. Seit 2005 war Berger Familiar[3] des Zisterzienserordens. Seit 2010 lehrte er am Hausstudium der Abtei Mariawald.[4]
Berger hatte zwei Kinder aus seiner ersten Ehe mit Christa Berger. Er war in zweiter Ehe mit der Übersetzungswissenschaftlerin Christiane Nord verheiratet. Am 8. Juni 2020 starb er in Heidelberg.[5]
Berger schrieb zusammen mit dem Alttestamentler Horst Dietrich Preuß eine anspruchsvolle Bibelkunde, die immer wieder aufgelegt wird. Anstöße Bergers befruchteten teilweise auch die theologischen Nachbardisziplinen. Als Kenner der frühjüdischen und pagan-hellenistischen Vergleichstexte zum Neuen Testament gelang es Berger, immer wieder neue Forschungsimpulse zu setzen. Besonders in den 1970er und 1980er Jahren war Berger einer der führenden interdisziplinär arbeitenden Theologen in Deutschland. Bergers Veröffentlichungen sind zahlreich; als Schwerpunkte sind seine Beiträge zur exegetischen Methodologie, zur religionsgeschichtlichen Forschung, zur Formgeschichte, zur Hermeneutik, zur Apokalyptikforschung und zur Theologiegeschichte des Neuen Testaments zu nennen. Auch für die Bewertung von Textgruppen wie den Qumrantexten und den Texten der Gnosis wie sie aus den Kirchenvätern und den Funden von Nag Hammadi bekannt sind, hat Berger Neuanregungen gegeben.
In seinen Veröffentlichungen zur Formgeschichte des Neuen Testaments grenzte sich Berger von den klassischen formgeschichtlichen Entwürfen von Rudolf Bultmann und Martin Dibelius ab. Sein Anliegen, das er in den älteren Entwürfen nicht wiederfindet, ist, mit Kategorien der antiken (hellenistischen) Rhetorik zu arbeiten und nicht mit modernen Konstrukten, und dabei nicht nur Ausschnitte des Neuen Testaments, sondern jeden Text des Neuen Testaments in den Blick zu nehmen.
Grundlegend war für Berger die Erkenntnis, dass Form und Inhalt nicht nach der alten Theorie liberaler Theologie zu trennen sind wie Schale und Kern. Denn auch die Form biete wichtige Signale zum Verstehen des Inhalts bzw. des Gehalts und sei daher ernstzunehmen. Anstößige Elemente eines Textes (z. B. die Wunder in den „Wundergeschichten“) sind daher nicht einfach als zeitbedingte Form zu betrachten, die gleichwohl einen von ihnen ablösbaren und heute neu kontextualisierbaren Inhalt transportieren. Gleichzeitig sei Formgeschichte nicht mehr wie in der Vergangenheit als Instrument für Literarkritik zu nutzen, da die Erkenntnis über die Form eines Textes noch nicht notwendigerweise etwas über die hinter dem Text liegende Überlieferungsgeschichte sage. Auch hält Berger die alte These, die ursprüngliche Form müsse immer „einfach“ sein und alle „unreinen“, vermeintlich „erweiterten“ Formen seien ein Zeichen für spätere Überarbeitungen, für wirklichkeitsfremd.
Berger schrieb keine „Theologie des Neuen Testaments“, sondern eine umfangreiche „Theologiegeschichte des Urchristentums“. Damit bringt er zum Ausdruck, dass er die Entwicklung der christlichen Theologie an ihrem Anfang nicht als einen linearen oder dialektischen Prozess versteht, sondern, wie es auch Francois Vouga gefordert hatte, als ein explosives, dynamisches Geschehen. Dabei nimmt Berger eine der Methode geschuldete Unübersichtlichkeit in Kauf. Er verwendet das Modell eines Baumes. So versucht er, ausgehend von den größten theologischen Gemeinsamkeiten im NT, die eine Art „Stamm“ bilden, einen regelrechten „Stammbaum“ der Theologien des Neuen Testaments zu entwerfen. Gleichzeitig versucht er, die jeweiligen theologischen Vorstellungen historisch und geographisch an den für uns heute erkennbaren „Hauptumschlagplätzen“ früher christlicher Theologie im Mittelmeerraum zu verankern.
Ein Aspekt dieser nicht-linearischen Betrachtung der urchristlichen Theologieentwicklung ist, dass Berger die Entstehung einiger Bücher des Neuen Testaments, die man generell für spät gehalten hatte, früher ansetzte. Das gilt für das Johannesevangelium, die Johannesbriefe, die Offenbarung des Johannes oder auch für den Jakobusbrief, die Petrusbriefe oder die Briefe an die Epheser und die Kolosser.
Wichtige Thesen der Theologiegeschichte Bergers sind:
In seinem Kommentar zum Neuen Testament (2011) datierte Berger die einzelnen neutestamentlichen Schriften folgendermaßen:
Als Vorarbeiten für Bergers theologiegeschichtliche Arbeiten und als Begründung für seine Kritik an der Theologie Rudolf Bultmanns kann man seine forschungsgeschichtlichen Arbeiten betrachten, wie er sie in dem Buch „Exegese und Philosophie“ und einer Vielzahl von Aufsätzen vorgelegt hat. Hier vertritt Berger die Auffassung, dass ein Großteil der Annahmen über die Entwicklungen und Zusammenhänge neutestamentlicher Theologie mehr über die jeweiligen Forscher und ihre Verhaftung in der jeweils herrschenden rationalistischen, idealistischen oder romantischen Philosophie aussagen, als über die Texte selbst.
Für Berger als einen radikalen, kritischen Historisten stellte sich schon seit seinem Beginn in Heidelberg, offensichtlich durch studentische Nachfragen veranlasst, die Frage nach der Wirklichkeitsrelevanz der Schriften, die zudem gerade durch die Arbeit Berger immer fremder erschienen.
In der damaligen Heidelberger Fakultät gab es eine Reihe von Kollegen, die mit ähnlichen Problemen befasst waren. Rolf Rendtorff stellte die Auflösung der alttestamentlichen Texte in ihre vermeintlich ermittelbaren Einzelteile – und damit das weithin unkritisch eingesetzte Instrument der Literarkritik in Frage. In mancher Hinsicht suchte er ähnlich wie Berger den Text stärker aus sich selbst zu verstehen, als durch die Annahme hypothetischer Vorstufen. Der Heidelberger Systematiker Dietrich Ritschl stellte die hermeneutische Frage der Fremdheit christlicher Vorstellungen, so wie auch Berger sie bei seiner Forschung beobachtete: Das neutestamentliche Christentum erscheint immer fremder und überhaupt nicht mit unserer Lebenswirklichkeit vermittelbar.
Der Heidelberger Kollege Gerd Theißen, Bergers langjähriger Antipode in der neutestamentlichen Sozietät, stellte einerseits die Frage nach sozialgeschichtlicher Lebenswirklichkeit der frühen Christen und konnte über die von ihm angewandten Theorien der Soziologie Vergleichbarkeit vieler neutestamentlicher [Texte?] für die Gegenwart zeigen. In seinen Untersuchungen zur Psychologie paulinischer und anderer neutestamentlicher Texte versuchte Theißen darüber hinaus auch die Psychologie als Mittel der Interpretation der alten Texte einzusetzen.
Berger hat in diesen Debatten jeweils Stellung bezogen. Im Gegensatz zu Theißen, der Bultmannschule, Uta Ranke-Heinemann, Eugen Drewermann und vielen anderen lehnte er es als kritischer Historiker ab, von Forschungs- und Erfahrungsmodellen der Gegenwart auf die Vergangenheit zu schließen. „Anthropologische Grundkonstanten“, wie Sigmund Freud sie annahm, sieht Berger als ideologisches Konstrukt des 19. bzw. 20. Jahrhunderts an. Als Ergebnis schrieb Berger nicht nur eine eigene „Historische Psychologie des Neuen Testaments“ (3. Aufl. 1995), sondern entwarf vor allem eine neue „Hermeneutik des Neuen Testaments“ (1988/1999). In der Neuausgabe von 1999 kritisiert er durchaus scharf die liberale Ideologie, die er in der Hermeneutik seines Kollegen Ritschl am Werke sieht.
Grundlegend für Bergers eigene Hermeneutik sind folgende Aspekte:
Es gehörte zu den Konstanten in Bergers wissenschaftlicher Karriere, dass er immer wieder als Provokateur wirkte. So wurden einige Aussagen in seiner Dissertation 1966 von der Fakultät als der Lehre der katholischen Kirche widersprechend kritisiert[8], weshalb er seine Absicht, Priester zu werden, aufgeben musste. Seine damaligen, vermeintlich häretischen Auffassungen fanden jedoch später Eingang in den katholischen Weltkatechismus. Nach seiner Aufnahme durch die Evangelische Kirche in Hamburg versetzte Berger dann mit seiner Habilitationsschrift die Evangelische Kirche in Aufruhr durch die von ihm ausgeführte und breit belegte These, die Auferstehung Jesu sei als Theologumenon keineswegs so einzigartig, wie es sich der besonders durch die dialektische Nachkriegstheologie geprägten evangelischen Kirche darstellte. In der Folge waren seine Neuansätze in der exegetischen und formgeschichtlichen Methodik sowie seine forschungsgeschichtliche Kritik besonders gegen die mächtige Bultmannschule innerhalb der neutestamentlichen Wissenschaft gerichtet. Aber auch sozialistische, idealistische, liberale oder evangelikale Ideologien wurden von Berger immer wieder scharf kritisiert. Entsprechende wissenschaftliche Gegnerschaften resultieren im Wesentlichen aus diesen Auseinandersetzungen.
Anfang der 1990er Jahre eskalierte der Qumranstreit. Es ging dabei darum, dass knapp 40 Jahre nach Entdeckung der Schriften von Qumran noch längst nicht alle Schriften ediert oder auch nur für andere Forscher zugänglich waren. Berger gehörte zu den Wissenschaftlern, die selbst über Editionstätigkeiten (Jubiläenbuch) mehrfach erfolglos versucht hatten, bestimmte Qumran-Texte einzusehen. Nun allerdings ging Berger als einer von wenigen anderen Neutestamentlern in die Offensive und stellte die Lage aus Sicht des Religionswissenschaftlers und Theologen dar. Der Qumranstreit mag einer der wesentlichen Auslöser gewesen sein, sich der öffentlichkeitswirksamen Darstellung neutestamentlicher Theologie zuzuwenden.
Ende der 1990er Jahre veröffentlichte der Göttinger Neutestamentler Gerd Lüdemann seine Thesen zur Auferstehung Jesu. Er wollte beweisen, dass es sich nur um Auferstehungsvisionen gehandelt haben könne, die als Ausdruck kollektiver Trauerbewältigung im Jüngerkreis zu werten seien. Das Grab jedenfalls sei nicht leer gewesen. Lüdemann zog damit eine radikale Konsequenz aus dem Programm der Entmythologisierung, das Rudolf Bultmann propagiert hatte. Klaus Berger gehörte zu den Fachexegeten, die eine klare Gegenposition einnahmen. Die Auseinandersetzung mit Lüdemann ist sicher einer der entscheidenden Anlässe gewesen, die Frage nach der Wirklichkeit biblisch geschilderter mystischer Vorgänge (Wunder, Engel, Gebet, Auferstehung usw.) neu zu stellen.
Neben der Forschungs- und Lehrtätigkeit in seiner angestammten Teildisziplin finden sich bei Berger auch interdisziplinäre Impulse für andere theologische Teildisziplinen, insbesondere für Fundamentaltheologie, Ekklesiologie und Theologische Ethik. So stellt er etwa die klassische, in der gegenwärtigen Theologie ohnehin umstrittene Theorie der notwendigen Satisfaktion (Anselm von Canterbury) für die Ursünde in Frage (damit hängt auch die Frage, ob Jesus am Kreuz sterben musste, zusammen). Weiter bietet er Anstöße, verständlich und einfach das biblische und altkirchliche, trinitarische Gottesbild zu beschreiben und von den biblischen Texten her zu entwickeln. Dies umfasst auch Antwortversuche zur Theodizeefrage vom Neuen Testament her.
Berger hält die protestantische Ekklesiologie für unterentwickelt. Man könne nicht alles von der Rechtfertigungslehre ableiten. Zu einer Kirche gehöre mehr als nur die reine Verkündigung und die rechte Verwaltung der Sakramente. Das würden extreme Sekten schließlich auch von sich behaupten. Eine Lehre von der Kirche müsse auch die tatsächlichen Strukturen in den Blick nehmen. Berger tritt für eine Ökumene ein, die nicht den kleinsten gemeinsamen Nenner sucht, sondern in gemeinsamem Gebet und Ringen echte Einheit möglich macht. Der Unterschied zwischen den Konfessionen ist dabei nach seiner Meinung leichter theologisch zu überbrücken als in der Mentalität der jeweiligen Kirchen.
Gegen die klassische – durch die Pflichtethik Immanuel Kants geprägte – katholische und evangelische Ethik betont Berger die Ästhetik von Ordnung und den Glanz von Schönheit. Berger führt solche grundlegende Denkanstöße aber nicht weiter aus.
Im Rückblick auf seine Universitätstätigkeit sagte Berger, damals „hing in jedem der Dienstzimmer meiner Kollegen rechts vom Schreibtisch ein Bild von Rudolf Bultmann“.[9]
Die Entmythologisierung des biblisch orientierten Glaubens sei nach Rudolf Bultmann fast Allgemeingut geworden. Führe man die Entmythologisierung allerdings konsequent durch, dann bleibe biblisch nicht viel übrig. Berger macht einen Vorschlag, wie man sich eine Wirklichkeit vorstellen kann, die durch mehr als nur kausal orientierte Rationalität aufgebaut wird. Im Haus der einen Wirklichkeit könne man sich vier, untereinander verbundene Räume vorstellen: einen der Rationalität, einen der Emotionalität, einen der Kunst und Musik und schließlich einen der Religion. In jedem Raum gelten andere Spielregeln, alle sind aber gleich wirklich. Und alle vier Bereiche lassen sich rational beschreiben, wenngleich auch nicht auf einen rationalen Nenner bringen. Wunder stören demnach nicht unbedingt den Bereich des rational-logischen Denkens, wenn nur zugestanden wird, dass es Bereiche menschlicher Erfahrung gibt, die in ihrem Wesen nicht „vernünftig“ sind. (Darf man an Wunder glauben; Sind die Berichte des Neuen Testaments wahr?) Damit ist es möglich, auch Texte wie die Verklärung Jesu wieder ernstzunehmen. (Wer war Jesus wirklich?) Berger nimmt mit dem Bild von dem Haus und den vier Räumen eine erkenntnistheoretische Verortung der Theologie vor, die eng mit seinem „direkten“ Zugang zu biblischen Texten zusammenhängt. Die Meditation „ohne philosophische Brille“ ist für ihn eine wichtige methodische Quelle für das wissenschaftliche Arbeiten.[10]
Damit verknüpft Berger die Spiritualität des betrachtenden Gebets mit der theologischen Forschung. Das Gebet ist ein wichtiges Thema für Berger; er definiert es folgendermaßen:
„Jedes Gebet ist zunächst einmal Anerkennung Gottes und darin ein Stück Reparatur der Welt, in der die meisten Menschen gottvergessen dahinleben.“[11]
Von seinen Fachkollegen fühlte Klaus Berger sich isoliert.
Die neutestamentliche Wissenschaft hatte in den letzten zwei Jahrhunderten eine auflösende Wirkung: Die Heilige Schrift bietet in keiner Weise mehr den „festen Grund“, auf den man sich theologisch gründen mag. Dieses Dilemma beantwortete die Theologie Karl Barths durch umso steilere dogmatische Vorgaben; der Durchmarsch der so genannten Humanwissenschaften als Kategorienspender für die Theologie gibt sich dagegen ganz damit zufrieden, dass es beim Glauben und in der Theologie nur um den so beschreibbaren Menschen gehe.
Klaus Berger dagegen ging es darum, das Neue Testament als entscheidende Größe für die Entwicklung von Theologie neu zu entdecken. Theologie hat dabei vor allem auch lebenspraktischen Wert und Bezug.
Seit Beginn der 1990er Jahre gab Berger, zunächst mit anderen, 1999 bis 2011 alleine, und seither gemeinsam mit einigen seiner Schüler die Reihe „Texte und Arbeiten zum Neutestamentlichen Zeitalter“ (TANZ) heraus. 1998 startete Berger mit einer Gruppe seiner Schüler das Projekt einer eigenen Zeitschrift für Universität, Kirche und Schule. Die „Zeitschrift für Neues Testament“ (ZNT) kommt zweimal jährlich heraus.
Seit Mitte der 90er Jahre versuchte Berger verstärkt, seine früheren hermeneutischen Impulse sowohl auf verschiedene, zumeist ungeliebte biblische Inhalte anzuwenden, als auch Begründungen für ein verantwortliches, kritisches und selbstkritisches Umgehen mit der Bibel zu liefern. So wurde er in der Öffentlichkeit immer mehr als einer der wenigen Theologen wahrgenommen, die aus der theologischen Forschung heraus neue Impulse für ein Leben als Christ geben. Er war ein gesuchter Gesprächspartner im Fernsehen, hielt viele Vorträge und schrieb regelmäßig für die Frankfurter Allgemeine Zeitung und die Tagespost. Mit seiner zweiten Frau Christiane Nord gab er eine Übersetzung des Neuen Testaments und der frühchristlichen Schriften heraus, die etwa die ersten beiden Jahrhunderte abdecken. Auf diese Weise machte er der Öffentlichkeit Texte zugänglich, die sonst nur von Kirchenkritikern in antikirchlicher Tendenz vorgeführt werden, so aber als wichtige Dokumente der frühchristlichen Glaubensentwicklung wahrgenommen werden können.
Die Hinwendung Bergers zur Frömmigkeit der Zisterzienser seit Mitte der 1990er Jahre kann als Vorbereitung einer Rückkehr zur katholischen Identität aufgefasst werden. Seinen konfessionellen Lebensweg beschreibt Klaus Berger in dem Buch Glaubensspaltung ist Gottesverrat und schlägt darin Wege zu der seiner Meinung nach dringend erforderlichen Beendigung der konfessionellen Trennung vor. Obwohl er katholisch getauft wurde, durfte Berger aufgrund eines inzwischen überholten Häresievorwurfs nicht römisch-katholischer Priester werden.[12] Daher lebte und lehrte er zunächst in den Niederlanden, bis ihn die Universität Heidelberg aufnahm. Nach eigener Darstellung ist er aus der katholischen Kirche aber nie ausgetreten.
Robert Leicht, der Präsident der evangelischen Akademie in Berlin und ein früheres Ratsmitglied der Evangelischen Kirche in Deutschland, warf Berger in Artikeln für Die Zeit im Jahr 2005 vor, die Lehrtätigkeit in der Heidelberger Fakultät für Evangelische Theologie sei nur möglich geworden, weil er den Eindruck erweckt habe, zur evangelischen Konfession konvertiert zu sein. In Wahrheit sei er aber immer Katholik geblieben.[13][14] Berger wehrte sich gegen den Vorwurf der Täuschung.[15] Tatsächlich hatte Berger seit dem Aufenthalt in den Niederlanden die evangelische Kirchensteuer gezahlt. Darum meinte Berger, er habe sich juristisch als Mitglied der evangelischen Kirche und gleichzeitig als Katholik („Exilkatholik“) betrachten können. Zu seiner Entlastung legte er eine Bescheinigung für den Übertritt in die evangelisch-lutherische Kirche vom 6. November 1968 vor. Sowohl von katholischer als auch von evangelischer Seite gab es Stimmen, die sich für Berger einsetzten.[16]
In einer vatikanischen Presseerklärung vom 8. November 2005 wurde die laut Presseberichten angeblich von Klaus Berger aufgestellte Behauptung als „falsch“ zurückgewiesen, „Kardinal Ratzinger, der nachmalige Papst“ habe „den Vorgang nach seiner formalen Seite“ genau gekannt und „keine Einwände erhoben“[17]. Außerdem heißt es dort: „Es ist selbstverständlich, dass die Bestimmungen des katholischen Kirchenrechts, die eine gleichzeitige Zugehörigkeit zur katholischen Kirche und zu einer evangelischen Landeskirche nicht zulassen, ausnahmslos und daher auch im genannten Fall gelten. Von dieser Ordnung der Kirche kann auch nicht im Bußsakrament dispensiert werden.“ Am 7. November 2006 trat Klaus Berger aus der Evangelischen Landeskirche Baden förmlich aus[18] und im zuständigen Bistum Hildesheim wieder in die katholische Kirche ein.[19]
Klaus Berger wurde Familiar im Stift Heiligenkreuz, an dessen Hochschule Benedikt XVI. er wiederholt Vorträge hielt.
Eine ausführliche und annähernd vollständige Bibliographie bis ins Jahr 2001, die auch die wissenschaftlichen Aufsätze, Lexikonartikel und Rezensionen umfasst, veröffentlichte M. Sasse in der Festschrift für Klaus Berger Religionsgeschichte des Neuen Testaments. Tübingen 2001, S. 569–577.
(Quelle: Gütersloher Verlagshaus u. a.)
Personendaten | |
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NAME | Berger, Klaus |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Theologe |
GEBURTSDATUM | 25. November 1940 |
GEBURTSORT | Hildesheim |
STERBEDATUM | 8. Juni 2020 |
STERBEORT | Heidelberg |