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Giacomo Girolamo Casanova [ˈdʒaːkomo dʒiˈrɔːlamo kazaˈnɔːva] (* 2. April 1725 in Venedig; † 4. Juni 1798 auf Schloss Dux im Königreich Böhmen) war ein venezianischer Schriftsteller und Abenteurer des 18. Jahrhunderts, bekannt durch die Schilderungen zahlreicher Liebschaften. Er gilt bis heute als Inbegriff des Frauenhelden.[1] Sein Pseudonym lautet Chevalier de Seingalt. Schon im 19. Jahrhundert tauchte die Figur Casanova in künstlerischen Werken auf.

Giacomo Casanova, porträtiert von Francesco Casanova, um 1750–1755
Giacomo Casanova, porträtiert von Francesco Casanova, um 1750–1755

Leben



Familie


Seine Mutter war die Schauspielerin Giovanna Maria Farussi, genannt „Zanetta“ oder „La Burinella“, sein mutmaßlicher Vater der Schauspieler Gaetano Casanova. Giacomo war das älteste Kind von insgesamt sechs Geschwistern (Francesco (1727–1803), Giovanni Battista (1730–1795), Faustina Maddalena (1731–1736), Maria Maddalena Antonia Stella (1732–1800) und Gaetano Alvise (1734–1783)). Da seine Mutter viel auf Reisen war, wurde er von seiner Großmutter Marzia Farussi († 1743) erzogen. Als sein Vater starb, war er acht Jahre alt. Er wurde ein Jahr später nach Padua in Pension zu Dr. Antonio Maria Gozzi gegeben.

Giacomo soll bereits als Kind oft krank gewesen sein, nicht nur einmal lebensgefährlich. Er litt an Blutungen, vor allem an Nasenbluten, das nicht gestillt werden konnte und mit vielen, auch esoterischen Mitteln bekämpft wurde. Sein besonders starker Lebenswille soll aus diesen Gefährdungen entstanden sein. Später bezeichnete er sich bereits früh so oft dem Tode nah, näher als dem Leben, dass „er ihn später kaum noch fürchtete“. Der Wille, nicht aufzugeben, zeigte sich unter anderem in seiner spektakulären Flucht aus den Bleikammern, einem Gefängnis im Dogenpalast in Venedig.


Casanova als Kleriker


Casanova erwarb mit 17 Jahren am 28. November 1742 an der Universität Padua den Grad eines Doktors beider Rechte (Doctor iuris utriusque, Dr. iur. utr.), d. h. des weltlichen und des kanonischen Rechts. Auf Bitten seiner Großmutter beschloss er, eine kirchliche Laufbahn als Priester einzuschlagen. Als angehender Priester, nach Erhalt der vier niederen Weihen, ließ er sich am 19. März 1741 während seiner zweiten Predigt in San Samuele, eine Ohnmacht vortäuschend, von der Kanzel fallen, und gab drei Jahre später seine kirchliche Laufbahn auf. 1742 reiste er als Sekretär über Korfu nach Konstantinopel, wo er Claude Alexandre de Bonneval traf. Bei seiner Rückkehr nach Venedig ein Jahr später wurde er erstmals (wegen Erbstreitigkeiten) inhaftiert.

Orden vom Goldenen Sporn
Orden vom Goldenen Sporn

Anschließend reiste er nach Ancona und Rom und lernte dort Papst Benedikt XIV. kennen. Als Dank für amüsante Plaudereien erlaubte ihm der Papst, verbotene Bücher zu lesen, und genehmigte ihm eine Dispens von der geltenden Fastenpflicht. Wegen seiner Verwicklung in eine Liebesaffäre musste er jedoch Rom verlassen. Casanova war nie verheiratet, hatte jedoch eine unbestimmte Zahl eigener Kinder, von denen er nur teilweise Kenntnis erhielt. Im Dezember 1760 ernannte ihn Papst Clemens XIII. zum „Apostolischen Protonotar extra urbem“ und zum „Ritter des goldenen Sporns“, woraus sich Casanovas Recht ableitete, sich Cavaliere (Ritter) nennen zu lassen.

Während seiner Tätigkeit als Hauslehrer in Neapel erfand er einen Marcantonio Casanova als seinen Stammvater, der angeblich 1528 als Sekretär eines Kardinals in Rom gestorben sei. Die Fälschung wurde aber bald erkannt, und er verlor seine Stelle.


Flucht aus den Bleikammern


Für die Zeit zwischen 1743 und 1745 ist der Lebenslauf Casanovas nur lückenhaft bekannt. Er war unter anderem auf Reisen und kam im Frühjahr 1753 nach Venedig zurück, wurde venezianischer Fähnrich, verdiente sich unter anderem als Orchestergeiger seinen Lebensunterhalt im Teatro San Samuele, an dem bereits seine Eltern Schauspieler gewesen waren und für das Carlo Goldoni arbeitete. Casanova schrieb Verse im Rahmen des sogenannten „1. venezianischen Theaterstreits“ zu dessen Gunsten und betätigte sich auch als Claqueur.

Canaletto: Der Markusplatz, um 1743
Canaletto: Der Markusplatz, um 1743

In den frühen Morgenstunden des 26. Juli 1755[2] wurde er wegen angeblicher „Schmähungen gegen die heilige Religion“ durch den venezianischen Polizeichef (Capitan Grande oder Messer Grande) Matteo Varutti[3] verhaftet, wobei die Hintergründe nicht klar sind. Casanova selbst stellte darüber verschiedene Spekulationen an, venezianische Archivdokumente geben darüber keine befriedigende Auskunft. Belegt ist, dass um 1753/54 die venezianische Staatsinquisition auf Casanova aufmerksam wurde. Er verschwendete Geld seiner Gönner, insbesondere des einflussreichen Senators Matteo Giovanni Bragadin (1689–1767), hatte ungenehmigten Umgang mit Ausländern und war 1750 in Lyon den Freimaurern beigetreten. Die Akten zu Casanovas Verhaftung gehören zu den frühesten Dokumenten, in denen die Freimaurer in Venedig erwähnt werden.

Fünfzehn Monate nach seiner Verhaftung gelang ihm beim zweiten Versuch die Flucht aus den Bleikammern Venedigs, was allgemeine Aufmerksamkeit erregte. Für den Zeitpunkt der erfolgreichen Flucht nutzte er das Buch L’Orlando Furioso von Ludovico Ariosto als Orakel (Stichomantie). Über seinen Ausbruch aus dem Verlies schrieb er ein Buch, das 1788 in Leipzig in französischer Sprache erschien und noch zu seinen Lebzeiten ins Deutsche übersetzt wurde.


Reisen durch Europa


In den folgenden Jahren reiste Casanova durch ganz Europa – beispielsweise besuchte er die Niederlande, Deutschland, die Schweiz, England, Spanien und Russland – und war in den adligen Salons ein gern gesehener und prominenter Gast. In Frankreich war er 1757, gemeinsam mit Giovanni Antonio Calzabigi, Mitbegründer der National-Lotterie. 1760 besuchte er Voltaire in Genf. Seit diesem Jahr nannte sich Casanova auch Chevalier de Seingalt, ein Name, den er bis an sein Lebensende immer wieder benutzte. Im selben Jahr traf er in Rom Papst Clemens XIII., Johann Joachim Winckelmann und Anton Raphael Mengs, bei dem er wohnte. Bei einem Aufenthalt in England verliebte er sich in eine 18-Jährige namens Marie Charpillon, kam aber nicht zum Ziel, was ihn fast in den Selbstmord trieb. Über Brüssel, Aachen, Wesel, Braunschweig und Wolfenbüttel kam er im Sommer 1764 nach Sanssouci und bat bei Friedrich dem Großen um eine Anstellung. Die ihm angebotene Position als Lehrmeister an der Schule für pommersche Landjunker lehnte er jedoch ab und reiste nach Russland in der Hoffnung, eine Stellung am Zarenhof zu bekommen.

Neun Monate lang lebte Casanova 1765 in Sankt Petersburg und traf zweimal mit Katharina der Großen zusammen. Die Zarin sah keine Möglichkeit Casanova in ihre Dienste zu nehmen und so reiste er nach Polen, um sich dort um eine Anstellung am Königshof zu bemühen.

In Polen duellierte er sich 1766 mit dem Grafen Franciszek Ksawery Branicki, nachdem die beiden beim Werben um eine Sängerin miteinander in Streit geraten waren. Wegen des Standesunterschieds der Kontrahenten hatte im Vorfeld des Duells Unklarheit bestanden, ob Branicki Casanovas Forderung annehmen würde. Für sein Handeln im Falle einer Ablehnung hatte sich letzterer bereits bei Fürst Adam Kazimierz Czartoryski erkundigt, wie weiter zu verfahren sei. Branicki akzeptierte allerdings, da sich im polnischen Adel verbreitet hatte, dass Casanova trotz seiner bürgerlichen Herkunft an mehreren europäischen Höfen verkehrte.[4] Bei dem Pistolenduell wurden beide schwer verwundet. Casanova verarbeitete das Ereignis in seiner Novelle Il duello ovvero Saggio della vita di G. C. veneziano (deutsch „Das Duell oder Versuch über das Leben des Venezianers G. C.“).[5]

Daraufhin musste Casanova Polen verlassen und reiste über Wien nach Paris. Schon kurz darauf musste er auf Geheiß des Königs Frankreich den Rücken kehren und floh nach Spanien. In Madrid wurde er 1768 wegen unerlaubten Waffenbesitzes kurze Zeit gefangen gehalten, hatte in Barcelona eine Affäre mit der Geliebten des Gouverneurs und tötete bei einem von diesem inszenierten Überfall einen Angreifer, weswegen er einen Monat im Gefängnis saß.

Giacomo Casanova, gemalt von Alessandro Longhi (um 1774)
Giacomo Casanova, gemalt von Alessandro Longhi (um 1774)

1769 reiste er über Südfrankreich nach Norditalien und verfasste die Confutazione della Storia del Governo veneto d’Amelot de la Hussaie (8 Bände, Lyon 1769, 2. Auflage. 1786), eine Gegenschrift zur anti-venezianischen Geschichte Venedigs des Abraham Nicolas Amelot de la Houssaye (1634–1706), der 1669–71 Sekretär des französischen Gesandten in Venedig gewesen war. Casanova wollte mit diesem Werk die Serenissima versöhnlich stimmen. Ab 1772 setzten sich hochrangige Fürsprecher für eine Begnadigung ein (nach der Flucht war ein Verbannungsurteil ergangen), die 1774 erfolgte: Am 14. September 1774 traf Casanova wieder in Venedig ein. 1775 bis 1778 veröffentlichte er drei Bände einer Übersetzung der Ilias ins Italienische, die aber wenig Beachtung fand, so dass der abschließende 4. Band ungeschrieben blieb. 1779 erschien ein Buch Casanovas gegen Voltaire. 1781 stellte er ein Verzeichnis verbotener Bücher zusammen, die er jeweils selbst kommentierte.

Mit seiner Heimkehr brechen die Memoiren ab. Mangels anderer Möglichkeiten, Geld zu verdienen, ließ er sich als Spitzel der venezianischen Staatsinquisition gewinnen. Seine Spitzelberichte unterzeichnete er mit dem Decknamen Antonio Pratolini.[3] Der Versuch, eine Zeitschrift zu gründen, misslang ebenso wie seine Tätigkeit als Theaterdirektor. Ein Tiefpunkt war schließlich das 1782 edierte Pamphlet Né Amori, né Donne (Weder Liebschaften noch Frauen) gegen venezianische Adlige (Nobili), insbesondere gegen Giovanni Carlo Grimani, bei dem er häufig zu Gast gewesen war. Casanova behauptete, Sohn Michele Grimanis zu sein, während jener gar nicht der Vater von Giovanni Carlo Grimani sei. Casanova wurde erneut aus Venedig verbannt. Im September 1782 reiste er nach Triest und passierte im Juni 1783 nur noch auf der Durchreise Venedig, ohne das Schiff zu verlassen. Nach Reisen über Paris, Dresden, Berlin, Prag kam er 1784 nach Wien, wo er Sekretär des venezianischen Gesandten Sebastiano Foscarini wurde und Graf Joseph Karl Emanuel von Waldstein kennenlernte.


Altersruhesitz


Schloss Dux
Schloss Dux
Johann Berka: Medaillon-Porträt von Casanova, als Frontispiz für den Icosaméron verwendet (1788)
Johann Berka: Medaillon-Porträt von Casanova, als Frontispiz für den Icosaméron verwendet (1788)

1784 traf Casanova in Wien den Grafen Joseph Karl von Waldstein, der ihm 1785 das Angebot machte, als Bibliothekar auf Schloss Dux zu arbeiten. Die letzten Jahre seines Lebens waren von Eintönigkeit und ständigem Streit mit den anderen Schlossbewohnern geprägt. Der Fürst de Ligne, ein Onkel des Grafen von Waldstein, beschrieb Casanovas Leben so:

„Es gab keinen Tag, an dem er sich nicht über seinen Kaffee, seine Milch oder den Teller Makkaroni beschwerte, den er täglich verlangte … Der Graf hatte ihm nicht als erster guten Morgen gewünscht. Die Suppe war ihm absichtlich zu heiß serviert worden. Ein Diener hatte ihn auf ein Getränk warten lassen. Er war einem berühmten Besucher nicht vorgestellt worden … Der Graf hatte ein Buch verliehen, ohne ihn davon zu verständigen. Ein Diener hatte nicht den Hut gezogen, als er an ihm vorüberging … Er hatte seine französischen Verse vorgezeigt, und jemand hatte gelacht. Er hatte gestikuliert, als er italienische Verse vortrug, und jemand hatte gelacht. Er hatte beim Betreten eines Raumes die Verbeugung gemacht, die ihm von dem berühmten Tanzlehrer Marcel vor sechzig Jahren beigebracht worden war, und jemand hatte gelacht.“

Charles de Ligne: Fragment sur Casanova[6]

Es wird vermutet, dass Casanova 1787 in Prag mit Wolfgang Amadeus Mozart und dem Librettisten Lorenzo Da Ponte zusammengetroffen ist, als sie dort die Uraufführung der Oper Don Giovanni vorbereiteten. Casanova war mit dem aus Venedig stammenden Da Ponte befreundet und hat nach dessen Aussage sogar Textentwürfe beigesteuert, welche jedoch keine Verwendung in der Oper fanden. Die betreffenden Textpassagen sind überliefert. 1791 kam er zur Krönung Kaiser Leopolds II. nach Wien und traf dort 1792 zum letzten Mal Lorenzo Da Ponte. Seine letzten Reisen führten ihn 1795 nach Berlin und Thüringen, 1796 und 1797 nach Dresden.

Eintrag zum Tode Casanovas am 4. Juni 1798 im Archiv des Schlosses Dux
Eintrag zum Tode Casanovas am 4. Juni 1798 im Archiv des Schlosses Dux

Der einzige Trost für Casanova war das Schreiben: 1787 beendete er die Niederschrift der Histoire de ma fuite (deutsch: Geschichte meiner Flucht). 1788 erschien in Prag sein fünfbändiger utopischer Roman Icosaméron ou Histoire d’Edouard et d’Elisabeth. 1790 fing er mit der Niederschrift seiner Mémoires an, wobei er sich auf Capitulaires und Briefe stützte. Neun Stunden pro Tag arbeitete er durchschnittlich an seinen Erinnerungen. Nachdem er 1793 eine erste Fassung beendet hatte, widmete er sich bis zu seinem Tod am 4. Juni 1798 der Überarbeitung des Textes.[7] Einen literarischen Niederschlag fand diese Episode in Karl Gassauers verfilmter Komödie Casanova auf Schloss Dux. Er wurde in Dux auf dem Friedhof der Hl. Barbara bestattet. Der Ort, an dem sich sein Grab befand, ist heute allerdings unbekannt, denn der Friedhof wurde später zu einem Park umgewandelt. Lediglich die Grabplatte wurde an die Außenmauer der noch existierenden Kapelle der heiligen Barbara befestigt.


Werke



Bedeutung der Memoiren


Die Memoiren Casanovas mit dem Titel Geschichte meines Lebens zählen zur Weltliteratur und wurden in mehr als zwanzig Sprachen übersetzt.

Das Werk ist vor allem kulturhistorisch interessant: Das gesamteuropäische 18. Jahrhundert breitet sich darin vor unseren Augen aus: Durch seine Reisen, bei denen er europäische Höfe und Metropolen besuchte, hatte er Kontakt zu bedeutenden Personen seiner Zeit. Er kannte die Päpste Benedikt XIV. und Clemens XIII., sprach mit Friedrich dem Großen und der Zarin Katharina II. Neben den Herrschern war ihm auch die geistige Elite Europas vertraut: Da Ponte, Voltaire, Crébillon, von Haller, Winckelmann und Mengs zählten zu seinen Bekannten. Doch auch die soziale Unterschicht kommt in seinen Erinnerungen vor.

Hermann Kesten beschrieb dieses „Pandämonium“ so: „Das ganze 18. Jahrhundert tummelt sich in seinen Memoiren und lacht, und räsoniert, und hurt, in keinem anderen Buch ist es so lebendig, so deutlich, so zum Riechen, Fühlen, Schmecken nah.“[8]


Editionsgeschichte der Memoiren


Die erste Seite von Casanovas Memoirenmanuskript
Die erste Seite von Casanovas Memoirenmanuskript

Das Manuskript der Memoiren vererbte Casanova seinem Dresdner Neffen Carlo Angiolini, der es[9] 1820 dem Verlag F. A. Brockhaus in Leipzig anbot und 1821 verkaufte. Im Auftrag des Verlages übersetzte Wilhelm von Schütz das französische Original ins Deutsche. Bereits Ende des Jahres 1821 wurde der erste Band in deutscher Sprache veröffentlicht: Aus den Memoiren des Venetianers Jacob Casanova de Seingalt, oder sein Leben, wie er es zu Dux in Böhmen niederschrieb. Nach dem Original-Manuscript bearbeitet von Wilhelm Schütz. Weil dieser Band reißenden Absatz fand, gab der Verlag zwischen 1822 und 1828 eine zwölfbändige, gereinigte Ausgabe heraus.[9]

Aus Angst davor, bei der Zensur oder einem breiten Publikum mit offener Erotik auf Ablehnung zu stoßen, bearbeitete Schütz das Original. Gerd Forsch analysierte in seiner Dissertation diese Bearbeitung und stellte fest, dass „Anrüchige sexuelle Praktiken und dunkle Punkte der Biographie – Onanie, Homoerotik und Päderastie, Abtreibungen und Geschlechtskrankheiten“[10] getilgt wurden.

Bald darauf wurde in Frankreich ein Raubdruck, eine Rückübersetzung der deutschen Übersetzung von Schütz ins Französische, veröffentlicht, worauf der Verlag Brockhaus den Dresdner Romanisten Jean Laforgue beauftragte, das französische Original zu veröffentlichen (1826–1838).[11] Laforgues Bearbeitung griff noch tiefer in den Text ein als jene von Schütz: „Die im Original eher nüchtern gehaltenen erotischen Passagen erhielten eine Tendenz zum Wollüstigen und kamen so dem Wunsch einer vorwiegend männlichen Leserschaft nach Stimulation sexueller Phantasien entgegen.“[12]

Diese Edition blieb über ein Jahrhundert lang die einzige Textbasis. Die Familie Brockhaus schreckte nämlich vor der Veröffentlichung zurück, weil sie fürchtete, der Unmoral beschuldigt zu werden. Nachdrucke und Auswahlausgaben entstanden, die so tendenziös gestaltet waren, dass Casanova nur noch als Verführer erschien. Dies trug ungeheuer zum Erfolg dieser Ausgaben bei: Laut des Casanova-Biographen James Rives Childs gab es bis 1956 104 deutsche und 91 französische Editionen.[13]

Erst 1960 wurde erstmals der Originaltext der Memoiren durch F. A. Brockhaus, Wiesbaden, und Plon, Paris, veröffentlicht. Diese zwölfbändige Ausgabe wurde 1962 abgeschlossen (Nachdruck 1985 in 6 Bänden) und, kommentiert von Günter und Barbara Albrecht, neu herausgegeben (Leipzig 1992).

Im Februar 2010 wurde das Manuskript vom französischen Staat erworben. Mit über 7 Millionen Euro ist es der höchste jemals für ein Manuskript erzielte Preis. Im Anschluss daran erfolgte von 2013 bis 2015 unter der Leitung von Gérard Lahouati und Marie-Françoise Luna eine Neuedition in drei Bänden, herausgegeben vom Verlag Éditions Gallimard in Paris.[14]

Heute gibt es keine aktuelle Auflage der deutschen Fassung der Memoiren, so dass die Bücher ausschließlich im Antiquariat zu erhalten sind.


Casanova in Kunst und Literatur



Literatur


Das Leben Casanovas hat ein breites Spektrum mehr oder weniger literarisierter Nacherzählungen angeregt.

Dramatik
Lyrik

Bildende Kunst



Musik


Oper
Operette
Ballett
Musical
Revue
Konzert

Film und Fernsehen



Wissenschaftliche Studien und Veröffentlichungen



Biographien


Gelesen von Benedict Cumberbatch. BBC-Audio 2008. ISBN 978-1-78529077-0

Populärwissenschaftliches




Commons: Giacomo Casanova – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wikisource: Giacomo Casanova – Quellen und Volltexte
Wikiquote: Giacomo Casanova – Zitate
Wiktionary: Casanova – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise


  1. Casanova in Duden.
  2. Casanova: Meine Flucht aus den Staatsgefängnissen zu Venedig. 2. Auflage. Illgen, Gera/ Leipzig 1799, S. 11.
  3. William Bolitho: Zwölf gegen das Schicksal – Die Geschichte des Abenteuers. Müller und Kiepenheuer, Traunstein 1946, S. 78.
  4. Heinz Marzulla: Ehrensache! Das Pistolenduell – Geschichte, Regeln und Waffen. Ares Verlag, Graz 2005, ISBN 3-902475-12-9, S. 37.
  5. Giacomo Casanova: Das Duell oder Versuch über das Leben des Venezianers G. C. Piper, München 1988, ISBN 3-492-03302-4
  6. Charles de Ligne: Oeuvres melées en prose et en vers. Vol. 15. Wien 1807. Zitiert nach Childs: Casanova. 1960, S. 160 ff.
  7. Carina Lehnen: Das Lob des Verführers. 1995, S. 21 f.
  8. Hermann Kesten: Giacomo Casanova. In: ders.: Die Lust am Leben. Boccaccio. Aretino. Casanova. New York 1968, S. 169.
  9. Carina Lehnen: Das Lob des Verführers. 1995, S. 23.
  10. Gerd J. Forsch: Casanova und seine Leser. Die Rezeption von Casanovas „Histoire de ma vie“ in Deutschland, Frankreich und Italien. (= Bonner Untersuchungen zur vergleichenden Literaturwissenschaft. Band 1). Rheinbach-Merzbach 1988, S. 16., zitiert nach Lehnen: Das Lob des Verführers. 1995, S. 24.
  11. Carina Lehnen: Das Lob des Verführers. 1995, S. 24.
  12. Carina Lehnen: Das Lob des Verführers. 1995, S. 25.
  13. James Rives Childs: Casanoviana. An annotated world bibliography of Jacques Casanova de Seingalt and of works concerning him. Wien 1956, S. 33, zitiert nach Lehnen: Das Lob des Verführers. 1995, S. 25.
  14. Casanova: Histoire de ma vie. Edition établie sous la direction de Gérard Lahouati et Marie-Françoise Lunda, avec la collaboration de Furio Luccichenti, Alexandre Stroev et Helmut Watzlawik. Gallimard, Paris 2013–2015.
Personendaten
NAME Casanova, Giacomo
ALTERNATIVNAMEN Casanova, Giacomo Girolamo (vollständiger Name); Casanova de Seingalt, Jacques; Seingalt, Chevalier de
KURZBESCHREIBUNG venezianischer Abenteurer und Schriftsteller
GEBURTSDATUM 2. April 1725
GEBURTSORT Venedig
STERBEDATUM 4. Juni 1798
STERBEORT Dux, Böhmen

На других языках


- [de] Giacomo Casanova

[en] Giacomo Casanova

Giacomo Girolamo Casanova (/ˌkæsəˈnoʊvə, ˌkæzə-/,[1][2][3] Italian: [ˈdʒaːkomo dʒiˈrɔːlamo kazaˈnɔːva, kasa-]; 2 April 1725 – 4 June 1798) was an Italian adventurer and author from the Republic of Venice.[4][5] His autobiography, Histoire de ma vie (Story of My Life), is regarded as one of the most authentic sources of the customs and norms of European social life during the 18th century.[6]

[ru] Казанова, Джакомо

Джа́комо Джиро́ламо Казано́ва[* 1] (итал. Giacomo Girolamo Casanova), шевалье де Сенгальт[* 2] (2 апреля 1725, Венеция — 4 июня 1798, замок Дукс, Богемия) — известный итальянский авантюрист, путешественник и писатель, автор обстоятельной автобиографии «История моей жизни» (фр. Histoire de ma vie)[1]. Благодаря этой книге он настолько прославился своими многочисленными любовными похождениями, что само его имя стало нарицательным и теперь используется в значении «женский обольститель». Если верить его мемуарам, Казанова встречался с европейскими монархами, папами, кардиналами и такими выдающимися деятелями эпохи Просвещения, как Вольтер, Моцарт и Гёте. Свои последние годы он провёл в Богемии, будучи смотрителем библиотеки в замке графа Вальдштейна; именно там он и написал историю своей жизни.



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