Schlesisch (Eigenbezeichnung: Schläsisch oder Schläs’sch, zusammengestaucht auch Schlä’sch, Schläsch[1]; unüblich auch deutschschlesische Dialekte[2]) ist eine Dialektgruppe des Ostmitteldeutschen, die in Schlesien und angrenzenden Gebieten Nordböhmens und Nordmährens gesprochen wurde. Nach der Westverschiebung Polens und der Vertreibung der meisten deutschsprachigen Bewohner Schlesiens, Nordböhmens und Nordmährens wird er heute nur noch von einer Minderheit in Oberschlesien sowie vereinzelt in Niederschlesien, der Oberlausitz und der Diaspora gesprochen.
Schlesische Mundarten wurden bis 1945 von rund sieben Millionen Menschen gesprochen. Die ehemalige preußische Provinz Schlesien bildete hierbei das Zentrum einer größeren Sprachlandschaft.[3]
Das Schlesische lässt sich in folgende Gruppen und Mundarten aufteilen:[3]
Die Dialekte in Schlesien werden unter anderem in Barbara Suchners Schlesischem Wörterbuch, Walther MitzkasSchlesischem Wörterbuch und in Günter Bellmanns Schlesischem Sprachatlas dokumentiert.
Die neiderländischen Mundarten waren im Norden Niederschlesiens um Grünberg, Glogau und Fraustadt verbreitet. Gebirgsschlesische Mundarten wurden, mit Ausnahme des Lausitzer Gebirges und des Glatzer Landes, in den gesamten Sudeten sowie in deren nördlichem Vorland gesprochen – dazu zählt auch noch das auf der böhmischen Seite des Gebirges um Trautenau gesprochene Riesengebirgische sowie Gebiete in Nordmähren bzw. Mährisch-Schlesien. Die Kräutermundart ist der Übergang zwischen Gebirgsschlesischem und Neiderländischem und war im Breslauer Raum verbreitet, in Breslau selbst wurde ein ähnlicher Stadtdialekt gesprochen. Glätzisch war im Wesentlichen auf das Gebiet der alten Grafschaft Glatz beschränkt und vom gebirgsschlesischen Raum umschlossen, aber durch die markanten Gebirgszüge auch abgetrennt. Zwischen Breslau und Oppeln erstreckt sich das Verbreitungsgebiet der Mundart des Brieg-Grottkauer Landes. Östlich davon wurde, im Wesentlichen in städtischen Sprachinseln wie Gleiwitz, Beuthen O.S., Königshütte, Guttentag, Pless, Bielitz und Kattowitz mehrheitlich Oberschlesisch gesprochen.
Der niederschlesische Sprachraum lag nach dem Zweiten Weltkrieg komplett im Vertreibungsgebiet. In dem bei Deutschland verbliebenen Rest der preußischen Provinz Schlesien westlich der Lausitzer Neiße (Görlitz und Umgebung) wird zwar unverändert Deutsch gesprochen. Da dieses Gebiet (Teile der Oberlausitz) erst ab 1815 zur preußischen Provinz Schlesien gehörte und kein Teil des historischen Schlesiens war, wurden bzw. werden dort Lausitzer Dialekte gesprochen. Das Schlesische und das Lausitzische bildete, ähnlich dem Thüringisch-Obersächsischen, eine gemeinsame Dialektgruppe innerhalb des Ostmitteldeutschen. Im äußersten Süden der Lausitz um Zittau wird Oberlausitzisch gesprochen, das Ähnlichkeiten mit dem Gebirgsschlesischen aufweist. Die Mundarten in der Sprachinsel Schönhengstgau an der böhmisch-mährischen Grenze, die nur durch einen schmalen tschechischsprachigen Streifen vom zusammenhängenden deutschen Sprachgebiet getrennt waren, sind mit dem Gebirgsschlesischen ebenfalls verwandt, wurden aber vor allem durch das Bairische beeinflusst und gelten folglich bereits als oberdeutsche Dialekte. Ferner ging aus dem Schlesischen auch das Hochpreußische in Ostpreußen hervor.
In Oberschlesien sprachen vor 1945 etwa zwei Drittel der Bevölkerung das Oberschlesische, die Mundart des Brieg-Grottkauer Landes sowie das Gebirgsschlesische. Da die deutsche Sprache in der kommunistischen Zeit verboten war und die Benutzung in der Öffentlichkeit auch bestraft wurde, konnte der Dialekt oft nicht mündlich an weitere Generationen weitergegeben werden.[5] Da dort ein Teil der einheimischen Bevölkerung nicht vertrieben wurde, gebrauchen laut der polnischen Volkszählung von 2002 noch etwa 200.000 Personen das Schlesische.
In der Lexik des Schlesischen dominiert das mitteldeutsche Sprachsubstrat, wobei Ähnlichkeiten mit südwestdeutschen Dialektausdrücken auffallen (Gusche – Gosch). Eine weitere Quelle sind Entlehnungen aus dem Westslawischen bzw. Polnischen.
Deutsche Dramatiker, die den schlesischen Dialekt in ihren Stücken verwendeten, waren Andreas Gryphius und Gerhart Hauptmann.
Typische schlesische Wörter
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Auch praktisch alle Flur- und Ortsbezeichnungen, die man auf offiziellen Karten findet, haben ein abweichendes Pendant in schlesischer Mundart. Hierbei kommen vor allem Lautverschiebungen zum Einsatz; verschiedene Begriffe weichen jedoch so stark ab, dass sie für einen Ortsfremden nahezu völlig unverständlich sind.
Verschiedene Heimatvereine, so vor allem Gesangs- und Theatervereine, widmen sich seit Jahrzehnten der Pflege der schlesischen Sprache und der überlieferten Volkskunst. Als Beispiele: Glatzer Gebirgsverein oder Arbeitskreis „Archiv für schlesische Mundart“.[6][7]
In letzter Zeit wurden auch wieder verstärkt Bücher in der Mundart verfasst, welche besonders Gedichte, Sprüche und Anekdoten aus der Region beinhalten. Als Beispiele: (Gotthard Wendrich – Noch a bissel schläsisch, Senfkorn Verlag, 2005 oder Jingla, Jingla, Kreiz Mei Backe! – 1. Auflage 2009, Verlag Jeschkowski).
Mundartliteratur
Seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert wurde auf beiden Seiten der deutsch-böhmischen Grenze der Dialekt besonders gepflegt und Gedichte, Sprüche und selbst Dramen in diesem verfasst. Andreas Gryphius war der erste Schlesische-Mundart-Autor (Die geliebte Dornrose (1660), ein Bauernstück in schlesischer Mundart).
Bekannte schlesische Mundartautoren
→ Hauptartikel: schlesische Dialektliteratur
Andreas Gryphius (1616–1664) aus Glogau
Franz Schönig auch „der kleene Schönig oder Schienich“ (1760–1828) aus Mittelwalde
Karl Heinrich Tschampel (1799–1849) aus Dombrowka bei Carlsruhe
Max Heinzel (1833–1898) aus Ossig (Kreis Neumarkt)
Robert Rößler (1838–1883) aus Großburg
Josef Lowag (1849–1911) aus Einsiedel bei Würbenthal, Österreichisch-Schlesien
Ludwig Sittenfeld (1852–1910) aus Liegnitz
Max Waldenburg, eigentlich Max Peschmann (1852–1911) aus Waldenburg
Hermann Bauch (1856–1924) aus Heidersdorf
Emil Barber (1857–1917; Vertreter der Ostlausitzer Mundart) aus Thiemendorf bei Görlitz
Marie Klerlein (1857–1934) aus Falkenberg
Viktor Heeger (1858–1935) aus Zuckmantel, Österreichisch-Schlesien[8]
Johannes Reinelt (1858–1906), bekannt als „Philo vom Walde“ aus Kreuzendorf
August Lichter (1860–1925) aus Naselwitz (Kreis Nimptsch)
Robert Sabel (1860–1911) aus Lindenau, Oberschlesien
Paul Petras (1860–1941) aus Grünberg
Moritz Jursitzky (1861–1936) aus Engelsberg
Hugo Kretschmer (1861–1915) aus Breslau
Franz Hoffmann-Aulen (1861–?) aus Leuthen (Kreis Neumarkt)
Gerhart Hauptmann (1862–1946) aus Ober Salzbrunn
Hermann Hoppe (1865–1921) aus Hirschberg
Marie Oberdieck (1867–1954) aus Breslau
Karl Klings (1867–1940) aus Geseß bei Patschkau
Fritz Bertram (1871–1961) aus Lauban
Paul Keller (1873–1932) aus Arnsdorf
Robert Karger (1874–1946) aus Hohndorf bei Habelschwerdt
Bertha Brückner (1877–1954) aus Silberberg
Joseph Wittig (1879–1949) aus Neusorge bei Schlegel Glätzisch
Margarete Schiller (1887–1968)
Friedrich Peter Hankowiak (1890–1954) aus Nieder-Struse
Will-Erich Peuckert (1895–1969) aus Töppendorf
Ernst Schenke (1896–1982) aus Nimptsch
Gerhard Wilhelm (1899–?)
Johannes Renner (1901–?) aus Frauenhain (Kreis Ohlau)
Kurt Junge (1910–1996) aus Görlitz
Gotthard Wendrich (1922–2006) aus Braunau bei Löwenberg
Literatur
Günter Bellmann: Schlesischer Sprachatlas (= Deutscher Sprachatlas. Regionale Sprachatlanten. Nr. 4). Herausgegeben von Ludwig Erich Schmitt. 2 Bände (Band 1: Laut- und Formenatlas. Band 2: Wortatlas.). Elwert, Marburg 1965–1967.
Wolfgang Jungandreas: Zur Geschichte der schlesischen Mundart im Mittelalter. Untersuchungen zur Sprache und Siedlung in Ostmitteldeutschland (= Deutschkundliche Arbeiten: B. Schlesische Reihe. Band 3). Breslau 1937 (Habilitation Universität zu Breslau, 1933); Neudruck, besorgt von Wolfgang Kleiber, Mainz 1987.
Gundolf Keil, Josef Joachim Menzel (Hrsg.): Anfänge und Entwicklung der deutschen Sprache im mittelalterlichen Schlesien. Verhandlungen des VIII. Symposions vom 2. bis 4. November in Würzburg 1989 (= Schlesische Forschungen. Veröffentlichungen des Gerhard-Möbus-Instituts für Schlesienforschung an der Universität Würzburg. Band 6). Sigmaringen 1995.
Walther Mitzka: Schlesisches Wörterbuch. 3 Bände. De Gruyter, Berlin 1963–1965.
Will-Erich Peuckert: Schlesisch (= Was nicht im Wörterbuch steht. Band 7). Piper, München 1937.
Barbara Suchner: Schlesisches Wörterbuch. Husum Druck- und Verlagsgesellschaft, Husum 1996, ISBN 3-88042-766-6.
Klaus Ullmann: Schlesien-Lexikon (= Deutsche Landschaften im Lexikon. Band 2). 3. Auflage 1982. Adam Kraft, Mannheim, ISBN 3-8083-1161-4.
Karl Weinhold: Ueber deutsche Dialectforschung. Die Laut- und Wortbildung und die Formen der schlesischen Mundart. Mit Rücksicht auf verwantes in deutschen Dialecten. Ein Versuch. Verlag von Carl Gerold und Sohn, Wien 1853 (Digitalisat).
Karl Weinhold: Beiträge zu einem schlesischen Wörterbuche. Anhang zum XIV. Bande der Sitzungsberichte der philosophisch-historischen Classe der kais. Akademie der Wissenschaften. Wien 1855.
Peter Wiesinger: Phonetisch-phonologische Untersuchungen zur Vokalentwicklung in den deutschen Dialekten. Band 1 und 2 (= Studia Linguistica Germanica. Band 2). Walter de Gruyter, Berlin 1970.
Is Schläsisch ihs mer oageboarn. Gedichte und Geschichten in schlesischer Mundart von Hans Rößler. 1958
Norbert Morciniec: Studia philologica: Ausgewählte Schriften zur Germanistik und Niederlandistik, Oficyna Wydawnicza ATUT, Wrocławskie Wydawnictwo Oświatowe, 2002, S.181.
Klaus Ullmann: Schlesien-Lexikon, 2. Band der Reihe Deutsche Landschaften im Lexikon, 3. Auflage 1982, Adam Kraft Verlag GmbH & Co. KG Mannheim, S. 260–262.
Franz-Josef Sehr:Professor aus Polen seit Jahrzehnten jährlich in Beselich. In: Jahrbuch für den Kreis Limburg-Weilburg 2020. Der Kreisausschuss des Landkreises Limburg-Weilburg, Limburg-Weilburg 2019, ISBN 3-927006-57-2, S.223–228.
Izabela Taraszczuk: Der Arbeitskreis „Archiv für schlesische Mundart“ feierte sein 20-jähriges Jubiläum. [In:] „Schlesische Bergwacht“, hrsg. von Christiane Giuliani. Nr. 6 vom 5. Juni 2002, S. 245 (Bericht über die Frühjahrstagung vom 12. bis 14. April 2002 in Wangen).
Viktor Heeger in der Ostdeutschen Biographie, gesehen am 20. Januar 2019
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