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Jaroslav Seifert (* 23. September 1901 in Prag; † 10. Januar 1986 ebenda) war ein tschechischer Dichter, Schriftsteller, Journalist und Übersetzer.

Jaroslav Seifert 1981 Foto: Hana Hamplová
Jaroslav Seifert 1981
Foto: Hana Hamplová
Unterschrift
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In den frühen Jahren war er ein bedeutender Vertreter der tschechischen Proletarischen Poesie, um später zu einem der wichtigsten Dichter des Poetismus zu werden. Er zählte zu den Gründungsmitgliedern der Künstlergruppe Devětsil (Neunkräfte), einer einflussreichen Gruppierung innerhalb der tschechoslowakischen Avantgardebewegung. 1984 erhielt Seifert als bislang einziger Tscheche den Literaturnobelpreis. Nach ihm ist der Jaroslav-Seifert-Preis benannt.


Leben


Jaroslav Seifert mit Tochter Jana, 1931.
Jaroslav Seifert mit Tochter Jana, 1931.

Jaroslav Seifert wurde im Prager Stadtteil Žižkov in eine Arbeiterfamilie hinein geboren. Als Jugendlicher besuchte er ein Gymnasium, verließ die Schule aber noch vor dem Abitur, um als Journalist zu arbeiten. Im Verlauf der 1920er Jahre trat er der Kommunistischen Partei der Tschechoslowakei bei und arbeitete für die kommunistische und avantgardistische Presse der Zeit (Rudé právo, Rovnost, Reflektor). Zugleich war er in dem auf Kunst und Design spezialisierten Verlag Družstevní práce beschäftigt. Nachdem er schon als Student viel Zeit damit verbracht hatte, in Prager Kneipen gegen ein Bier Gedichte zu schreiben, erschien im Jahre 1921 seine erste Gedichtsammlung. Als Gründungsmitglied der Künstlergruppe Devětsil wurde er zusammen mit Karel Teige zu ihrem Sprecher und redigierte 1922 den Almanach Devětsil. Gleichzeitig übersetzte er französischsprachige Poesie ins Tschechische. Gegen Ende der 1920er Jahre zählte er bereits zu den wichtigsten Vertretern der Tschechoslowakischen Kunstavantgarde.

1929 unterschrieb Seifert zusammen mit sechs weiteren kommunistischen Schriftstellern das Manifest der Sieben gegen den neuen Führungsstil in der kommunistischen Partei unter Klement Gottwald und wurde daraufhin aus der Partei ausgeschlossen. In Folge trat er der Tschechoslowakischen Sozialdemokratischen Partei der Arbeiter bei. Von diesem Jahr an arbeitete er als Redakteur der Theater Revue Nová scéna, der Zeitschrift Panoráma und für die sozialdemokratische Presse. Während der Zeit der deutschen Okkupation der Tschechoslowakei wirkte Seifert in der Redaktion der Tageszeitung Národní práce und nach 1945 dann als Redakteur der Tageszeitung Práce. Von 1946 bis 1948 redigierte er die monatlich erscheinende Kulturzeitschrift Kytice.

Unter dem Druck der Kommunistischen Machtübernahme gab Seifert 1949 seine journalistische Laufbahn auf und widmete sich fortan ausschließlich der Literatur. Gleichzeitig engagierte er sich jedoch weiterhin öffentlich. So rief er das kommunistische Regime zur Freilassung gefangener Schriftsteller auf. In diesem Sinne äußerte er sich auch auf dem Schriftstellerkongress im Jahre 1956. Damit blieb er in den 1950er Jahren ein unbequemer, aber geduldeter Kritiker des Regimes.

Im Verlauf des Prager Frühlings unterstützte Seifert die Reformbemühungen der kommunistischen Führung und verurteilte scharf die Invasion der Warschauer-Pakt-Staaten im August 1968. Im selben Jahr wurde er Vorsitzender des Tschechoslowakischen Schriftstellerverbandes und blieb dies bis zu dessen Auflösung 1970. Dem gleichgeschalteten Nachfolgeverband verweigerte er seine Mitgliedschaft.

In den 1970er Jahren wurde Seiferts literarische Tätigkeit behindert. Es durften lediglich Reeditionen seiner älteren Werke publiziert werden, nicht jedoch seine neuen Arbeiten. Die Einschränkungen nahmen zu, nachdem Seifert als einer der Ersten die Charta 77 unterzeichnete. Er zog sich gezwungenermaßen zurück und publizierte seine Poesie fortan regelmäßig im Samisdat. Als mit Beginn der achtziger Jahre seine Werke wieder offiziell erscheinen durften, griff die Zensur stellenweise in den Text ein und begrenzte auch die Auflagen.

Relief Seiferts auf seinem Grabstein, signiert Dalibor Plichta 86
Relief Seiferts auf seinem Grabstein, signiert Dalibor Plichta 86

1984 erhielt Jaroslav Seifert den Literaturnobelpreis „für seine Dichtung, die mit frischer Sinnlichkeit und reicher Erfindungsgabe ein befreiendes Bild menschlicher Unbeugsamkeit und Vielfalt gibt“. Auf Grund seiner schlechten gesundheitlichen Verfassung musste seine Tochter Jana die Auszeichnung entgegennehmen. Für dieses bedeutende Ereignis hatten die staatlich kontrollierten Medien nur eine kurze Erwähnung übrig.

Anfang des Jahres 1986 starb Jaroslav Seifert in Prag. Das staatliche Begräbnis drohte zu einer antikommunistischen Manifestation anzuwachsen. Der Abschied fand in einer Kirche des Prager Stadtteils Břevnov unter der strengen Überwachung des Innenministeriums statt. Seiferts letzte Ruhestätte liegt in Kralupy nad Vltavou, einem unweit von Prag gelegenen Ort, aus dem seine Großeltern mütterlicherseits stammen. Im Juli 1995 wurde der Asteroid (4369) Seifert nach ihm benannt.[1] Seit September 2010 befindet sich an dem Haus, an dem Jaroslav Seifert von 1938 an lebte, in Prag Břevnov in der Straße U Ladronky, eine ihm gewidmete Gedenktafel.


Sonstiges


Anlässlich seines 110. Geburtstages am 23. September 2011 wurde Seifert von der Suchmaschine Google mit einem Doodle geehrt.[2]


Werke



Proletarische Poesie (Auswahl)



Die Zeit des Poetismus (Auswahl)



Die Kriegsjahre (Auswahl)


Diese Periode ist von den Ereignissen des Jahres 1938, also des Münchner Abkommens, der Mobilisierung und der Besetzung und Zerschlagung der Tschechoslowakei geprägt.


Nachkriegszeit (Auswahl)


Nach 1945 berührt Seiferts Werk eine immer breitere Skala von Bereichen, was zu seiner Unpopularität bei den damaligen Machthabern führte und in einem Publikationsverbot mündete.


1970er und 1980er Jahre (Auswahl)


Publikationen im samisdat – Erinnerungen, Lebensbilanz, Gedichte an Freunde, Liebschaften, Prag.


Private, unverkäufliche Ausgaben



Gesamtwerk


Seit 2001 erscheint schrittweise eine kritische Ausgabe von Jaroslav Seiferts Gesamtwerk in tschechischer Sprache. Die in angedachten 17 Bänden unterteilte Publikation erscheint unter der Aufsicht des Literaturkritikers Jiří Brabec.


Deutsche Ausgaben (Auswahl)




Commons: Jaroslav Seifert – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise


  1. Minor Planet Circ. 25443
  2. 110. Geburtstag von Jaroslav Seifert. Abgerufen am 22. Oktober 2020.
Personendaten
NAME Seifert, Jaroslav
KURZBESCHREIBUNG tschechischer Schriftsteller
GEBURTSDATUM 23. September 1901
GEBURTSORT Prag
STERBEDATUM 10. Januar 1986
STERBEORT Prag

На других языках


- [de] Jaroslav Seifert

[en] Jaroslav Seifert

Jaroslav Seifert (Czech: [ˈjaroslaf ˈsajfr̩t] (listen); 23 September 1901 – 10 January 1986) was a Czech writer, poet and journalist. In 1984 Seifert won the Nobel Prize in Literature "for his poetry which endowed with freshness, sensuality and rich inventiveness provides a liberating image of the indomitable spirit and versatility of man".[1]

[es] Jaroslav Seifert

Jaroslav Seifert (Praga, 23 de septiembre de 1901-Praga, 10 de enero de 1986) fue un poeta y periodista checo. Recibió el Premio Nobel de Literatura en 1984.[1]

[fr] Jaroslav Seifert

Jaroslav Seifert (23 septembre 1901 - 10 janvier 1986) est un écrivain, poète et journaliste tchécoslovaque, lauréat du prix Nobel de littérature.

[ru] Сейферт, Ярослав

Ярослав Сейферт[7] (чеш. Jaroslav Seifert прос. (инф.), 23 сентября 1901, Прага — 10 января 1986, там же) — чешский писатель и журналист. Лауреат Нобелевской премии по литературе 1984 года «За поэзию, которая отличается свежестью, чувственностью и богатым воображением и свидетельствует о независимости духа и разносторонности человека».



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