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Iwan Alexejewitsch Bunin (russisch Иван Алексеевич Бунин, wiss. Transliteration Ivan Alekseevič Bunin; * 10. Oktoberjul. / 22. Oktober 1870greg. in Woronesch; † 8. November 1953 in Paris) war ein russischer Schriftsteller, Lyriker und Übersetzer. Bunin führte die Tradition der russischen Literatur des 19. Jahrhunderts fort. Bekannt wurde er vor allem durch seine realistische Prosa, deren Hauptthema das Leben im ländlichen und provinziellen Russland vor der Oktoberrevolution ist. Im Jahre 1933 erhielt Bunin als erster Russe den Nobelpreis für Literatur.

Iwan Alexejewitsch Bunin (ohne Jahr, ohne Fotograf)
Iwan Alexejewitsch Bunin (ohne Jahr, ohne Fotograf)
Iwan Alexejewitsch Bunin (ohne Jahr, ohne Fotograf)

Leben


Bunin stammte aus der adligen Familie eines verarmten Offiziers und verbrachte seine frühe Kindheit auf Butyrki, dem letzten verbliebenen Gehöft der Familie im Gouvernement Orjol. Ab 1881 konnte er vier Jahre lang das Gymnasium in Jelez besuchen, wurde danach aber weiter privat von seinem älteren Bruder unterrichtet, der ihm unter anderem die klassische Literatur, aber auch Naturwissenschaften und Mathematik nahebrachte. 1887 erschien ein erstes Gedicht Bunins in der Petersburger Zeitschrift Rodina; er folgte allerdings 1889 zunächst seinem Bruder nach Charkow, wo dieser angestellt war. Er verdiente seinen Lebensunterhalt unter anderem als Bibliothekar und Redakteur der Charkower Zeitschrift Orlowski Westnik (Bote von Orjol). Diese druckte 1891 auch erste Erzählungen von ihm ab. Nachdem er im gleichen Jahr seine Kollegin Warwara Paschtschenko geheiratet hatte, zog das Paar 1892 nach Poltawa, wo Bunin als Verwaltungsangestellter des Gouvernements arbeitete. Sein erster Gedichtband Stichotworenija 1887–1891 (Gedichte 1887–1891) erschien 1891 und gilt als noch recht unreif und ohne eigene Sprache.

Bunin selbst sah den Beginn seiner ernsthaften schriftstellerischen Arbeit 1893 in der Erzählung Tanka, die in der Zeitschrift Russkoje Bogatstwo (Russischer Reichtum) veröffentlicht wurde. Einen weiteren Wendepunkt bildete 1895 die Trennung von seiner Frau, nach der er seine Tätigkeit in Poltawa aufgab und nach Moskau übersiedelte. Schnell in die dortigen Künstlerkreise aufgenommen, machte Bunin Bekanntschaft mit Tolstoi, Tschechow und jüngeren Schriftstellern wie Fjodor Sologub, Konstantin Balmont und Waleri Brjussow. Eine weitere Ehe (1896–1900) mit Anna Zakni endete ebenfalls mit einer Trennung, der gemeinsame Sohn Kolja starb 1905.

Reisen durch die Ukraine führten Bunin seit 1895 unter anderem auf die Krim und nach Odessa; aus dieser Zeit stammt seine Korrespondenz mit Tschechow. Seit 1899 unterhielt er außerdem Briefkontakt zu Maxim Gorki. Die 1900 erschienene Erzählung Antonowskije Jabloki (Die Antonower Äpfel) markiert den Beginn des schriftstellerischen Erfolgs Bunins: Sie beschreibt in poetischer Weise das Landleben im alten Russland und wurde später in allen russischen Lesebüchern abgedruckt. 1901 erschien der Gedichtband Listopad, und 1902 bis 1909 gab der Verlag Snanije eine fünfbändige Werkausgabe des Dichters heraus.

Bereits 1896 hatte Bunin, der die englische Sprache im Selbststudium erlernt hatte, The Song of Hiawatha, ein Versepos des amerikanischen Dichters Henry Wadsworth Longfellow, und weitere englische Lyrik übersetzt, so den englischen Dichter Lord Byron und Lord Alfred Tennyson. Für seine Gedichte in Listopad und die Übersetzungen erhielt er 1903 den Puschkin-Preis der russischen Akademie; 1909 wurde er erneut mit der Prämie ausgezeichnet und außerdem als Ehrenmitglied in die Akademie aufgenommen.[1]

Den etablierten Dichter und Autor führten vor dem Ersten Weltkrieg weite Reisen in den Nahen Osten, nach Ägypten und Nordafrika, nach Palästina, bis nach Indien und Ceylon, die seinen Arbeiten neue Impulse gaben. Auf Capri verbrachte er die Winter der Jahre 1912 bis 1914 gemeinsam mit Maxim Gorki. Seine dritte Ehe ging er 1906 mit Vera Muromzewa (1881–1961) ein; sie verfasste nach seinem Tod mehrere vielbeachtete Biografien über ihn.

Sowjetische Briefmarke (1990)
Sowjetische Briefmarke (1990)

Bunins reifere Erzählungen wandten sich thematisch dem „historischen Schicksal Russlands“ und dem Niedergang des russischen Dorfes zu, so etwa in der 1910 erschienenen Erzählung Derewnja (Dorf) oder dem Sammelband Suchodol von 1912. In der Revolution von 1905 und dem Beginn des Ersten Weltkriegs sah Bunin deutliche Vorzeichen für den Untergang Russlands.

Nach der Oktoberrevolution verließ der antibolschewistisch[2] eingestellte Bunin 1918 Moskau und zog sich zunächst nach Odessa zurück, bevor er Russland Ende Januar 1920 mit einem der letzten Schiffe Richtung Frankreich[2] verließ und sich in Grasse ansiedelte.[3] Als einer der letzten Dichter der „Klassikergeneration“ um Tolstoi und Tschechow fand er in der Emigration Bewunderung und Anerkennung; seine Arbeiten aus dieser Zeit sind von entschiedener Ablehnung der Oktoberrevolution und der Sowjetunion geprägt. Darüber zerbrach die Freundschaft mit Gorki.[3]

1933 erhielt Bunin als erster russischsprachiger Autor den Nobelpreis für Literatur.[2] Die preisvergebende Schwedische Akademie würdigte die Ehrung mit den folgenden Worten: for the strict artistry with which he has carried on the classical Russian traditions in prose writing (deutsch: „für die absolute Kunstfertigkeit, mit welcher er die klassischen russischen Traditionen in der Prosadichtung weiterführte“).[4] Er wird in den Listen der Schwedischen Akademie und der Nobelstiftung als staatenlos geführt.[5][4] Die Nobelstiftung weist auf ihrer Internetpräsenz keine Nationalität der Literaturnobelpreisträger aus, macht jedoch bei Bunin eine Ausnahme.[4]

In den Jahren 1945 und 1946 erwog er eine Rückkehr in die Sowjetunion, zu der ihn Elsa Triolet und Konstantin Simonow zu überreden suchten, doch blieb er letztlich im Pariser Exil.[6]

Nach seinem Tode wurde Bunin 1956 in der Sowjetunion rehabilitiert, und ein Großteil seiner Werke durfte dort wieder erscheinen. Allerdings wurden erotische Passagen von der Zensurbehörde Glawlit gestrichen. Erst nach dem Zerfall der Sowjetunion 1991 konnten in Russland seine Werke über die Machtergreifung der Bolschewiken 1917 und den russischen Bürgerkrieg erscheinen, darunter sein Tagebuch „Verfluchte Tage“ (Окаянные дни).[7]


Rezeption


Nach Iwan Bunin wurde ein Wolgakreuzfahrtschiff benannt.

Wolgakreuzfahrtschiff „Iwan Bunin“
Wolgakreuzfahrtschiff „Iwan Bunin“

Auch ein Preis wurde nach Iwan Bunin benannt.

Iwan Bunin steht im Mittelpunkt des ersten Teil der Memoiren (Das Gras des Vergessens) von Walentin Katajew.[8] Bunin tritt auch im Roman Kokoschkins Reise von Hans Joachim Schädlich auf.[9]


Werke


Bunins Grab (Russischer Friedhof von Sainte-Geneviève-des-Bois)
Bunins Grab (Russischer Friedhof von Sainte-Geneviève-des-Bois)

Eine deutschsprachige Werkausgabe erscheint im Zürcher Dörlemann Verlag.


Literatur




Commons: Ivan Bunin – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise


  1. Ehrenmitglieder der Russischen Akademie der Wissenschaften seit 1724: Бунин, Иван Алексеевич. Russische Akademie der Wissenschaften, abgerufen am 7. Februar 2021 (russisch).
  2. Adrian Wanner: Miniaturwelten – Russische Prosagedichte von Turgenjew bis Charms; Kapitel: Kurzbiographien und Anmerkungen (zweisprachige Anthologie). Pano Verlag, Zürich 2004, ISBN 3-907576-73-X, S. 205 f.
  3. Peter von Matt: Wir schlafen sämtlich auf Vulkanen. Iwan Bunin kennt alle Register des russischen Erzählens. Seine Geschichten von 1913 führen in ein letztes glückliches Jahr, ehe Bunins Welt kurz darauf in Krieg und Revolution untergehen wird. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 3. November 2016, S. 12.
  4. Würdigung auf der offiziellen Homepage des Nobelpreises
  5. Preisträgerliste auf der Internetpräsenz der Schwedischen Akademie (Memento vom 8. November 2011 im Internet Archive)
  6. Arkadij Vaksberg/Rene Gerra: Semʹ dnej v marte. Besedy ob emigracii. Sankt Petersburg 2010, S. 178, 292.
  7. I. A. Bunin: Publicistika 1918–1953. Ed. Oleg Michailov. Nasledie, Moskau 1998, S. 6–13.
  8. 1917: Linker Marsch Der Freitag, 30.2017.
  9. Hans Joachim Schädlich - Kokoschkins Reise. Roman perlentaucher.de, abgerufen am 1. November 2022.
Personendaten
NAME Bunin, Iwan Alexejewitsch
ALTERNATIVNAMEN Бунин, Иван Алексеевич (russisch)
KURZBESCHREIBUNG russischer Schriftsteller und Lyriker
GEBURTSDATUM 22. Oktober 1870
GEBURTSORT Woronesch
STERBEDATUM 8. November 1953
STERBEORT Paris

На других языках


- [de] Iwan Alexejewitsch Bunin

[en] Ivan Bunin

Ivan Alekseyevich Bunin (/ˈbuːniːn/[2] or /ˈbuːnɪn/; Russian: Ива́н Алексе́евич Бу́нин, IPA: [ɪˈvan ɐlʲɪˈksʲejɪvʲɪtɕ ˈbunʲɪn] (listen); 22 October [O.S. 10 October] 1870 – 8 November 1953) was the first Russian writer awarded the Nobel Prize for Literature. He was noted for the strict artistry with which he carried on the classical Russian traditions in the writing of prose and poetry. The texture of his poems and stories, sometimes referred to as "Bunin brocade", is considered to be one of the richest in the language.

[es] Iván Bunin

Iván Alekséyevich Bunin (en ruso: Иван Алексеевич Бунин, Vorónezh, 10 de octubrejul./ 22 de octubre de 1870greg.-París, 8 de noviembre de 1953) fue el primer escritor ruso ganador del premio Nobel de Literatura en 1933.

[fr] Ivan Bounine

Ivan Bounine (en russe : Иван Алексеевич Бунин, Ivan Alekseïevitch Bounine, .mw-parser-output .prononciation>a{background:url("//upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/8/8a/Loudspeaker.svg/11px-Loudspeaker.svg.png")center left no-repeat;padding-left:15px;font-size:smaller}Écouter), né le 10 octobre 1870 (22 octobre dans le calendrier grégorien) à Voronej (Empire russe) et mort le 8 novembre 1953 à Paris (16e arrondissement)[1], est un écrivain russe, auteur de poèmes, de nouvelles et de romans, lauréat du prix Nobel de littérature en 1933. Il est considéré comme l'un des plus grands prosateurs russes du XXe siècle[2],[3].

[ru] Бунин, Иван Алексеевич

Ива́н Алексе́евич Бу́нин (10 (22) октября 1870 года, Воронеж, Воронежская губерния, Российская империя — 8 ноября 1953, Париж, Франция) — русский писатель, поэт и переводчик, лауреат Нобелевской премии по литературе 1933 года.



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