lingvo.wikisort.org - SpracheDie urnordische Sprache (manchmal auch zur späteren altnordischen Sprache gerechnet) ist die älteste überlieferte Form der nordgermanischen Sprachen und wurde vermutlich vom 1. oder 2. bis ins 8. Jahrhundert im heutigen Dänemark, Schweden und Norwegen gesprochen bzw. in Runen geschrieben. Sie war Vorläuferin des Altnordischen und damit auch des Norwegischen, Schwedischen, Dänischen, Färöischen und Isländischen.
«Urnordisch» wird heute als gemeinsame Vorstufe des Nord- und des Westgermanischen gesehen, und der Begriff wird entsprechend gemieden. Der Artikel bedarf einer Überarbeitung. Näheres sollte auf der Diskussionsseite angegeben sein. Bitte hilf mit, ihn zu verbessern, und entferne anschließend diese Markierung.
Urnordisch |
Gesprochen in |
Skandinavien |
Sprecher |
keine (Sprache ausgestorben) |
Linguistische Klassifikation |
- Indogermanisch
- Germanisch
- Nordgermanisch
Urnordisch
|
Offizieller Status |
Amtssprache in |
(ausgestorben) |
Die Sprache ist durch zahlreiche Runeninschriften aus der Zeit seit dem 3. Jahrhundert recht gut belegt.
Neben Texten sind Orts- und Personennamen bei antiken Autoren sowie Lehnwörter (etwa im Ostseefinnischen und Samischen) überliefert.
Urnordisch stand dem Urgermanischen noch ziemlich nahe und weist einige Archaismen auf, die selbst die gotische Sprache nicht bewahrt hat. So blieben bestimmte germanische Endungen im Urnordischen noch erhalten, mit der Ausnahme, dass ein [z] (stimmhaftes s) in einer Endung möglicherweise zu [r] oder einem ähnlichen Laut (geschrieben ᛉ bzw. z/R) wurde (z. B. urgermanisch *dagaz = urnordisch dagaR (dagegen gotisch dags) = „Tag“). Außerdem blieben auslautende Vokale noch erhalten (z. B. urgermanisch *hurna- = urnordisch horna (dagegen gotisch haurn) = „Horn“). In der frühen Zeit ist die Abgrenzung zum Nordwestgermanischen, der gemeinsamen Vorstufe der nord- und der westgermanischen Sprachen, allerdings schwierig, zum einen, da die Runen nicht immer zweifelsfrei auf den Lautwert schließen lassen, und zum andern, weil die das Nord- und das Westgermanische definierenden Sonderentwicklungen sich in dieser Zeit erst allmählich herausgebildet haben.
Einteilung
Beim Urnordischen unterscheidet man zwei Perioden:
- älteres Urnordisch, ungefähr von 200 bis 500
- jüngeres Urnordisch (Synkopezeit), ungefähr von 500 bis 700[1]
Quellen
Um etwas über das Urnordische zu erfahren, benutzt die Historische Sprachwissenschaft die folgenden Quellen:
- Das Urnordische ist vor allem bekannt durch seine Runeninschriften auf Steindenkmälern (auf Norwegisch bautasteinar), Schmuck, Waffen und Gebrauchsgegenständen, die in Gräbern gefunden wurden. Beispiel: die Goldhörner von Gallehus.
- Einige urnordische Wörter sind uns bekannt, weil sie schon in urnordischer Zeit ins Finnische oder ins Samische entlehnt wurden. Das Finnische hat sich im Laufe der Jahrhunderte nicht so stark verändert wie andere Sprachen. Deshalb sind auch die alten Lehnwörter gut erhalten geblieben.
- Darüber hinaus gibt es urnordische Wörter in lateinischen Texten.
- Man kann viel über das Urnordische herausfinden, wenn man es mit anderen alten germanischen Sprachen vergleicht, vor allem mit dem Gotischen, aber auch mit dem Altenglischen, Altniederdeutschen und Althochdeutschen.[2]
Es sind aber nicht alle urnordischen Wörter in urnordischen Texten erhalten geblieben.
Manchmal muss man aus fremdsprachigen Wörtern oder aus Komposita oder Ableitungen eine urnordische Form rekonstruieren.
Um anzudeuten, dass ein Wort rekonstruiert ist, setzt man in der Sprachwissenschaft ein Sternchen (*) vor das Wort.
Siehe Rekonstruktion (Sprachwissenschaft).
Dialekte
Die urnordischen Runeninschriften zeigen nur wenige Dialektunterschiede.
Ein Grund dafür könnte sein, dass die Schreiber dieser Texte viele festgelegte Formeln benutzten.
Ein anderer Grund könnte sein, dass es eine starke Schreibtradition gab, die Dialektunterschiede nicht zuließ.[2]
Synkopezeit
Synkope
Die Synkope ist das wesentliche Kennzeichen des jüngeren Urnordisch.
Synkope bedeutet hier, dass kurze unbetonte Vokale im inneren des Wortes verschwinden.
Nach dieser Entwicklung gab es nur noch Vokale, die entweder lang oder betont waren.
Viele lange Vokale sind während dieses Prozesses verkürzt worden.
Dies führte dazu, dass viele urnordische Wörter kürzer wurden.
So wurde der (männliche) Vorname HaþuwulfaR im Altnordischen zu Hálfr.[2]
Umlaut
Neben dem bekanntesten Umlaut, dem i-Umlaut, gibt es im jüngeren Urnordisch auch den a-Umlaut und den u-Umlaut.
Durch die Umlaut-Erscheinungen entstanden im Urnordischen neue Vokale.
Als Folge der Synkope wurden die Wörter zwar kürzer, aber als Ersatz für die fehlenden Vokale und Silben entstanden neue Vokale.
Beispiele für den Umlaut:
- I-Umlaut: Das urnordische rekonstruierte Wort *dômian („urteilen“) erscheint im Altwestnordischen als dœma. Aus dem langen o wurde also ein ö-Laut, der im Altwestnordischen œ geschrieben wird. Der Grund für diese Veränderung ist der i-Umlaut, also der Einfluss des i, das später als Folge der Synkope wegfiel.
- U-Umlaut: Das urnordische Wort *maguR („Junge“) erscheint im Altwestnordischen als mǫgr. Hier wurde das a ein o-artiger Laut, der im Altwestnordischen ǫ geschrieben wird. Diese Veränderung geschah wegen des u-Umlauts, also unter Einfluss des u, der als Folge der Synkope wegfiel.
- A-Umlaut: Das urnordische Wort *wira- („Mann“) erscheint im Altwestnordischen als verr. Hier wurde das i zu einem e unter Einfluss des a in der folgenden Silbe (a-Umlaut).[2]
Brechung
Eine Sprachveränderung, die ebenfalls in der Synkopezeit stattfand, war die Brechung von einigen Vokalen.
Die Brechung ist eine Form der Diphthongierung.
Das e wandelte sich unter bestimmten Bedingungen in ein ja oder in ein jo/jǫ.
Bei der Brechung sieht man bereits Unterschiede zwischen den einzelnen urnordischen Dialekten und dementsprechend auch zwischen den späteren nordgermanischen Sprachen (Schwedisch, Dänisch, Norwegisch (Isländisch, Färöisch)).[2]
Beispiel:
- Das urnordische Wort *eka („ich“) wurde zu jak im Altostnordischen und ek im Altwestnordischen. In beiden Fällen verschwand das a als Folge der Synkope. Die östliche Form, jak, wurde der Vorläufer des schwedischen jag und des dänischen jeg. Die westliche Form wurde der Vorläufer des norwegischen eg (im Nynorsk), des färöischen eg und des isländischen ég.[2]
Folgen
Die Lautveränderungen in der Synkopezeit sorgten dafür, dass die Flexion (Beugung) einiger Wörter ziemlich kompliziert wurde.
Eine größere Anzahl von Vokalen in den Endungen führte zu einer größeren Anzahl von Vokalen im Stamm einiger Wörter.
Das folgende Beispiel zeigt, wie die Formen des urnordischen Wortes *wantuR („Handschuh“) durch i-Umlaut und u-Umlaut verändert werden.
Das altwestnordische Wort vǫttr bekam auf diese Weise eine komplizierte Flexion, mit Wechsel von a, e und ǫ am Anfang des Wortes.[2]
Kasus und Numerus | Urnordisch | Altwestnordisch |
Nom. Sg. | *wantuR | vǫttr |
Akk. Sg. | *wantu | vǫtt |
Dat. Sg. | *wantiu | vetti |
Gen. Sg. | *wantôR | vattar |
Nom. Pl. | *wantiuR | vettir |
Akk. Pl. | *wantunR | vǫttu |
Dat. Pl. | *wantum(i)R | vǫttum |
Gen. Pl. | *wantô | vatta |
Sprachbeispiele
Goldhorn von Gallehus (Dänemark 5. Jahrhundert)
→ Hauptartikel: Goldhörner von Gallehus
Urnordisch |
|
Deutsch |
ek hlewagastiR holtijaR horna tawido. |
|
Ich, Leugast, Sohn des Holt // der Holte (?), machte (dieses) Horn. |
Brakteat von Tjurkö (Schweden 5. Jahrhundert)
Siehe auch: Brakteat
Urnordisch |
|
Deutsch |
wurte runoR an walhakurne. HeldaR kunimu(n)diu |
|
Ich fertigte die Runen auf „fremdem Korn“ (= Gold). Held für Kunimund. |
Runenstein von Kjølevik (Norwegen 1. Hälfte 5. Jahrhundert)
→ Hauptartikel: Runenstein von Kjølevik
Urnordisch |
|
Deutsch |
hadulaikaR. Ek hagusta(l)daR hlaaiwido magu minimo |
|
Hadulaik (liegt hier begraben). Ich Hagustald begrub meinen Sohn. |
Amulett von Lindholmen (6. Jahrhundert)
→ Hauptartikel: Amulett von Lindholmen
Urnordisch |
|
Deutsch |
ek erilaR sawilagaR ha(i)teka |
|
Ich, der Runenmeister, der Schlaue heiße ich. |
Runenstein von Björketorp (8. Jahrhundert)
→ Hauptartikel: Runenstein von Björketorp
Urnordisch |
|
Deutsch |
uþarabaspa. sar þat barutR uti aR weladaude. HaeramalausR gunarunaR arageu falahak haderag, haidRuno ronu. |
|
Unglücksprophezeiung! (Demjenigen), der dies bricht, ist tückischer Tod bevorstehend. Ohne Schaden habe ich die Großrunen der Hexerei eingegraben, (wie auch) die Reihe der Ehrenrunen. |
Literatur
- Elmer Antonsen: A Concise Grammar of the Older Runic Inscriptions. Tübingen 1975.
- Wolfgang Krause: Die Sprache der urnordischen Runeninschriften. Winter, Heidelberg 1971, ISBN 3-533-02178-5.
- Hans Frede Nielsen: The Early Runic Language of Scandinavia. Winter, Heidelberg 2000, ISBN 3-8253-1080-9.
Weblinks
Einzelnachweise
- Odd Einar Haugen: Grunnbok in norrønt språk. 2. utgåve. Oslo 1995, ISBN 82-417-0506-9.
- Hallfrid Christiansen: Norske Dialekter. Tanum/Norli o. J. (Reprint).
На других языках
- [de] Urnordische Sprache
[en] Proto-Norse language
Proto-Norse (also called Ancient Nordic, Ancient Scandinavian, Ancient Norse, Primitive Norse, Proto-Nordic, Proto-Scandinavian and Proto-North Germanic) was an Indo-European language spoken in Scandinavia that is thought to have evolved as a northern dialect of Proto-Germanic in the first centuries CE. It is the earliest stage of a characteristically North Germanic language, and the language attested in the oldest Scandinavian Elder Futhark inscriptions, spoken from around the 2nd to the 8th centuries CE (corresponding to the late Roman Iron Age and the Germanic Iron Age). It evolved into the dialects of Old Norse at the beginning of the Viking Age around 800 CE, which later themselves evolved into the modern North Germanic languages (Faroese, Icelandic, the three Continental Scandinavian languages, and their dialects).
[es] Idioma protonórdico
El protonórdico (también denominado escandinavo antiguo, germánico protonórdico y nórdico primitivo) fue una lengua indoeuropea hablada en Escandinavia que se cree que evolucionó a partir del protogermánico durante los primeros siglos de nuestra era. Se trata de la primera etapa específica de la lengua germánica septentrional, y la lengua de las antiguas inscripciones escandinavas escritas en futhark antiguo, hablada entre el siglo III y el siglo VII aproximadamente (correspondiéndose con el final de la Edad del Hierro romana y los comienzos de la Edad del Hierro germánica). Se fraccionó en los dialectos del nórdico antiguo a comienzos de la época vikinga.
[fr] Proto-norrois
Le proto-norrois (également proto-scandinave, norrois primitif, proto-nordique, ancien nordique, proto-norrois germanique et norrois proto-germanique) est un dialecte du proto-germanique qu'on parlait en Scandinavie jusqu'au VIIe siècle puis qui évolua en vieux norrois. Il était écrit avec l'alphabet runique vieux futhark[1],[2].
[it] Proto-norreno
Il proto-norreno, norreno primitivo, scandinavo antico o proto-germanico settentrionale era una lingua indoeuropea parlata un tempo in Scandinavia che si pensa si sia evoluta dal ceppo proto-germanico nei primi secoli dopo Cristo. È il primo stadio di una lingua caratteristica nord-germanica, e la lingua delle prime e più antiche iscrizioni runiche, parlata circa tra il terzo e il settimo secolo.
Si è evoluta nei dialetti del norreno all'inizio dell'Era dei Vichinghi.
Текст в блоке "Читать" взят с сайта "Википедия" и доступен по лицензии Creative Commons Attribution-ShareAlike; в отдельных случаях могут действовать дополнительные условия.
Другой контент может иметь иную лицензию. Перед использованием материалов сайта WikiSort.org внимательно изучите правила лицензирования конкретных элементов наполнения сайта.
2019-2025
WikiSort.org - проект по пересортировке и дополнению контента Википедии