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Heinz Piontek (* 15. November 1925 in Kreuzburg, Provinz Oberschlesien; † 26. Oktober 2003 in Rotthalmünster bei Passau) war ein deutscher Schriftsteller.


Leben


Heinz Piontek entstammte einer oberschlesischen Bauernfamilie. Von seiner Kindheit und Jugend in Kreuzburg hat er in seinem autobiographischen Roman Zeit meines Lebens erzählt. 1943 musste er seine Schulausbildung abbrechen und als Soldat der Wehrmacht am Zweiten Weltkrieg teilnehmen. 1945 geriet er in Bayern in amerikanische Kriegsgefangenschaft; nach seiner Entlassung lebte er einige Zeit in Waldmünchen, arbeitete zeitweise als Arbeiter in einem Steinbruch in der Oberpfalz und als Bauarbeiter in München. In seinem zweiten Erinnerungs-Roman Stunde der Überlebenden hat Piontek über diese Jahre detailreich berichtet. 1947 zog er nach Lauingen, holte dort das Abitur nach und heiratete 1951 Gisela Dallmann. Anschließend studierte er drei Semester Germanistik an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Dillingen. 1955 übersiedelte Piontek nach Dillingen, 1961 dann nach München. Seit der Währungsreform (1948) lebte er von seiner schriftstellerischen Arbeit.


Werk


1946 begann Piontek seine schriftstellerische Laufbahn mit einem Beitrag für Die Neue Zeitung; ihm folgten schon bald Gedichte und Erzählungen. Auch als Literaturkritiker (z. B. für die Zeitschrift "Welt und Wort") und Essayist machte Piontek sich einen Namen. Seine Lyrik wurde bereits 1956 umfassend von Hans Egon Holthusen gewürdigt, nach Erscheinen der beiden ersten Gedichtbände.

Die schon früh erfolgte Etikettierung „Naturlyriker“ (in der Loerke- und Lehmann-Nachfolge) ist in dieser Ausschließlichkeit unzutreffend, denn neben naturmagischen Versen stehen Elegien und Romanzen, von Anfang an aber auch sich jedem plakativen Engagement verweigernde „Zeitgedichte“, meist in der Form des narrative poems, z. B. die aufgrund der Vertreibungs-Thematik sehr bekannt gewordenen Die Verstreuten, Der Untergang der Scharnhorst (beide in Wassermarken 1957) und Um 1800, ein modernes Gedicht über die Zeit der deutschen Klassik (in Klartext 1966). Auch religiöse Motive wurden von Piontek bereits früh verarbeitet; sie fanden dann in Zyklen über altjüdische Propheten (Helldunkel 1987) einen Höhepunkt. In seinem lyrischen Spätwerk verdient vor allem das zyklische Gedicht Oderabwärts besondere Beachtung, das den Lauf des Flusses von der Quelle bis zur Mündung „erzählt“ (in Neue Umlaufbahn 1999).

Im Laufe der Jahre raute Pionteks Lyrik auf, der Reim trat zurück und eine zunehmende Lakonik bestimmte seine oft meditativen Verse. Das ausdrückliche Bekenntnis zur Schönheit, z. B. in dem Gedicht Sprachtabus (1981) (...Ja, ich sage, / dass wir das Schöne nicht fürchten müssen: // den Honig, den Apfel, den Schwan-//...), löste bei der Kritik Unverständnis, sogar Häme aus. Schönheit meint bei Piontek aber nicht ästhetische Verbrämung von Realität, sondern, im Sinne der von ihm übertragenen Ode on a Grecian Urn von John Keats, die dem Kunstwerk eigene Wahrheit. Richard Exner hat bereits 1981 in einem ausführlichen Essay "zur deutschen Lyrik von 1945 bis 1975" den Lyriker Heinz Piontek und das Unverkennbare seiner Verse charakterisiert: „Er ist kein modischer Dichter. Er ist ein Dichter der Moderne, im Rang mit Eich und Celan, dem freilich von Grund auf Andersgearteten, gleichzusetzen. Seine Poetik lässt sich mit den drei im Titel seines letzten Essaybandes 1978 aufgerufenen menschlichen Gegebenheiten und Intensionen summieren, mit Träumen, Wachen und Widerstehen, auf welche sich mühelos und überzeugend die ebenso grundlegende Resultate reimen: Offenheit, Klarheit und schließlich Sicherheit, jene pascalsche Certitude“ (S. 197).

Der Erzähler Piontek konzentrierte sich anfangs auf die Short Story, die er in einem Essay als „Graphik in Prosa“ bezeichnete. Piontek zeigte sich dabei in vielen Erzähltechniken versiert: narrative Verdichtung von Realitätssegmenten und stimmungshafte Vergegenwärtigung von Situationen; spannend erzählte Handlungen und innere Monologe; stets aber eine große Genauigkeit im Beschreiben von Sichtbar- und Fühlbarkeiten. Später erst fand Piontek dann zu größeren erzählenden Formen. Der Ehe-, Generationen- und Großstadtroman Die mittleren Jahre – der erste von drei Münchner Romanen – fand besondere Beachtung auf Grund seiner Vergegenwärtigung der Geschwister Scholl, Alexander Schmorells und Professor Kurt Hubers.

Im zunehmend politisierten Literaturbetrieb der 1960er und 1970er Jahre geriet Piontek mehr und mehr in die Kritik. Sie fand ihren Höhepunkt bei der Verleihung des Georg-Büchner-Preises an einen, wie der häufig wiederholte Einwand hieß, Vertreter „reiner Poesie“, mangelnden gesellschaftlichen Engagements und von Eskapismus, wobei nicht genügend geprüft wurde, ob diese Etikettierungen überhaupt zu Recht bestanden. Zum „Außenseiter“ gestempelt, zog sich Piontek mehr und mehr aus dem Literaturbetrieb zurück, den er bereits in seinem zweiten Münchner Roman Dichterleben (1976) aufs Korn genommen hatte.

Gedichte und Erzählungen von Heinz Piontek wurden in über 24 Sprachen übertragen und ausgewählte Proben seines Schaffens stehen seit den fünfziger Jahren in zahlreichen Anthologien und Lesebüchern des In- und Auslandes. Von Bedeutung ist auch die Herausgebertätigkeit Pionteks. Neben einer Reihe von Prosa- und Lyrikanthologien edierte er von 1969 bis 1979 das literarische Jahrbuch Ensemble und gab von 1980 bis 1986 die von ihm gegründete Reihe Münchner Edition heraus.

Als Oberschlesier widmete Heinz Piontek der Polnischen Literatur, wie z. B. sein Essay über die Lyrik Zbigniew Herberts zeigt, große Aufmerksamkeit. Andererseits wurde Pionteks schriftstellerisches Werk auch in Polen beachtet, so z. B. zuletzt 2020 mit dem in Breslau erschienenen „Przed oczami, Própy starania“ (deutsch „Vor Augen“), das von Studentinnen des Germanistischen Instituts der Universität Breslau unter der Redaktion von Eva Jarosz-Sienkiewicz und Rafał Biskup übersetzt wurde.

Der umfangreiche literarische Nachlass Pionteks wird in der Abteilung Handschriften und Alte Drucke der Bayerischen Staatsbibliothek verwahrt.[1] Das Heinz Piontek Museum in Lauingen an der Donau beherbergt Dokumente, Briefe und Fotos zu Herkunft und Biografie, Erstausgaben und Handexemplare seines Werkes, Heinz Pionteks Spezialsammlung zeitgenössischer Lyrik von 1945–2000, Zeichnungen und Aquarelle, Tondokumente sowie Pressestimmen und Rezensionen zum Werk des Schriftstellers.[2] Das Lauinger Piontek-Archiv (LPA) mit Briefsammlungen und zahlreichen Fotodokumenten sowie einer Spezialsammlung von Widmungs- und Handexemplaren aus dem Besitz des Dichters ist Leihgeber.[3]

Heinz Piontek war Mitglied


Auszeichnungen


1985 wurde ihm das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse und 1992 der Bayerische Verdienstorden verliehen.


Straßen und Gedenktafeln


Am 16. September 2008 wurde in Kluczbork am Geburtshaus des Schriftstellers, Byczyńskastraße 13, eine Gedenktafel enthüllt. Die Stadt Lauingen ehrte ihn am 25. Juli 2019 mit der Heinz-Piontek-Straße im Baugebiet „Lauingen West“ (Siehe: Jahrbuch des Historischen Vereins Dillingen a. d. Donau 119./120. Jahrgang 2018/2019, S. 315–318)


Werke


Werkausgaben:


Erstausgaben


Ausgewählte Gedichte



Herausgeberschaft


Briefe

Postlose Wochenenden gab es selten bei uns“. Heinz Pionteks Briefe an die Familie und Margrit Dürring. Herausgegeben vom Heinz Piontek-Archiv, Lauingen. Wolff, Berlin 2020. ISBN 978-3-943708-26-4.


Übersetzungen


Das Übersetzen, besonders von Gedichten, begleitet von Anfang an das lyrische Schaffen Pionteks.[5] Die Schwerpunkte liegen dabei auf der englischen Romantik und frühen Moderne, auf John Keats, Gerard Manley Hopkins, William Butler Yeats, Wystan Hugh Auden, aber unter anderem auch auf Gedichten von Giuseppe Ungaretti, Rafael Alberti oder dem Serben Miodrag Pavlović. Eine Nachdichtung von Wallace Stevens' Thirteen Ways of Looking at a Blackbird findet sich in seinem letzten Lyrikband Neue Umlaufbahn. Kommentierende poetologische Reflexionen[6] begleiten dabei sein Bemühen um „Richtigkeit, Genauigkeit, Schönheit“. Ein Zeugnis für die „prinzipielle Nichtabschließbarkeit von Gedichtübertragungen“ sind nach eigenem Bekunden im Nachwort seine seit 1960 vielfach aufgelegten und immer wieder verbesserten Übertragungen der Gedichte von John Keats. Als Buchveröffentlichung liegen vor:


Ausstellungskataloge



Literatur





Einzelnachweise


  1. Zum Umfang des Nachlasses siehe: Martin Hollender: Abseits aller Moden. Der Münchner Dichter Heinz Piontek und sein Nachlass in der Bayerischen Staatsbibliothek. In: Bibliotheksmagazin. Mitteilungen aus den Staatsbibliotheken Berlin und München. Nr. 3, 2010, S. 45–47.
  2. Flyer zur Eröffnung des Heinz Piontek Museums am 15. November 2013, Dillingen 2013.
  3. Anton Hirner, Klaus Hille: Heinz Piontek: Leben und Werk. Lauingen – Dillingen 1947–1961. Eine Dokumentation. Mit Beiträgen von Erich Pawlu und Hartwig Wiedow. Historischer Verein Dillingen, 2009, ISSN 0073-2699, S. 10–11.
  4. Die obigen drei Gedichte sind aus: Hans Bender (Hrsg.): Widerspiel. Deutsche Lyrik seit 1945. Carl Hanser Verlag, München 1962, DNB 450351858.
  5. Gedichte aus fremden Sprachen. In: Piontek: Früh im September. 1982, S. 339–433.
  6. zum Beispiel Hopkins in neuen Übertragungen. In: Piontek: Das Handwerk des Lesens. 1979, S. 125–136.
Personendaten
NAME Piontek, Heinz
KURZBESCHREIBUNG deutscher Schriftsteller
GEBURTSDATUM 15. November 1925
GEBURTSORT Kreuzburg, Provinz Oberschlesien, Preußen, Weimarer Republik
STERBEDATUM 26. Oktober 2003
STERBEORT Rotthalmünster bei Passau, Bayern, Bundesrepublik Deutschland

На других языках


- [de] Heinz Piontek

[en] Heinz Piontek

Heinz Piontek (15 November 1925 – 26 October 2003) was a German writer. He was born in Upper Silesia. In 1976, he was awarded the Georg Büchner Prize by the Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung for his literary oeuvre with the words "einem Lyriker, der Farbe, Melos und Kontur zu vereinen weiß; einem Essayisten, der sich dem dichten und zugleich schwingenden Satz hingibt; einem Erzähler, der Zeit, Umwelt und Schicksal hereinzieht, ohne sich ihnen anders als in persönlich gefärbter Sprache und Gestalt zu unterwerfen". [To a lyricist who knows how to join colour, melody and contour; an essayist who is devoted to dense and likewise light sentences; a narrator who employs time, environment and fate without submitting to them other than by a personally tuned language and shape.[1]



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